A320neo bei der Lufthansa So fliegt es sich im neuen Spar-Airbus

Weniger Lärm, weniger Wackeln, weniger Kosten  - und weniger Platz: Wie Passagiere an Bord des neuen Airbus A320neo der Lufthansa reisen.

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Mit dem Airbus A320neo will Lufthansa auf einen neuen Sparkurs. Quelle: Presse

 

Beim Start seines jüngsten Modells ging Airbus neue Wege. Übergibt Europas größter Flugzeughersteller neue Jets sonst im Rahmen einer gewaltigen Sause an den ersten Kunden, schickte er beim A320neo nur ein magere Meldung. Das Fest folgte zwei Wochen später. Dabei hätte der Flieger Besseres verdient.

„Die Maschine und das Konkurrenzmodell 737Max von Boeing werden das Flugerlebnis und die ganze Branche so stark verändern wie fast keine andere Maschine zuvor“, glaubt der US-Luftfahrtanalyst Scott Hamilton.

Auch wenn Boeings 787 mit seiner Leichtbauweise und der A380 mit der schieren Größe spektakulärere Neuerungen boten: Die Langstreckenflieger dürften für die meisten Kunden die Ausnahme bleiben. Der Mittelstreckenjet A320neo hingegen wird von vielen Passagieren genutzt werden. Die können sich gleich auf eine ganze Reihe an Neuerungen einstellen. Nicht alle sind für die Reisenden von Vorteil.

 

A320neo fliegt günstiger

Neu sind am Airbus Neo die sparsamen Triebwerke. Bei der Turbine vom US-Unternehmen Pratt & Whitney (P&W) mit der Münchner MTU lässt ein gewaltiges Getriebe erstmals alle Teile des gut 10.000 PS starken Motors in der für einen niedrigen Verbrauch optimalen Geschwindigkeit drehen. „Die Ersparnis liegt bei bis zu 17 Prozent“, rechnet Lufthansa-Chef Carsten Spohr im Gespräch mit der WirtschaftsWoche vor.

Schon das erlaubt der Linie niedrigere Flugpreise. Insgesamt ist die Ersparnis sogar noch höher. Die Lufthansa fliegt mit dem A320neo „pro Sitz sogar fast ein Viertel günstiger als bisher“, sagt Spohr. Die Gründe dafür bekommen die Passagiere unmittelbar zu spüren.

Aufträge von Airbus und Boeing im Vergleich

Die sichtbarste Veränderung sind die besonders dünnen Sitze, ihr Abstand und die zusätzlichen drei Sitzreihen mit insgesamt 18 Plätzen mehr.  Hier hat die Lufthansa von ihren Billigablegern Germanwings und Eurowings gelernt. Die dünneren – stellenweise kaum drei Zentimeter tiefen – Polster schaffen zusätzlichen Platz.

Zudem arbeitet Lufthansa wie die Billigtöchter mit verschiedenen Sitzabständen. Vorne, beim Schild Lufthansa Business Class, gibt es ein paar Zentimeter mehr. In den letzten drei Reihen fast eine Handbreit weniger. Wer kann, sollte besser vor Reihe 25 sitzen. 

Für die drei zusätzlichen Reihen wurde auch bei den Küchen gespart. Die hintere ist deutlich kleiner und die Rückwand der Kabine gedrängt. Aber auch bei der vorderen steckt ein Teil der Geräte nun in Wand zum Cockpit.

Diese Folgen des Umbaus werden vor allem hungrige Kunden bemerken. Im Heck des Fliegers ist nun kein Platz mehr für Öfen. „Wir bieten deshalb auch kein warmes Essen mehr auf Neo-Flügen“, erklärt ein Mitglied der Kabinencrew. „Darum wird der Jet vorläufig nur auf Strecken bis zweieinhalb Stunden Dauer eingesetzt.“

A320neo-Triebwerke: ruhig aber problembehaftet

Für die kalte Küche entschädigt der Neo durch deutlich mehr Ruhe im Flug. Die neuen Triebwerke sind spürbar leiser. Darum müssen auch Passagiere in den Reihen am oder hinter dem Triebwerk beim Start kaum die Stimme anheben, wenn sie mit ihren Sitznachbarn sprechen.

Das wird neben den Passagieren auch die Anwohner von Flughäfen freuen. Der störende Lärmteppich mit einer Lautstärke von mehr als 80 Dezibel ist auf fast ein Viertel der Fläche geschrumpft, die ein alter A320 beschallt. Selbst für das, bei Airbus-Flugzeugen übliche, leichte Motorenheulen beim Abheben muss man schon genau hinhören.

Eine Turbine des A320neo. Quelle: Presse

Der Jet fliegt nicht nur leiser. Die Motoren sind so stark und – dank der neuen Elektronik – in der Steuerung so präzise, dass die Maschinen beim Abheben deutlich weniger wackeln und schwanken.

 

Probleme mit den Triebwerken

Auch wenn der Neo ruhiger und billiger fliegt, er bereitet dennoch Probleme. Schon seit geraumer Zeit gibt es Schwierigkeiten mit den Triebwerken.

Zwar gab es Presseberichte, der Motorenhersteller Pratt & Whitney habe die Probleme spätestens Ende April im Griff. Doch wer auf der Übergabefeier am vergangenen Freitag in Hamburg hörte, wie bescheiden sich P&W-Chef Bob Leduc sich bei Lufthansa und Airbus bedankte, weiß: Da steckt mehr dahinter.

Die technische Lösung ist zwar da. Doch am Rande des Festakts räumte David Hess, Vorstand der P&W-Mutter UTC und Leducs Chef, ein, dass es bis zum problemlosen Einsatz länger dauern wird.

Bis Ende April müssen die Piloten das Triebwerk vor dem Abflug drei Minuten bei geschlossenen Türen warm laufen lassen. Andernfalls könnte es sich beim Start unter Volllast verziehen. Danach wird die Warmlaufphase zwar kürzer, doch nur schrittweise. Es könnte bis zum Jahresende dauern, bis der Jet sofort nach dem Schließen der Türen zur Startbahn rollen darf.

Diese Extraminuten sind teuer, denn sie bringen die Flugpläne durcheinander. Pro Minute Verspätung können zwischen im Schnitt 30 und 50 Euro zusätzliche Kosten anfallen. Zusammen mit den zusätzlichen technischen Prüfungen kann sich das deutlich mehr als 1000 Euro pro Tag summieren. Für alles muss Pratt gerade stehen.

Kein Wunder, dass das Motorendebakel auch beim Hersteller Pratt einigen Menschen das Leben verändert hat. Leducs Vorgänger Paul Adams hat das Problem dem Vernehmen nach den Job gekostet hat.

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