Auf dem Acker im rheinischen Nörvenich ist Ruh: Die Kartoffeln warten im Lager von Gut Ollesheim darauf, abtransportiert, geschnitten und als Pommes schockgefroren zu werden. Landwirt Eberhard Peill muss entscheiden, ob er jetzt oder später verkaufen will. Auf dem Bildschirm seines Büros laufen Daten von der Terminbörse Eurex ein. Kartoffeln, die im April an die Industrie geliefert werden sollen, stehen bei 22,50 Euro je Doppelzentner. Im November waren es noch 30 Euro. Bis Juni muss die Ernte verkauft sein.
„Ohne den Terminhandel hätte ich keine Richtschnur für den Preis, den ich vom Händler verlangen kann“, sagt er. Für die halbe Ernte sichert er sich Preise über Termingeschäfte – beim Händler oder über Futures an der Börse. Futures sind Verträge, die regeln, wann und zu welchem Preis wie viele Zentner Kartoffeln oder Weizen verkauft oder abgenommen werden müssen. In der Regel wird die Ware zum Termin aber nicht geliefert, sondern die Akteure zahlen oder kassieren einen Wertausgleich in bar (siehe Grafik Seite 100).
Für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie Foodwatch wäre Landwirt Peill ein „guter“ Spekulant. Sein Termingeschäft sichert reale Kartoffeln ab. Böse sind die smarten Jungs in den Handelsräumen, die für Banken mit „Essen spielen“. Weizen wollen sie nicht – es geht um Rendite. Vor allem die Deutsche Bank steht unter Feuer von Foodwatch, Oxfam und anderen NGOs. Während Commerzbank oder Deka auf Agrarwetten verzichteten, verteidigte Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen die Geschäfte seines Hauses als hilfreich für den Agrarhandel und schuldlos am Welthunger. „Rücksichtsloses Geschäftsgebaren auf Kosten der Allgemeinheit“, kritisierte Foodwatch-Chef Thilo Bode. „Die Deutsche Bank hat die Zeichen der Zeit offenbar nicht erkannt“, sagte Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner dem „Handelsblatt“.
Zuletzt sind viele Agrarpreise eher gefallen. Kritiker halten den Spekulanten nun vor allem starke Preisschwankungen vor. Tatsächlich kletterte der nächstfällige Weizen-Future an der Terminbörse in Chicago im Februar 2008 auf über 13 Dollar pro Scheffel (27,2 Kilo) – eine Verdreifachung seit Anfang 2006. Dann ging es steil abwärts, bis auf 4,25 Dollar im Juni 2010. Danach über 100 Prozent hoch, auf 8,90 Dollar im Februar 2011, dann wieder unter 6 Dollar. Im Sommer 2012 schnellte Weizen binnen Wochen um gut 50 Prozent hoch, auf 9,47 Dollar. Aktuell notiert der Future wieder 22 Prozent tiefer. Sind Spekulanten aber schuld an diesen Ausschlägen und langfristig steigenden Preisen? Ein Faktencheck.
VORWURF 1: Abkopplung
Vorwurf: Die starke Zunahme von Finanzspekulationen an den Agrarbörsen koppelt die Preise von der Realwirtschaft ab.
Fakt ist, dass das Volumen von Finanzinvestitionen in Agrarrohstoffe seit etwa 2005 stark zugenommen hat, allein zwischen 2009 und Ende 2011 um knapp die Hälfte, auf über 80 Milliarden Dollar. Nicht nur Hedgefonds pumpen ihr Geld in die Agrarmärkte, auch Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Privatanleger sind dabei. Futures sind attraktiv für Spekulanten, weil über sie mit kleinen Einsätzen hohe Summen und letztlich auch große Mengen Rohstoffe gehandelt werden können. Ein Privatanleger, der 5000 Euro in Weizen-Zertifikate steckt, investiert damit in Futures, die das Recht auf Lieferung von 24 Tonnen Weizen verbriefen. Bei Großanlegern funktioniert das genauso.
