Abertis-Übernahme Hochtief-Milliardendeal wird zum Politikum

Hochtief liefert sich mit Atlantia eine Bieterschlacht um den Autobahnbetreiber Abertis. Nun mischt sich die spanische Politik in das Verfahren ein. Im schlimmsten Fall droht ein langer Rechtsstreit um den Deal.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Abertis-Übernahme: Hochtief-Milliardendeal wird zum Politikum Quelle: Abertis

Madrid In einem der größten laufenden Übernahmeprojekte Europas haben sich gleich zwei spanische Ministerien eingeschaltet – offenbar im Versuch, den Autobahnbetreiber Abertis weiter in nationaler Hand zu behalten. Um den buhlen sowohl der italienische Infrastrukturkonzern Atlantia also auch der deutsche Baukonzern Hochtief, Tochter der spanischen ACS.

Atlantia, das von der Benetton-Familie kontrolliert wird, hatte im Mai vergangenen Jahres ein Angebot über 16,3 Milliarden Euro für Abertis abgegeben. Die spanische Börsenaufsicht CNMV hat das bereits genehmigt. In Madrid ist zu hören, die spanische Regierung habe heimische Unternehmen ermuntert, ebenfalls ein Angebot abzugeben. Im Oktober hatte dann ACS über ihre deutsche Tochter Hochtief 18,6 Milliarden für Abertis geboten. ACS-Chef Florentino Pérez, der auch Präsident des Fußballclubs Real Madrid ist, werden beste Kontakte in die spanische Politik nachgesagt.

Anfang Dezember dann monierten sowohl das spanische Infrastruktur- als auch das Energieministerium, die Italiener hätten es versäumt, sich die Genehmigung der spanischen Regierung für den Deal einzuholen. Die Konzessionen für die spanischen Autobahnen und auch der Satellitenbetreiber Hispasat, der zu Abertis gehört, stellten strategische Infrastrukturgüter für Spanien dar. Die Italiener gehorchten und beantragten umgehend die entsprechenden Genehmigungen. Dennoch forderten die beiden Ministerien die Börsenaufsicht auf, ihr bereits erteiltes Okay für die Benetton-Familie zurückzuziehen. Die Aufsicht weigerte sich und blieb bei ihrer Entscheidung.

Am heutigen Freitag hat das Infrastrukturministerium den Italienern die Erlaubnis erteilt. Das Ministerium hatte auch schon die Offerte von Hochtief genehmigt. Es ist für die Autobahnen zuständig, weshalb sowohl Italiener als auch Deutsche für die Übernahme dieses Kerngeschäfts von Abertis nun die ministerielle Erlaubnis besitzen.

Es fehlt aber noch die Erlaubnis von Energieministers Álvaro Nadal. Der reibt sich an der Übernahme der Abertis-Tochter Hispasat, dem Satellitenbetreiber. Die Satelliten, die zum Teil militärisch genutzt werden, seien entscheidend für die Sicherheit Spaniens, argumentiert er. Die Genehmigung eines möglichen Verkaufs sei technisch anspruchsvoll und dauere deshalb lange, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Es gehe aber nicht darum, den einen oder den anderen Bieter zu bevorzugen. Auch Hochtief hat noch keine Genehmigung von Nadal.

Die meisten Experten in Madrid glauben diese Erklärung jedoch nicht. Sie sehen in Nadals Haltung versteckten Protektionismus. So hat Atlantia in seinem Angebot für Abertis erklärt, der Konzern sei bereit, Hispasat zu verkaufen, wenn das ein Hindernis für die Übernahme insgesamt darstellen sollte. Hochtief dagegen hat keine konkreten Pläne für das Satelliten-Geschäft vorgestellt.

Stellt sich Nadal total quer, könnte er gegen die Genehmigung der Börsenaufsicht klagen. Schließlich haben die Aufseher ihr Okay für das italienische Angebot trotz der Bedenken der Regierung aufrechterhalten. Klagt Nadal, dürfte ein zäher Rechtsstreit folgen, der einen Deal in weiter Ferne rücken würde.

Dass es zu diesem Szenario kommt, ist jedoch unwahrscheinlich. Zum einen kann sich Spanien nach den politischen Turbulenzen rund um Katalonien gerade keine schlechte internationale Presse und Protektionismus-Vorwürfe leisten. Zum anderen würde eine lange Hängepartie auch Abertis selbst schaden. Das spanische Gesetz besagt, dass das Übernahmeziel während eines laufenden Bieterwettstreits keine grundlegenden strategischen Entscheidungen treffen darf, die den Kurs und damit den Wert des Unternehmens beeinflussen. Dem begehrten Maut-Betreiber sind daher derzeit die Hände gebunden. Dauert dieser Zustand über Monate oder gar Jahre an würde das Geschäft leiden.

Nadal hat in der vergangenen Woche erklärt, die Entscheidung ob er klagt, sei noch nicht gefallen. Er muss sich bis zum 8. März entscheiden. Davor wird aber der entscheidende administrative Schritt erwartet – die Genehmigung der Börsenaufsicht über das Gebot von Hochtief. Die Behörde hat erklärt, ihre Entscheidung abermals unabhängig von den Autorisierungen der Ministerien zu treffen.

Genehmigt sie auch das zweite Angebot, beginnt eine einmonatige Frist, innerhalb derer beide Unternehmen ihre Offerten jederzeit erhöhen können. Atlantia hat bereits angekündigt, nachbessern zu wollen. Will Nadal in dem Prozess tatsächlich dazwischenfunken, muss er sich beeilen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%