
Bahn-Chef, hat Rüdiger Grube mittlerweile feststellen müssen, ist ein bisschen wie Bundestrainer sein. Alle haben eine Meinung, alle wissen alles besser, und ganz recht ist es nie. Schlecht also für Grube, dass der diesjährige Winter wieder einmal Bestätigung für all jene ist, die von der Bahn ohnehin nichts halten. Und eine Einladung an die Politik, Forderungen an das bundeseigene Unternehmen zu richten.
Die massenhaften Zugausfälle, Winter-Pannen und Schienen-Probleme treffen den Konzern nun den zweiten Winter in Folge. Grube weiß, dass er all das nicht mehr lange auf Fehler in der Vergangenheit schieben kann. Heute begab er sich in die Höhle des Löwen und stellte sich im Berliner Abgeordnetenhaus den wütenden Landespolitikern – die S-Bahn in der Hauptstadt hatte in den vergangenen Wochen ein besonders trübes Bild abgegeben. Wegen mangelhaften Zügen, vereisten Weichen und intensiverer Wartung stand in Berlin zeitweilig nur ein gutes Drittel aller Wagen zur Verfügung. Einige Tage mussten ganze Vororte aus dem S-Bahn-Service ausgekoppelt werden.
Grube entschuldigte sich vor den Parlamentariern, warb um Verständnis, erklärte. Gleichzeitig machte der den Hersteller der S-Bahn-Züge, Bombardier, für die Schäden und nötige Wartungsarbeiten verantwortlich.
Nach dem Auftritt im Abgeordnetenhaus eilte der Bahn-Chef nur wenige hundert Meter weiter in den Bundesrat. Dort wollten die Verkehrsminister der Länder von Grube hören, wie er in Zukunft eine bessere Bahn möglich machen will. "Wir wollen, dass möglichst viel in das Bahnsystem investiert wird, weil wir dort einen großen Investitionsstau haben", hatte der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Brandenburgs Minister Jörg Vogelsänger (SPD), noch vor Beginn gefordert.
Grube will Cash
Im Klartext: Einige Bundesländer würden gern die seit dem Sparpaket beschlossene 500-Millionen-Euro-Dividende gen Bundeshaushalt wieder kippen – und das Geld in die Bahn stecken. Doch dazu konnten sich die Minister dann doch nicht durchringen. Der rheinland-pfälzische Minister Hendrik Hering (SPD) bedauerte nach dem Treffen, dass es keine Mehrheit für die ausdrückliche Forderung nach einem Verzicht auf die Dividende an den Bund gab.
Hart gab sich auch der Finanzminister. "Die stehen nicht zur Disposition", sagte ein Sprecher von Wolfgang Schäuble (CDU). Die Ausschüttung von 500 Millionen Euro pro Jahr bis 2014 sei in der Finanzplanung verankert. Voraussetzung sei ein entsprechend positives Betriebsergebnis. Abrücken von der Zahlung will auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nicht. Allerdings wirbt er dafür, die Mittel für Infrastruktur auszugeben. Dann würde das Geld nur einen Umweg nehmen.
Die Nachrichtenagentur Reuters meldete unterdessen aus Bahn-Kreisen, das Betriebsergebnis des Konzerns werde 2010 bei gut 1,7 Milliarden Euro liegen und auch nach Abzug von Steuern und Zinszahlungen bei rund einer Milliarde Euro. Geld also ist da für Rüdiger Grube. Zur Dividendenfrage gab er im Berliner Abgeordnetenhaus heute nur folgendes zu Protokoll: "Cash in der Täsch’ is the name of the game." Ich würde das Geld lieber behalten, sollte das wohl heißen.