An der weltweit wichtigsten Agrarbörse CBoT in Chicago werden täglich Weizen, Mais oder Sojabohnen im Wert von mehreren Milliarden Dollar gehandelt. Weltweit werden Agrarderivate umgesetzt, deren Volumen ein Vielfaches der Ernte ausmachen können. 2010 beispielsweise betrug das Handelsvolumen der Derivate auf Sojabohnen das 19-Fache der Welternte. Viele NGOs schließen daraus, dass sich die Agrarpreise wegen der Spekulation längst von der Realwirtschaft abgekoppelt haben. Tatsächlich fällt auf, dass die zunehmenden Beträge, die an Terminmärkten in Rohstoffkontrakte geflossen sind, zusammenfielen mit scharfen Sprüngen bei Nahrungsmittelpreisen.
Für Dimitri Speck, Rohstoffanalyst des Vermögensverwalters Staedel Hanseatic aus Riga, lässt sich allerdings zwischen Mittelzuflüssen und den Preissteigerungen kein Zusammenhang feststellen: „2006 etwa gab es hohe Mittelzuflüsse in die Rohstoffmärkte, die Preise aber liefen seitwärts. Hingegen stiegen die Preise 2007 bei abnehmenden Mittelzuflüssen. Und während des Einbruchs der Rohstoffpreise im zweiten Halbjahr 2008 kam es kaum zu Mittelabflüssen.“ Von 2009 an bis ins erste Quartal 2011 hinein, als die Notenbanken die Finanzmärkte weltweit mit Geld fluteten, liefen die Rohstoffpreise tatsächlich parallel mit den Mittelzuflüssen nach oben. Preistreibend sei dann aber die physische Nachfrage nach Rohstoffen gewesen. Sie zog an, nachdem sich die Weltkonjunktur erholt hatte. Und obwohl es seit dem zweiten Quartal 2011 kaum noch Mittelzuflüsse gab, sind die Nahrungsmittelpreise 2012 dennoch gestiegen.
Börsenumsätze und Mittelzuflüsse allein sind ohnehin nicht aussagekräftig. Offenen Kaufpositionen an Terminbörsen stehen immer genauso viele Verkaufspositionen gegenüber. Entscheidend sind die Positionen der spekulativen Marktteilnehmer. Als der Preis des Mais-Futures an der CBoT im Sommer 2012 seinen bisherigen Rekord bei 8,30 Dollar pro Scheffel erreichte, waren Spekulanten mit netto 344 .000 Kontrakten auf der Käuferseite. Unter dem Strich hielten sie Lieferansprüche auf gut 44 Millionen Tonnen Mais im Wert von rund 14 Milliarden Dollar – rund 0,5 Prozent des weltweiten Maisverbrauchs. Beeindruckend, aber: Diese spekulative Nachfrage lag noch weit unterhalb der Spitze vom Februar 2011. Damals hielten Spekulanten sogar netto 498.000 Kaufkontrakte, während der Mais-Future nur bei 6,70 Dollar pro Scheffel notierte. Warum aber zog der Maispreis 2012 an, obwohl die Nettonachfrage der Spekulanten geringer war? Die Erklärung: Die weltweiten Lagerbestände waren, gemessen am Verbrauch, auf den tiefsten Stand seit Anfang der Siebzigerjahre gesunken. Und im Mittleren Westen der USA brach eine der schlimmsten Dürren aus. Ernteausfälle drohten, der Maispreis schoss nach oben.
Wer das angesichts der realen Ernten gewaltige Volumen der Börsenumsätze moniert, übersieht eins: Hinter einer Tonne realem Weizen steht mehr als nur ein Absicherungsgeschäft. Landwirt, Agrarhändler, Mühle und Lebensmittelproduzent sichern ihren Preis ab. „Hinzu kommt, dass die Teilnehmer in der Lieferkette zwischen Geschäftsabschluss und Lieferung mehrere Kontrakte hintereinander abschließen“, sagt Volker Petersen vom Raiffeisenverband in Berlin. Um so viele Geschäfte abzusichern, sind Finanzinvestoren nötig. Denn: „Es ist unrealistisch, dass sich für alle notwendigen Absicherungsgeschäfte in der Agrarbranche eine Gegenpartei findet“, sagt Jens Ripken, Generalbevollmächtigter beim Agrarhändler Agravis. Am Terminmarkt treten tendenziell weniger Verarbeiter (die sich vor steigenden Preisen schützen) als Produzenten auf, die sich gegen fallende Preise absichern wollen. In die Bresche springen Finanzinvestoren, sie gleichen diese Asymmetrie aus. Würden sie sich zurückziehen, fielen sie als Gegenpartei der Bauern aus, deren wirtschaftliches Risiko wäre höher. „Spekulanten sind das notwendige Schmiermittel an den Terminbörsen“, sagt Landwirt Peill. Raiffeisen-Handelsexperte Petersen wären etwas mehr Spekulanten ganz recht. Es fehle an den europäischen Terminbörsen für Agrarrohstoffe an Liquidität. Nur ein bis zwei Prozent des weltweiten Agrarhandels über die Börse werde in Europa abgewickelt.
