Deutsche Bahn Wie viel Bahn können wir uns leisten?

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Güterverkehr Quelle: DB AG/Jazbec

Die Alternative wären Bypass-Strecken für den Güterverkehr. Nach Berechnungen von KCW würde ein solches Projekt nur zwei Milliarden Euro kosten, wäre schon 2016, neun Jahre schneller als die Y-Trasse, fertig und brächte eine Verdopplung der Zahl der Züge.

Aufaddiert hätten laut KCW viele kleine Maßnahmen große Wirkung. Die Modernisierung aller relevanten Strecken für den Güterverkehr innerhalb von elf Jahren schlüge etwa mit dem gleichen Betrag zu Buche, den die Schnelltrassen Nürnberg–Erfurt–Leipzig sowie Wendlingen–Ulm zusammen mit Stuttgart 21 in diesem Zeitraum benötigen. Der Unterschied: „Während die beiden Großvorhaben mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen einzigen zusätzlichen Güterzug auf die Schiene ziehen“, seien die angelegten elf Milliarden Euro für den Güterverkehr „in der Lage, auf eine Verdopplung der Verkehrsleistung hinzuarbeiten“.

Schritt 2: Langsamer ist schneller

Bahn-Chef Rüdiger Grube sagt klar, was er im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hartmut Mehdorn will: „Ich mache keinen Hehl daraus: Wir brauchen keineswegs überall Geschwindigkeiten von 300 Kilometer pro Stunde wie zwischen Köln und Frankfurt“.

Damit kratzt Grube am Glauben vieler Eisenbahnfans, sie würden früher ankommen, je höher die Spitzengeschwindigkeit ist. In der Praxis ist dies ein Bluff. So schafft der ICE trotz Tempo 300 in der Spitze die 181 Kilometer zwischen Frankfurt und Köln in etwa einer Stunde. Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 180. Zum Vergleich: Der französische TGV braucht bei vergleichbarem Höchsttempo für 251 Kilometer zwischen Marseille und Valence nur 57 Minuten.

Schuld daran haben nicht nur Stopps im rheinland-pfälzischen Montabaur und hessischen Limburg, die einst die Ministerpräsidenten beider Länder erzwungen haben. Hauptursache für den Zeitverlust sind Langsamfahrstellen in Köln und Frankfurt. „Der Ausbau solcher Knoten wurde massivst vernachlässigt“, sagt Experte Henke. So kann der ICE etwa in den Frankfurter Kopfbahnhof nur mit Tempo 30 einfahren, mitunter wird er von der S-Bahn überholt.

Vor diesem Hintergrund gilt die acht Milliarden Euro teure Neubaustrecke Nürnberg–Erfurt–Halle/Leipzig, eines der letzten Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, unter Experten als eine der teuersten Fehlinvestitionen. Deutsche Bahn und Bund bauen dort den Durchstich nördlich von Ebensfeld mit dem Laser durch den Thüringer Wald. Berlin und München sollen auf drei Stunden und 45 Minuten zusammenrücken.

„Zig Mal wichtiger wäre der Ausbau des Abschnitts von Ebensfeld bis Nürnberg“, sagt Michael Holzhey, Experte von KCW. Dort gebe es schon heute Engpässe, etwa in Bamberg, Fürth und Nürnberg. „Da wohnen halt Menschen“, sagt Holzhey – im Gegensatz zum dünnbesiedelten Thüringer Wald. Doch dieser Abschnitt werde auf Jahre hin nicht angefasst. Geplante Fertigstellung: 2038.

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