
WirtschaftsWoche: Monsieur Bazin, Accor ist in Deutschland Marktführer und hat im Vorjahr zusätzlich zu den bestehenden 330 Hotels 16 neue Häuser der Marken Ibis und Mercure eröffnet. Was planen Sie für dieses Jahr?
Sébastien Bazin: Wir planen rund 20 neue Accor-Hotels pro Jahr in Deutschland. Zwölf Projekte mit rund 2000 Zimmern sind für 2015 bereits in der Pipeline, in großen Zentren und kleineren Städten. Der deutsche Markt ist für uns so wichtig wie Frankreich, nur ist er komplizierter. In Frankreich gibt es Paris und vielleicht noch Marseille, alles andere ist Provinz. Deutschland hat gleich sieben bis acht Zentren wie Berlin, Hamburg oder München und wichtige Subzentren wie Osnabrück, Hannover oder Nürnberg. Darum entwickeln wir neue Projekte oft mit lokalen Partnern, die ihren Markt kennen.
Zur Person
Bazin, 53, startete seine Karriere 1985 in den USA, wo er in der Finanzwirtschaft arbeitete. 1997 wechselte er zum auf Immobilien und Hotels spezialisierten US-Finanzinvestor Colony Capital, um in Paris die Europa-Dependance aufzubauen. 2005 wurde er Accor-Aufsichtsrat, seit August 2013 ist er Chairman und Vorstandschef der größten europäischen Hotelgruppe. Accor betreibt unter 14 Marken von Budget bis Luxus mehr als 3700 Hotels mit gut 480.000 Zimmern.
Etliche große Städte leiden aber schon heute unter Überkapazitäten bei Hotels.
Wir sehen als große Kette dennoch Wachstumsmöglichkeiten in allen Städten. Große Chancen sehen wir aber vor allem in den Subzentren, zumal es dort überwiegend privat geführte Häuser und kaum Kettenhotels gibt. In Deutschland betreiben die internationalen Ketten gerade mal elf Prozent der Zimmerkapazitäten. Aber private Hotelbetreiber haben es schwer. Den meisten fehlt die Marken-, Produkt- und Vertriebspower. Diese privaten Betreiber wollen wir als Franchise-Partner gewinnen.
Die Privatbetreiber geben die Schuld an ihren Problemen vor allem Online-Reservierungsplattformen wie HRS oder Booking.com. Sehen Sie das genauso? Sie haben gerade Beschwerde eingereicht...
Es bringt nichts, da ein Feinbild aufzubauen. Wir sollten die Plattformen als Partner betrachten, zumal sie uns Umsatz bringen und weiter wachsen werden. Die Gefahr für die Branche liegt darin, dass die Digitalisierung den Konzentrationsprozess fördert: Kleine Mitbewerber werden geschluckt, große Plattformen werden noch größer. Wir können nicht akzeptieren, dass der Markt irgendwann von zwei großen Buchungsplattformen beherrscht wird und die unser Geschäft bestimmen. Wir investieren, wir tragen das Risiko, darum müssen wir verhindern, dass uns durch eine Wettbewerbskonzentration die Hoheit über unser Geschäft genommen wird. Wir wollen eine balancierte Zusammenarbeit mit den Portalen. Deswegen haben wir Seite an Seite mit der Branche Beschwerde eingereicht, um uns einzubringen.





Und wie wollen Sie noch verhindern, dass die Portale die Branche dominieren?
Indem wir unsere Kunden stärker an uns binden. Der Schlüssel dazu sind ihre Daten, und die müssen in unserem Besitz bleiben, was wir zum Beispiel über unser Kundenbindungsprogramm LeClub erreichen. Das geht nur, wenn wir unser Geschäftsmodell digitalisieren. Die Hotellerie muss den Kunden über den gesamten Reiseprozess hinweg begleiten und an sich binden.
Was heißt das konkret?
In der Vergangenheit haben wir uns um den Kunden gekümmert, solange er im Hotel ist. Wichtig ist aber auch die Zeit vorher, wenn der Kunde seine Reise plant, sich auf Buchungs- oder Bewertungsplattformen im Internet über Hotelangebote und -preise informiert oder wenn er nach der Reise über seine Erfahrungen reden und Kommentare abgeben möchte. Wir müssen uns permanent um unsere Kunden kümmern: etwa mit einer App, über die man sich per Smartphone oder Tablet informieren, reservieren, ein- oder auschecken, aber auch einen Platz im Restaurant oder Spa buchen kann. Und mit unserem Kundenbindungsprogramm können nicht nur Meilen und Punkte gesammelt werden, sondern wir können damit Kunden maßgeschneiderte Angebote unterbreiten.