VORWURF 2 und 3: Preistreiber und Spekulationsblasen
Vorwurf: Spekulanten treiben die Agrarpreise dauerhaft nach oben.
Wirtschaftsethiker Ingo Pies von der Universität Halle hat gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung wissenschaftliche Studien analysiert, die einen möglichen Zusammenhang zwischen Spekulation an den Terminmärkten und steigenden Agrarpreisen untersuchten. Sein Fazit: „Die große Mehrheit der Studien kommt zu dem Schluss, dass es keinen Zusammenhang gibt“, sagt Pies. Foodwatch moniert, Pies habe wichtige Studien unterschlagen. Pies sagt, er habe Studien ausgeschlossen, die lediglich dokumentierten, dass steigende Lebensmittelpreise zeitlich mit vermehrter Spekulation an den Terminbörsen zusammenfielen, oder die auf Modellen beruhten, die nicht ergebnisoffen waren. „Diese nicht berücksichtigten Studien haben einen kausalen Zusammenhang zwischen Spekulation und steigenden Agrarpreisen gar nicht untersucht“, sagt Wirtschaftsethiker Pies.
Einig sind sich Wissenschaftler darin, dass Spekulationen an den Terminbörsen langfristig keinen Effekt auf die Agrarpreise haben. Selbst die wissenschaftlichen Berater der Welternährungsorganisation FAO, die bisher als Kritiker der Spekulanten galten, räumen dies ein. In einem unveröffentlichten Papier, das der WirtschaftsWoche vorliegt, beschreibt das Beratergremium Finanzspekulationen als Kurzfristphänomen, das nicht zu den Haupttreibern der Lebensmittelpreise zählt. Auch Oxfam und Foodwatch sehen fundamentale Gründe für einen langfristigen Preisanstieg bei Lebensmitteln: Wachstum der Weltbevölkerung, andere Essgewohnheiten in den Schwellenländern und begrenzte Anbauflächen. Geschätzte 8,3 Milliarden Menschen werden 2030 die Welt bevölkern. Mit dem wachsenden Fleischkonsum in den Schwellenländern steigt der Bedarf an Weidegrund und Anbauflächen für Futtermittel. Beides geht zulasten von Ackerland für Lebensmittel, ebenso der vermehrte Einsatz von Nutzpflanzen zur Herstellung von Biotreibstoffen. „Diese Faktoren wirken jedoch langfristig und können das Tempo und die Höhe der Preisanstiege nicht erklären“, sagt David Hachfeld, Handelsexperte bei Oxfam. Dafür seien Spekulanten an den Terminmärkten verantwortlich.
Vorwurf: Spekulanten lassen Lebensmittelpreise stärker schwanken und erzeugen Preisblasen.
Kurzfristig können Spekulationen am Terminmarkt zu Preisspitzen bei Agrargütern führen, Preise sich von der Realität abkoppeln. Aber schlägt das auf die realen Märkte durch? „Als der Weizenpreis 2008 an der Pariser Terminbörse Matif seinen Höchstpreis von 300 Euro je Tonne erreichte, konnten Landwirte ihre Ernte nur für 270 Euro je Tonne losschlagen“, sagt Wolfgang Sabel, Geschäftsführer von Kaack Terminhandel aus Cloppenburg. Mehr wollten die Agrarhändler nicht zahlen, so Sabel. Allerdings seien Börsenpreis und der Preis im physischen Agrarhandel nur für zwei Wochen auseinandergelaufen. Danach sei der Terminpreis wieder stark eingebrochen.
