
Herr de Weck, die Deutsche Bank hat einen Rahmenvertrag zur Übernahme der Privatbank Sal. Oppenheim geschlossen. Wie wollen Sie deren Kunden halten, obwohl sie sich bisher bewusst nicht für die Deutsche Bank entschieden hatten?
Wir werden bedächtig vorgehen, sie permanent informieren und so ihr Vertrauen gewinnen. Wenn die Übernahme wie geplant Anfang 2010 abgeschlossen ist, setzen wir dauerhaft auf eine klare Zwei-Marken-Strategie. Der Name Sal. Oppenheim wird erhalten bleiben. Für die Kunden wird sich durch die Übernahme kurzfristig nichts ändern. Sie werden die gewohnten Dienstleistungen mit dem gewohnten Service weiter bekommen. Mittelfristig können sie zusätzlich die Vorteile unserer weltweiten Präsenz nutzen, etwa, indem sie von unserer Beobachtung der wichtigen Märkte profitieren.
Der deutsche Markt für Vermögensverwaltung wächst nur unterdurchschnittlich. Ist ein Zukauf wirklich sinnvoll?
Der Vermögenszuwachs am gesamten deutschen Markt geschieht in der Tat relativ langsam, der Bestand ist dafür aber auch sehr hoch. Attraktiv ist Deutschland vor allem wegen der hohen Zahl von Familienunternehmen. Wir rechnen damit, dass in den kommenden Jahren viele verkauft oder an die Börse gebracht werden, weil es keinen Nachfolger gibt. Das liquide Vermögen wird deshalb wachsen. Durch Skaleneffekte bei der Abwicklung verbessern wir unsere Kostenstruktur. So stellen wir die Deutsche Bank auf eine sehr solide Basis.
In der Finanzkrise haben viele vermögende Privatkunden Geld verloren und sind in sichere Produkte wie Tagesgeld geflohen. Kehrt nun die Lust am Risiko zurück?
Der Einbruch der Vermögen war zumindest in Deutschland geringer als in früheren Krisen, weil die Kunden ihr Geld stärker über verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffe oder Gold verteilt hatten. Es gab sicher eine Phase der extremen Risikoscheu, und Anleger sind auch heute noch vorsichtig. Die Rendite vieler sicherer Anlagen liegt derzeit aber nahe null, womit die Kunden nicht zufrieden sind. Nach der Stabilisierung des Bankensystems haben sich schnell Chancen ergeben, etwa bei Unternehmensanleihen, Aktien und Rohstoffen.
Wie groß ist die Gefahr eines Rückschlags, weil Märkte wieder überbewertet sind?
Aktien dürften heute fair bewertet sein. Die starke Erholung der vergangenen Monate hat vor allem die Übertreibung nach unten auf dem Höhepunkt der Krise wettgemacht. Weitere Kursgewinne sind von der Erholung der Gesamtwirtschaft abhängig. Auch bei Anleihen sind wir inzwischen eher vorsichtig. Den Boom bei Rohstoffen hat vor allem die Nachfrage aus Asien beflügelt. Die kommenden Monate werden zeigen, wie nachhaltig dieser ist.
Wo sehen Sie derzeit Chancen?
Investitionen in Schwellenländer mit positiven volkswirtschaftlichen Gesamtdaten wie China oder Brasilien sind für uns eine klare Empfehlung. Bei Hedgefonds hat sich in der Krise die Spreu vom Weizen getrennt. Die verbliebenen Unternehmen haben bisher sehr gute Ergebnisse geliefert.
In der Krise hat das Vertrauen in die Beratung der Banken gelitten. Wie haben sich die Anforderungen verändert?
Unser Geschäft ist viel anspruchsvoller geworden. Wir müssen schneller auf Marktveränderungen reagieren und Vermögenswerte über die Konjunkturzyklen dynamischer anlegen. Deshalb tagt etwa unser Gremium, das die wichtigsten Anlageempfehlungen gibt, nun einmal im Monat statt früher vierteljährlich.
Kunden fordern mehr Transparenz und Unabhängigkeit. Wie reagieren Sie darauf?
Die Anforderungen an Transparenz sind bereits sehr hoch. Wir bieten in der Vermögensverwaltung unabhängig von der Krise vermehrt eine erfolgsabhängige Vergütung an. Die Grundgebühr ist niedriger, die Vergütung steigt aber, wenn die Ergebnisse besser sind als ein vereinbarter Maßstab. Auch Honorarberatung wollen wir vermehrt einsetzen. Rein transaktionsorientiertes Geschäft, das sich über Gebühren beim Kauf von Produkten finanziert, kann für eine Bank lukrativ sein, ist für Kunden aber nicht immer die optimale Lösung und erschwert ein diszipliniertes Risikomanagement.
Bei Großbanken steht die Vermögensverwaltung in dem Ruf, vor allem ein Absatzkanal für riskante Produkte der hauseigenen Investmentbank zu sein.
Die Vorwürfe sind schlicht falsch. Wir bieten nur Produkte an, die eine unabhängige Instanz innerhalb der Bank geprüft und für den Verkauf an Privatkunden empfohlen hat. Der Anteil von Eigenprodukten in deren Portfolios liegt bei uns derzeit unter 25 Prozent.