Deutsche Post Global Player der Briefkonzerne

Seite 3/4

Dingé nahe Rennes in der Bretagne, ein Montag im Januar, elf Uhr morgens. Idyllisch liegt das Postamt der 1600-Einwohner-Gemeinde im Zentrum des Dorfes, in einem hübschen kleinen Natursteinhaus. Der Postbeamte hat an diesem Tag zwei Briefmarken verkauft - normal für einen Montag. Einmal im Monat kommt eine ältere Dame, um ihre Rente abzuholen. Wenn der Beamte mal krank ist, bleibt sein Amt geschlossen - was kaum einer merkt, weil sowieso nie viel los ist.La Poste ächzt unter Filialen wie in Dingé. 17 000 Geschäftsstellen unterhält der Konzern für 65 Millionen Einwohner — 20 Prozent mehr als die Deutsche Post, die jedoch für gut 80 Millionen Menschen zuständig ist. Das Filialnetz kostet La Poste jährlich rund eine Milliarde Euro. Die Beschäftigten in 43 Prozent der Postämter arbeiten effektiv weniger als eine Stunde, 34 Prozent sogar weniger als eine halbe Stunde pro Tag. Um Kosten zu sparen, lesen die Briefträger auch mal Stromzähler ab oder beliefern ihre Kunden mit Medikamenten.

Politisch tabu

Trotzdem ist eine Verkleinerung des Netzes politisch tabu. La Poste will 6445 Filialen sogar zu "Kontaktpunkten" ausbauen, etwa als Café oder Tante-Emma-Laden, damit sie auch in Zukunft ihre traditionelle Rolle als soziale Treffpunkte erfüllen. Zwar bestünde ein optimiertes Netz aus 3000 Filialen. Doch per Gesetz ist die Post verpflichtet, in jedem der 82 Departements einen Kontaktpunkt zu unterhalten, der für 90 Prozent der Bevölkerung weniger als fünf Kilometer vom Wohnort entfernt liegt. Die Verschuldung des Konzerns liegt bei über zwei Milliarden Euro.Alle Hoffnungen von La Poste ruhen deshalb auf der 2006 abgespaltenen konzerneigenen Postbank, die sich zu einer Universalbank wandelt. Neben dem steuerbefreiten Volkssparbuch "Livret A", das einen staatlich festgelegten Zinssatz von derzeit zwei Prozent garantiert, bietet das Institut inzwischen auch Verbraucherkredite sowie Lebens- und bald auch Schadensversicherungen an. Bei Immobilienkrediten kommt die Postbank inzwischen auf einen Marktanteil von acht Prozent.Trotzdem ist der Zustand des Geldhauses erbärmlich. Der französische Rechnungshof stellte dem Geldinstitut im Vergleich zur privaten Konkurrenz unlängst ein miserables Zeugnis aus: Zu hohe Kosten, zu geringe Produktivität — die Erwartungen hätten sich nicht erfüllt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%