Preisblasen können zudem auch ohne Spekulanten an Terminbörsen entstehen. Rhodium etwa, das für Katalysatoren gebraucht wird, hatte sich, obwohl es überhaupt keinen Terminmarkt für Rhodium gibt, binnen fünf Jahren bis Mitte 2008 etwa verzwanzigfacht. Anschließend platzte die Preisblase binnen weniger Monate. Speziell bei Agrarrohstoffen ist kein Impuls von den Terminbörsen nötig, um extreme Preisbewegungen auszulösen. Denn das Angebot von Weizen, Mais oder Soja lässt sich nicht über Nacht erhöhen, selbst bei einer Vervielfachung des Preises. Weil Menschen aber regelmäßig essen müssen, können sie gerade auf wichtige Grundnahrungsmittel nicht lange verzichten. Fallen Ernten niedriger aus als erwartet, schnellen die Preise nach oben. Je leerer die Lager sind, desto stärker steigen die Preise – ganz ohne Spekulanten am Terminmarkt, wo lediglich zukünftige Lieferansprüche auf Agrargüter gehandelt werden.
Am Spotmarkt dagegen decken sich Abnehmer kurzfristig mit physischer Ware ein. Die Preise am Termin- und Spotmarkt für Agrarrohstoffe aber laufen nicht synchron. Wenn der Terminmarkt steigende Preise signalisiert, könnte sich ein Agrarhändler zwar am Spotmarkt eindecken und die Ware einlagern, um sie später teurer zu verkaufen. Allerdings lassen sich Weizen oder Mais nur begrenzt lagern. Zudem fallen Kosten für die Lagerung an. Der Spekulation auf Preisdifferenzen (Arbitrage) zwischen Termin- und Spotmarkt sind also Grenzen gesetzt. Mehr Arbitrage, die vom Terminmarkt ausgehend zu einer größeren physischen Nachfrage führt, wäre mit höheren Lagermengen verbunden. Doch bei den wichtigsten Getreidesorten Weizen, Mais und Reis sind die weltweiten Lager heute leerer als vor der Jahrtausendwende. Das zeigt, dass zunehmende Terminmarkt-Investments zwar die Preise auf dem Terminmarkt treiben, aber allenfalls geringfügig über Arbitrage auf den Spotmarkt wirken.
VORWURF 4 und 5: Hungermacher und Heimlichtuerei
Vorwurf: Spekulative Geschäfte an den Terminbörsen sind mitverantwortlich für den Hunger in der Dritten Welt.
Die üblichen Vorurteile gegenüber Spekulanten bekommen ein moralisches Gewand. Politiker nutzen diese Strategie, um von ihren eigenen Fehlern abzulenken. 2011 verhinderte der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy, dass eine Studie der EU veröffentlich wird, die zu dem Schluss kam, dass die Spekulanten nicht für den Preisschub bei Agrarrohstoffen in den Jahren 2007 und 2008 verantwortlich waren. Sarkozy hatte sich zuvor für den Kampf gegen die Spekulation mit Agrarrohstoffen stark gemacht.
Politische Eingriffe in den Agrarmarkt haben Tradition: Im Frühjahr 2008 etwa trieben Exportbeschränkungen mehrerer asiatischer Staaten den Reispreis auf Rekordhöhe. Gleichzeitig horteten die großen Erzeuger auf innenpolitischen Druck Millionen Tonnen Reis. Als die Exportverbote fielen, brach der Reispreis ein. Das gleiche Spiel wiederholte sich 2010/11 beim Weizen. Nach Missernten wegen Dürre und Waldbränden schränkten Russland und die Ukraine ihre Exporte ein, der Weizenpreis ging durch die Decke. Als Russland im Juli 2011 das Exportverbot wieder aufhob, brach die Weizen-Rally ab. Obwohl im vergangenen Jahr der Weizenpreis erneut stieg, bauten Farmer in Argentinien lieber Braugerste an. Die mit Weizen bewirtschaftete Fläche ging um ein Viertel zurück. Damit reagierten sie auf Exportbeschränkungen der Regierung. Nicht nur Verbote, auch Subventionen sorgen für steigende Lebensmittelpreise und Nahrungsknappheit. Die USA subventionieren seit 2007 Biosprit. Inzwischen gehen etwa 40 bis 50 Prozent der Maisernte in den Tank. Mais, in Lateinamerika ein Grundnahrungsmittel, fehlt auf dem Weltmarkt. In Guatemala reichten 2010 noch etwa 15 US-Cent aus, um acht Tortillas zu kaufen, derzeit gibt es dafür nur noch vier.
