49-Euro-Ticket Für Flixbusse geht es um die Existenz

Das Münchener Unternehmen Flix will, dass das 49-Euro-Ticket auch für seine Flixbusse gilt. Quelle: imago images

Das Bus- und Bahnunternehmen Flix hat offenbar zum ersten Mal die Gewinnzone erreicht. Doch in Deutschland ist das Geschäftsmodell bedroht: Das 49-Euro-Ticket könnte vielen Flixbus-Linien den Garaus machen.

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Flix hat dieser Tage Grund zu feiern: Das Bus- und Zugunternehmen wird nicht nur zehn Jahre alt, sondern hat nach eigenen Angaben auch erstmals seit seiner Gründung einen Gewinn erwirtschaftet – jedenfalls vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Flix bezifferte den Überschuss zwar nicht. Auch der veröffentlichte Umsatz zeigt zum Ende der Pandemie aber deutlich nach oben: Die Erlöse stiegen im Jahr 2022 um 185 Prozent auf mehr als 1,5 Milliarden Euro. „2022 war unser bisher erfolgreichstes Jahr“, sagte Firmenchef und Mitgründer André Schwämmlein kürzlich bei der erst dritten Pressekonferenz der Firmengeschichte. 

An den Erfolg will das Unternehmen in diesem Jahr anknüpfen. 2023 wolle Flix mit seinen Marken Flixbus, Flixtrain und Greyhound den Umsatz um mindestens 20 Prozent steigern, sagt Schwämmlein. „Wir werden unsere Marktposition in den etablierten Märkten weiter stärken und gleichzeitig unser Angebot in neuen Ländern ausbauen“, erklärte der 41-Jährige. Nachdem der Konzern bereits in Südamerika Fuß gefasst hat, soll die Expansion etwa durch den Markteintritt in Chile vorangetrieben werden. „Wir sehen, dass sich alle unsere Märkte sehr gut von der Pandemie erholt haben“, fügte der Unternehmer hinzu. Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nutzten im vergangenen Jahr mehr als 60 Millionen Reisende die Angebote des Konzerns und seiner Partner. 

Praktisch ein Monopol

Auf seinem Heimatmarkt Deutschland aber muss das Unternehmen um seine Bedeutung fürchten – denn Stand heute sind die grünen Fernbusse des Unternehmens in dem ab Mai bundesweit erhältlichen 49-Euro-Ticket nicht inbegriffen. Bleibe das so, müsse Flix einen Teil seines deutschen Bus-Netzwerks ausdünnen, warnte Schwämmlein. Vor allem Strecken zwischen 50 und 300 Kilometern wären nach seinen Worten betroffen.

Einfach, aber teurer: Was kann das geplante Nahverkehrsticket?

Solche vergleichsweise kurzen Strecken etwa zwischen größeren Städten eines Bundeslandes sind ein essenzieller Teil des Geschäftsmodells von Flixbus – und das Hauptargument, mit dem das Unternehmen die Integration von Fernbussen in das 49-Euro-Ticket fordert: „Wir wollen nicht nur ein Stück vom Kuchen, wir bringen auch Kuchen mit“, sagte der Firmenchef und verwies auf die eigene Marktmacht. Mit 95 Prozent Marktanteil hat das Unternehmen auf dem deutschen Fernbusmarkt praktisch eine Monopolstellung. Seit der Gründung von Flixbus hat der Konzern zahlreiche Wettbewerber wie Mein-Fernbus, Postbus und das europäische Geschäft von Megabus übernommen.

Mit der Forderung, am 49-Euro-Ticket teilzuhaben, strebt Flix nach eigener Darstellung kein Zusatzgeschäft an. Fernbusse würden das Ticket allenfalls noch attraktiver machen und brächten klimapolitischen Mehrwert, erklärte das Unternehmen. Die Gespräche mit der Politik in Bund und Ländern würden bereits laufen. Es gehe dem Start-up vor allem darum, den Kunden ein noch attraktiveres Angebot zu machen und eine Wettbewerbsverzerrung zu verhindern. Eine Aufnahme von Fernbussen in das künftige Angebot schaffe einen „Mehrwert für Millionen“ zu vergleichsweise geringen Kosten. 

Schon das 9-Euro-Ticket brachte Flix Verluste

Tatsächlich allerdings hat Flix ein gehöriges Eigeninteresse daran, am 49-Euro-Ticket beteiligt zu werden. Das zeigt die Zeit, in der das deutschlandweite Nahverkehrsticket für neun Euro erhältlich war: Damals erlitt Flix erhebliche Verluste. „Wir haben auf bestimmten Strecken deutlich an Fahrgästen verloren, die Zahlen sind dort um ein Drittel bis um die Hälfte zurückgegangen“, sagte Schwämmlein im Oktober dem „Spiegel“. Als Beispiele nannte er die Strecken Berlin-Leipzig, München-Nürnberg und Hamburg-Hannover. Reisende stiegen im betroffenen Zeitraum von Juli bis August des vergangenen Jahres auf Regionalzüge um.

Auf Anfrage der WirtschaftsWoche bestätigte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, dass die Einbindung von Fernbussen in das Deutschlandticket noch diskutiert werde. Erklärtes Hauptziel des Deutschlandtickets ist es allerdings, die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs zu steigern. Es ist nicht als Angebot für den Fernverkehr konzipiert.

Konkurrent fordert Zuschuss für Fahrgemeinschaften

Ob auch andere Fernbusunternehmen in Deutschland eine Beteiligung am 49-Euro-Ticket anstreben, ist momentan nicht bekannt. Zwei der drei größten Rivalen von Flixbus auf dem deutschen Fernbusmarkt, Pinkbus und Roadjet, äußerten sich auf Anfrage der WirtschaftsWoche nicht dazu. 

Der Konkurrent BlaBlaCar Bus, die Fernbusmarke der französischen Carsharing-Plattform BlaBlaCar, äußerte sich hingegen ganz anders als Flix: Busse und Bahnen seien zwar großartige Transportmöglichkeiten, erfüllten jedoch nicht alle Bedürfnisse von Menschen in sehr abgelegenen Regionen. Mit der Begründung fordert das Unternehmen nicht die Subventionierung von Fernbussen, sondern Zuschüsse für Fahrgemeinschaften. Diese würden neben anderen öffentlichen Verkehrsmitteln einen erheblichen Anteil zur Energieeinsparung und grüner Mobilität leisten.

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