Adyen-Chef Pieter van der Does Fall Wirecard: „Die gesamte Branche leidet unter den Spekulationen“

Pieter van der Does ist Mitgründer und CEO vom niederländischen Zahlungsdienstleister Adyen. Schon vor der Gründung von Adyen im Jahr 2006 war er CCO beim Zahlungsabwickler Bibit Global Payment Services. Quelle: Presse

Der Chef des niederländischen Zahlungsdienstleisters Adyen spricht darüber, wie der Fall Wirecard die Branche belastet und warum Anleger so zurückhaltend auf die ersten Jahreszahlen nach dem Börsengang reagierten.

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WirtschaftsWoche: Herr van der Does, Ihr deutscher Konkurrent Wirecard steht unter Verdacht, Umsätze in Asien manipuliert zu haben. Wirkt sich der Skandal auf Ihr Geschäft aus?
Pieter van der Does: Es ist immer problematisch, wenn Investoren vorsichtig werden, weil sie den Zahlen der Unternehmen möglicherweise nicht mehr trauen können. Wenn also Spekulationen zu einem Konzern in unserem Umfeld bestehen, leidet die gesamte Branche darunter. Aber ich kenne keine Details zum Wirecard-Fall, bis auf das, was in der Presse berichtet wird.

Würden Sie sagen, ihre Aktie leidet nun auch unter der Vorsicht der Investoren?
Am Tag der ersten Veröffentlichung über Wirecard Ende Januar hat unsere Aktie etwas eingebüßt. Aber wir konzentrieren uns darauf, unser Geschäft voranzutreiben. Den Kurs unserer Aktie verfolge ich nicht regelmäßig.

Bis Mitte April hat die deutsche Finanzaufsicht Wetten auf Kursverluste der Wirecard-Aktien ausgesetzt. Spekulanten könnten den dramatischen Kursrutsch verursacht haben. Fürchten Sie einen ähnlichen Angriff auf die Adyen-Aktien?
Wir betreiben unser Geschäft profitabel, wir haben Geld auf der Bank liegen. Wir sind nicht auf die Märkte angewiesen, um unsere Wachstumsvorhaben zu finanzieren. Natürlich reflektiert unser Aktienkurs, wie Anleger auf unser Unternehmen blicken. Aber davon hängt nicht ab, wie wir unser Geschäft entwickeln. Wir bestimmen unser Schicksal selbst und investieren in solche Projekte, die wir für wichtig halten. Das mag etwas anderes sein, wenn Unternehmen hohe Verluste einfahren, und sie auf das Geld der Anleger angewiesen sind.

Was aber auf Ihren Konkurrenten Wirecard nicht zutrifft.
Lassen Sie mich es so sagen: Das beste Mittel, sich gegen Angriffe von Spekulanten zu schützen, ist es, ein solides Unternehmen aufzubauen. Dann werden es auch Spekulanten sehr schwer haben, mit einer Investment-Strategie dagegen zu wetten.

Könnte es sein, dass viele Anleger nicht verstehen, wie Ihr Geschäft mit den neuen Zahlungsmodellen funktioniert? Das Geschäft wirkt unheimlich technisch.
Wenn wir unsere Investoren für Präsentationen treffen, stellen sie uns sehr anspruchsvolle Fragen. Sie verstehen unser Geschäft bis ins letzte Detail: das Geschäft des Acquirings, also das Vermitteln zwischen Kreditkartenfirmen und Händlern, und der Zahlungsabwicklung. Und wie wir für Händler einen Mehrwert schaffen können, in dem wir diese beiden Teile des Geschäfts für Zahlungen bei Onlinebestellungen und an der Ladenkasse kombinieren. Es ist eine sehr spezifische Branche. Es braucht Experten um sie zu verstehen. Natürlich springen einige Investoren nur auf den Zug auf, weil andere Ihnen sagen, dass Zahlungsdienstleistungen eine gute Idee sind.

Also sollten Privatanleger lieber die Finger von Aktien der Zahlungsdienstleister lassen?
Für Privatanleger mag unser Geschäft kompliziert klingen. Auf der anderen Seite ist es doch einfach zu verstehen: Wir glauben daran, Mehrwert durch eine Zahlungsplattform zu schaffen, die alle Varianten des Bezahlens abdeckt. Und die für jeden Händlertyp geeignet ist, ob Einzelhändler oder Großkonzern. Vor allem dann, wenn sie weltweit verkaufen, sowohl online als auch im Laden. Ich denke, dass wir mit diesem Konzept in den nächsten Jahren überzeugen werden.

Adyen ist eine Zahlungsplattform, bei der Einkäufe mit Kreditkarte oder per Lastschrift digital abgewickelt werden können, ähnlich wie bei PayPal. Das Geld wird allerdings nicht von Nutzer zu Nutzer übermittelt, sondern zunächst vom Käufer an Adyen und nach verifiziertem Kauf wiederum an den Verkäufer. Quelle: Presse

Im Juni 2018 sind Sie mit Adyen in den Niederlanden an die Börse gegangen. Jetzt haben Sie haben Ende Februar zum ersten Mal Zahlen für das Gesamtjahr präsentiert. Sie konnten den Gewinn um 84 Prozent auf 131 Millionen Euro steigern. Nur hat Ihre Aktie auf diese starken Zahlen kaum reagiert. Warum waren die Investoren nicht überzeugt?
Wir wollen ein Unternehmen aufbauen, das langfristig profitabel arbeitet, und berichten nur halbjährlich über unsere Geschäftsergebnisse. Das Geschäft mit der Zahlungsabwicklung kann holprig sein, mal fallen große Teile unseres Geschäftes in ein Halbjahr, mal in das nächste. Ich finde, das sagt nichts über unseren langfristigen Erfolg aus. Wir bauen gerade eine Zahlungsplattform auf, und investieren in Projekte, von denen wir über Jahre profitieren werden. Deshalb finde ich, sollte die Veröffentlichung unserer Geschäftszahlen ereignislos sein. Und das waren sie dieses Mal. Genauso wünschen wir uns das.

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