Deutsche Bank Anshu Jain, der Zahlenmensch

Anshu Jain, Mitglied im Quelle: dapd

Anshu Jain galt als technisch und sachlich. Obwohl seine Sparte den Großteil zum Konzerngewinn beitrug, gab es Vorbehalte gegen den 48-jährigen gebürtigen Inder als Ackermann-Nachfolger. Ein Portrait von 2011.

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Dieser Artikel entstammt dem WirtschaftsWoche-Archiv. Er erschien im Juli 2011. Aus Anlass des Todes Anshu Jains zeigen wir ihn erneut.

Es gibt ein Foto, auf dem Jain in der großzügigen Londoner Lobby der Deutschen Bank vor einer offenen, silbrig glänzenden Kugel steht, einer übermannshohen Plastik des britisch-indischen Bildhauers Anish Kapoor. Er blickt in die Linse des Fotografen, ernst und entschlossen sieht er aus, zwei graumelierte Strähnen, fallen ihm in die Stirn. „Turning the World Up-side Down III“ heißt das Werk von 1996 – wer in die konkave Öffnung des 2,50 Meter hohen Edelstahlballs blickt, sieht dort sein eigenes Spiegelbild auf dem Kopf stehen.

Lange Zeit muss es dem Chef des Investmentbanking so vorgekommen sein, als stünde die Welt bei der Deutschen Bank auf dem Kopf. Denn obwohl Jains Sparte seit Jahren rund drei Viertel zum Konzerngewinn beiträgt, gab es bei der Frage der Ackermann-Nachfolge Vorbehalte gegen den 48-jährigen gebürtigen Inder. Dabei gilt er bei den angelsächsischen Investoren schon seit Jahren als Favorit. „Anshu macht einen fantastischen Job. Er wäre ein sehr guter Vorstandsvorsitzender für die Deutsche Bank oder jede andere Top-Institution im Finanzbereich“, lobte ihn etwa Larry Fink, Chef des Vermögensverwalters Blackrock, mit fünf Prozent größter Aktionär der Deutschen Bank. 

Jain hat sein Ziel erreicht

Seine Gegner stichelten dagegen, er spreche kein Deutsch, sei nicht genug in Deutschland vernetzt und ungeeignet für die politische Landschaftspflege. Außerdem sei er ein Vertreter jenes riskanten Kasinobankings, das die Finanzkrise verursacht hätte. Und auch in Fußballmannschaften werde nicht immer derjenige Kapitän, der die meisten Tore schieße.

Sein Ziel, an der Spitze einer renommierten Großbank zu stehen, hat der Zahlenmensch Jain nun erreicht. In der Öffentlichkeit hat Jain immer geschwiegen, aber dass er den Job als Krönung seiner Karriere haben wollte, bezweifeln Insider nicht.

Bedenken aus dem Umfeld des Mentors

2006, als Ackermann über den Mannesmann-Prozess zu stolpern drohte, lotete Jain in Deutschland beim Besuch diverser hochrangiger Industriegrößen seine Chancen aus. Auch mit deutschen Spitzenpolitikern wie Finanzminister Wolfgang Schäuble hat er sich bereits mehrfach getroffen. Allerdings sind diese Kontakte nicht besonders intensiv, der Platz in Berlin war schließlich vor allem für Ackermann reserviert.

Jain muss es schmerzen, dass ausgerechnet aus dem Umfeld Ackermanns Bedenken kamen. Denn: „Anshu hatte zwei wichtige Mentoren – Mitchell und Ackermann“, wissen Eingeweihte. Tatsächlich hatte der Schweizer Jain und seine Investmentbanker jahrelang vor Angriffen aus Deutschland in Schutz genommen und Jains Karriere gefördert. 2002 wurde er Mitglied des operativen Führungsgremiums Group Executive Committee, 2009 Vorstandsmitglied, 2010 alleiniger Chef der Investmentbank.

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