2000. Filiale eröffnet Aldi erobert die USA – ohne große Worte

Das Schild eines Aldi-Markts in Florida. Jüngst eröffnete der deutsche Discounter seine 2000. Filiale in den USA. Quelle: imago images

Kein Auslandsgeschäft ist wichtiger, nirgends investiert Aldi mehr als in den USA. Schon 2021 dürfte der US-Markt zum wichtigsten Umsatztreiber des Discountriesen werden – die Coronakrise könnte den Trend verstärken.

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Zur Eröffnung gab es keine salbungsvollen Reden, keinen Besuch wichtiger Konzernmanager, kein großes Tamtam – Aldi hat in den USA die Marke von 2000 Filialen geknackt und feiert das Ereignis ganz Aldi-like: ohne große Worte. Dabei zeigt der Expansionsschritt, welche Bedeutung das US-Geschäft für den Discounter inzwischen hat. Marktforscher gehen davon aus, dass Aldi bereits im kommenden Jahr in den USA erstmals sogar mehr Umsatz erzielen dürfte als in Deutschland. Kein Auslandsgeschäft ist wichtiger, nirgends sonst investiert Aldi mehr und hat damit bereits US-Rivalen wie Walmart, Kroger und Target aufgeschreckt. Dabei begann die US-Expansion eher zaghaft.

Aldi-Süd-Patron Karl Albrecht hatte im Frühsommer 1976 eine kleine amerikanische Handelskette namens Benner Tea übernommen, die rund zwei Dutzend Filialen im Mittleren Westen betrieb. Wenig später kaufte Karls Bruder Theo Albrecht, damals Chef von Aldi-Nord, den US-Filialisten Trader Joe‘s und baute ihn zu einer Feinkostkette aus. Die USA sind damit der einzige Auslandsmarkt, in dem sowohl Aldi Nord als auch Aldi Süd antreten. Beide Unternehmen hatten es mit der Expansion zunächst nicht eilig. Erst gut 30 Jahre nach dem Start machten sie sich daran, den weltweit größten Einzelhandelsmarkt systematisch aufzurollen. Inzwischen shoppen rund Millionen Kunden jeden Monat in den 2000 Aldi-Stores zwischen New York und Kalifornien, hinzu kommen hunderte Trader-Joe’s-Filialen.

Doch von einer Supermarktdichte wie in Deutschland sind viele US-Regionen weit entfernt. Entsprechend hoch ist das Preisniveau auf dem weltgrößten Lebensmittelmarkt, wo in diesem Jahr mehr als 800 Milliarden Dollar umgesetzt werden dürften. Das liegt vor allem an der dominierenden Position von Walmart. Zwar versuchen auch Konkurrenten wie Kroger, Target und Costco mit Riesengeschäften zu punkten. Zudem mischen im Brot-und-Butter-Business viele regionale Anbieter mit, wie Hy-Vee im Mittleren Westen oder Ingles Markets im Südosten. Vielerorts fehlt es dem Koloss Walmart allerdings an Konkurrenz.

Das ist eine Chance, die sich das Aldi-Management offenbar nicht entgehen lassen will. Setzt der Discounter die eigenen Investitionspläne um, dürfte er bis Ende 2022 zum drittgrößten Food-Händler des Landes gemessen an der Filialzahl aufsteigen. Rund 2500 Aldi-Märkte soll es dann in den USA geben. Und das dürfte nicht das Ende der Expansion sein. Denn längst haben sich viele amerikanische Kunden mit dem einst als „zu karg“ empfundenen Sortiment des Discounters arrangiert. Aldi führt lediglich rund 1400 Artikel – 40.000 sind es im traditionellen Supermarkt, mehr als 100.000 in einem Supercenter von Walmart.

Die Verkaufsfläche ist im Schnitt nur 1100 Quadratmeter groß, ein Bruchteil eines Supercenters. Die niedrigen Kosten ermöglichen gute Qualität zu Kampfpreisen, was Aldi gerade im Zuge der Coronafolgen noch mehr Kunden anziehen dürfte, die sparen wollen oder müssen. Schon in der Vergangenheit konnte der Discounter Wirtschaftskrisen nutzen, um seine Position auszubauen.
Auch Lidl hat das Potenzial des Marktes erkannt. Der Aldi-Wettbewerber ist im Sommer 2017 in den USA gestartet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat die Expansion inzwischen Fahrt aufgenommen. Im Juni hat der Discounter in Suwanee (Atlanta) seine 100. Filiale eröffnet.

Bis der US-Markt für Lidl eine ähnliche Bedeutung wie für Aldi hat, dürfte es indes noch dauern. So könnte Aldis US-Geschäft könnte bereits im kommenden Jahr die Umsätze im Heimatmarkt übertreffen, zeigte schon im Februar eine Prognose des Marktforschers Edge by Ascential. Demnach dürften Aldi Nord und Süd in diesem Jahr Bruttoumsätze von zusammen rund 31,1 Milliarden Euro in Deutschland und umgerechnet 30,1 Milliarden Euro in den USA erzielen. 2021 dürfte dann der „Zeitpunkt erreicht“ sein, ab dem das US-Geschäft vorne liegt, sagte Boris Planer, Chefökonom von Edge by Ascential.

Die Bruttoerlöse von Aldi würden seinen Daten zufolge bis dahin auf 31,5 Milliarden Euro in Deutschland und 32,4 Milliarden Euro in den USA steigen. Bis 2024 sollen die US-Erlöse demnach sogar auf 38,4 Milliarden Euro klettern. Der Abstand zum deutschen Markt dürfte dann mehr als 5 Milliarden Euro betragen – und die USA zunehmend zu einer Art zweiten Heimat für den Handelskonzern werden.

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