Vorwurf: Agrarterminbörsen sind intransparent und anfällig für Missbrauch.
„Das Agrargeschäft an sich ist fair, weil die Anbaubedingungen für Agrarrohstoffe für jeden transparent sind“, sagt Agravis-Manager Ripken. Wer mehr wissen wolle, brauche nur über die Felder fahren. Das gilt für den realen Handel mit Agrarrohstoffen, nicht für den Finanzbereich. Verbote sind kontraproduktiv, mehr Transparenz und bessere Daten könnten den Kritikern des Agrarterminhandels durchaus Wind aus den Segeln nehmen. Wenig hilfreich ist, dass Deutsche Bank und Allianz sich weigern, Engagements bei Agrarrohstoffen offenzulegen. Die Deutsche Bank habe nie versprochen, eine interne Studie zum Handel mit Agrarrohstoffen zu veröffentlichen, heißt es auf Anfrage. Die Untersuchung im eigenen Hause sei zwar umfangreicher als die bisher veröffentlichten Informationen, die Bank habe sich aber entschieden, die Erkenntnisse „kompakt“ zu präsentieren. Die Allianz will keine tagesaktuellen Daten für Geschäfte mit Agrarrohstoffen herausgeben, weil sie keine Daten von Kunden offenlegen dürfe.
Die Datenlage an den Terminbörsen ist kaum besser. „Wir haben noch ein erhebliches Informationsdefizit gegenüber den amerikanischen Terminbörsen“, sagt Wirtschaftsethiker Pies. Regelmäßig aktualisierte Listen über die Positionierung der unterschiedlichen Akteure am Markt, wie sie die US-Aufsicht CFTC pflegt, fehlen hier. Die CFTC weist zum Beispiel Positionen von Marktteilnehmern – meist Banken –, die im Auftrag von Kunden handeln, in der Kategorie „Swap Dealer“ aus. Klassische Spekulanten wie Hedgefonds und Vermögensverwalter werden in der Rubrik „Managed Money“ ausgewiesen.
Für vollständige Transparenz müsste aber auch der außerbörsliche Handel durchleuchtet werden. In Europa dagegen stehen die Behörden noch ganz am Anfang. Bisher hat nur das Europäische Parlament gefordert, den Terminhandel offenzulegen. Entsprechende Verordnungen stehen noch aus. Die politische Diskussion geht inzwischen weit über Forderungen zu mehr Transparenz hinaus. EU-Parlament und Foodwatch wollen Obergrenzen für Positionen durchsetzen, die ein einzelner Investor halten darf. Das kann sinnvoll sein, wenn dadurch verhindert wird, dass ein Marktteilnehmer zu starken Einfluss auf die Preisbildung bekommt und so den Marktmechanismus aushebelt. Einzelne Investoren auszuschließen oder Agrar-Finanzprodukte, beispielsweise Indexfonds und Zertifikate, zu verbieten würde dagegen weniger Teilnehmer und weniger Liquidität am Markt bedeuten. Die Termingeschäfte einzelner Investoren hätten dann nicht weniger, sondern mehr Einfluss. Die Gefahr, dass die Preise für Agrarrohstoffe stärker schwanken, wäre größer.
Was bei einem Verbot des Terminhandels droht, zeigt die Geschichte: Im 19. Jahrhundert war die Getreidebörse in Berlin größer als die Wertpapierbörse. Großgrundbesitzer verkauften dort ihre Ernte auf Termin. 1894 stellte die Reichsregierung fest, dass im Getreidehandel auf ein „echtes“ Termingeschäft „20 speculativer Natur“ kämen. 1896 wurde der Terminhandel verboten. Die Folgen waren katastrophal: Bauern und Verarbeiter konnten sich nicht mehr gegen natürliche Ernte-Schwankungen absichern; viele gingen pleite. Was folgte, waren Schutzzölle und letztlich der Einstieg in die europäische Subventionierung der Landwirtschaft.