
Heiko Harbers war alles andere als ein Bummelstudent. Während die Kommilitonen an heißen Sommertagen sich im Aachener Freibad Hangeweier kühlten oder nächtens durch die Kneipenmeile in der Pontstraße zogen, besuchte der Student aus Ostfriesland brav Vorlesungen an der Technischen Hochschule Aachen über „Grundgebiete der Elektrotechnik“. Oder er wälzte auf seiner Bude dicke Schinken über die Feinheiten der Datenspeichertechnik.
Natürlich absolvierte so einer auch einmal wie vorgeschrieben ein Praktikum – als 23-Jähriger, in einer Bude, die unter anderem Koppler und Modems herstellte und nur wenige Jahre zuvor von Kommilitonen gegründet worden war.
Inzwischen ist der 48-Jährige Chef des Ladens, in dem er einst sein Praktikum machte. Das Studium der Elektronik hat Harbers abgebrochen. Sein Unternehmen, das heute Devolo heißt, baut Geräte, die eine Internet-, Audio- oder Videoverbindung über das Stromnetz in einer Wohnung oder einem Haus herstellen. 65 Prozent Marktanteil in Europa und 80 Prozent in Deutschland hat Harbers in diesem Geschäft. In den vergangenen drei Jahren legte der Umsatz Jahr für Jahr durchschnittlich um fast 50 Prozent zu. Für 2008 rechnet Harbers mit einem Umsatz von 62 Millionen Euro.
Datenübertragung über die Steckdose
Die Produktidee ist einfach. Statt den Internet-Anschluss im Keller per Kabel oder Funk mit dem Computer zwei Stockwerke höher im Arbeitszimmer zu verbinden, dient das vorhandene Stromnetz als Übertragungsweg. Powerline heißt diese Technik. Sie arbeitet mit faustgroßen Adaptern. Die Montage dauert nur fünf Minuten. Die kleine Box wird in eine Steckdose und das herkömmliche Datenkabel des PCs oder des Laptops in eine dafür vorgesehene Buchse gesteckt, das Gleiche geschieht an der Telefonanlage. Dann muss nur noch die mitgelieferte Software installiert werden. Kostenpunkt für ein Steckerpaar: rund 80 Euro für normal schnelle Internet-Anwendungen von 14 Megabit; videotaugliche Geräte sind etwa doppelt so teuer.
Habers ist durch und durch Tüftler. Die Lebensdauer einer Waschmaschine verlängert der begeisterte Heimwerker „mindestens dreimal“ durch Reparaturen. Der Geist des technikverliebten Gründers, der eine Marktnische konsequent besetzt, ist in der alten Färberei am Rande von Aachen, in der Devolo residiert, deutlich zu spüren. Schon als Kind wollte der gebürtige Ostfriese Unternehmer und Erfinder werden. Damals bastelte er immer wieder an selbst erdachten Maschinen herum, schnitzte im Alter von zehn Jahren ein eigens entworfenes Unternehmenslogo in einen Baum.
Vor einigen Wochen wollte es der Hobbyflieger ganz genau wissen und hat sich im Flieger in Richtung alte Heimat aufgemacht, um nachzusehen, was von seiner Schnitzerei übrig geblieben ist. „Das Logo war noch zu erkennen“, sagt Harbers.
Bevor er seinen Kindheitstraum wahrmachen konnte, musste Harbers allerdings durch das Fegefeuer der New Economy. Elsa – so hieß der Vorgänger von Devolo, jene Garagenfirma, bei der er 1983 als Praktikant begonnen hatte – war in den Neunzigerjahren ein vielversprechender Hersteller von Hard- und Software für Datenübertragung sowie Grafikkarten.