Air Berlin Drei bittere Pillen für Wolfgang Prock-Schauer

Wolfgang Prock-Schauer beendet seine Zeit als Air-Berlin-Chef, wie er sie angefangen hat: mit schlechteren Zahlen, einem neuen Sparprogramm und mäßigen Aussichten auf Besserung.

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Als Wolfgang Prock-Schauer im Januar 2013 überraschend Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn an der Spitze von Air Berlin ablöste, war die Hoffnung groß. Der knorrige Mehdorn hatte trotz großer Ankündigungen bei der angeschlagenen Airline am Ende wenig bewegt und dem Vernehmen nach nicht immer harmonisch mit Großaktionär Etihad aus Abu Dhabi zusammengearbeitet. Doch nun sollte alles besser werden.

Prock-Schauer hatte sich bei der früheren Lufthansa-Tochter BMI den Ruf als Sanierer erarbeitet. Dazu galt der charmante Österreicher dank seiner Zeit bei der indischen Jet Airways als geübt, im Spagat zwischen den Ansprüchen ehrgeiziger Aktionäre und den Niederungen des Alltagsgeschäfts zu vermitteln.

Die Chronik von Air Berlin

Gut 20 Monate und zehn Wochen bevor Prock-Schauer am 1. Februar seinen Job an den ehemaligen Thomas-Cook-Chef Stefan Pichler übergibt, ist nicht nur von der Hoffnung wenig übrig. Prock-Schauer musste mit der Vorstellung der Ergebnisse für die ersten neun Monate des Geschäftsjahres 2014 zum Ende seiner Amtszeit gleich drei bittere Pillen schlucken: schwache Zahlen, eine anhaltende Gefahr für seine Kooperation von Air Berlin mit Etihad und: wenn der Umbau Erfolg hat, erntet ein anderer die Früchte.

Air Berlin hat 800 Millionen Euro Schulden

Die erste bittere Pille bei der wahrscheinlich letzten Bilanz Prock-Schauers als Air-Berlin-Chef: Er musste am Ende fast die gleichen Dinge verkünden, wie bei seiner Pressekonferenz zum Geschäftsbericht für 2012. Er begann die Veranstaltung erneut damit, dass die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprächen. Schrumpfender Umsatz, rückläufige Ergebnisse und darum mal wieder eine neue Runde im Sparprogramm.

Zwar beschloss Air Berlin das Sommerquartal mit einem Gewinn. Doch der war mit knapp 50 Millionen Euro weniger als halb so groß wie im Vorjahr. Das ist betrüblich, denn in der Urlaubszeit muss jede Fluglinie so viel Geld verdienen, dass sie über die Nebensaison Winter hinweg bis zum nächsten Sommer kommt.

Das wird nicht ganz leicht. Zwar hat Air Berlin derzeit flüssige Mittel von 800 Millionen Euro. Aber leider auch Schulden in gleicher Höhe. Dazu verfallen die Preise. Weil sich auf den Air-Berlin-Strecken immer mehr Billigflieger tummeln, nahm die Linie pro Ticket gut fünf Euro weniger ein als im Vorjahr.

Darum musste Prock-Schauer nun erneut ein Sparprogramm verkünden. Doch weil das erstmal Geld kostet, dürfte Air Berlin auch in diesem Jahr wieder 300 Millionen Euro Verlust schreiben. Damit addieren sich die Verluste in diesem Jahrzehnt auf rund eine Milliarde Euro.

Und selbst, wenn das Sparprogramm wie geplant greift und nicht wieder niedrigere Einnahmen einen Gutteil der Erfolge auffressen, wird wohl auch 2015 mit einem Verlust von mehr als 100 Millionen Euro enden.

Stefan Pichler wird die Lorbeeren ernten

Die zweite - noch bitterere - Pille ist: egal was Prock-Schauer tut, seine Hoffnungen könnten sich bald in Nichts auflösen. Denn der Erfolg des Sparprogramms und damit das Überleben von Air Berlin hängen entscheidend davon ab, dass die Linie weiterhin eng mit ihrem Hauptanteilseigner Etihad kooperieren darf. Das ist jedoch keineswegs sicher.

Das Bundesverkehrsministerium hatte den wichtigsten dieser Code Share genannten Gemeinschaftsflüge wie der Verbindung von Berlin nach Abu Dhabi jüngst bereits die Genehmigung entzogen, weil sie diese für nicht rechtmäßig hielt. Auch wenn das Ministerium die Sache dann doch noch genehmigte: es bleibt bei seinem Standpunkt, dass die Verbindungen gestoppt werden müssen.

Auch wenn Prock-Schauer das Thema am Donnerstag nur kurz am Rande streifte: es ist keineswegs sicher, dass es die Flüge und damit auch die bis zu 100 Millionen Euro Ertrag pro Jahr auch im nächsten Sommer noch geben wird.

Die dritte Pille ist eher persönlicher Natur. Prock-Schauer musste die Sanierung im vergangen halben Jahr dem Vernehmen nach gegen starke Zweifel im Verwaltungsrat durchkämpfen – und sich wegen des langsamen Fortschritts dann auch noch einen wankelmütigen Zauderer nennen lassen. Doch wenn sein Plan im Jahr 2015 dann endlich greift, erntet sein Nachfolger Stefan Pichler die Lorbeeren.

Prock-Schauer überließ das Rampenlicht stets anderen

Der hatte bereits angekündigt, dass er nach seinem Amtsantritt im kommenden Frühjahr selbstbewusst auftreten und kräftig zulangen will. Dass die bisherige Arbeit von Management und Aufsehern keinen rechten Erfolg hatte, gebe ihm „die Freiräume, nötige Veränderungen umzusetzen“, so Pichler. Und wer ihn kennt weiß, dass er - selbst wenn er als geläuterter und weniger aggressiv im Auftreten gilt - alles tut, um Erfolg zu haben.

Doch am Ende wird Prock-Schauer das wahrscheinlich gut wegstecken können. Denn auch seine beiden letzten Chef-Jobs bei Jet Airways oder BMI beendete er, bevor der Umbau vorbei war und überließ das Rampenlicht anderen.

„Nicht nur im Vergleich mit seinem Nachfolger zeigt er für einen Top-Manager wenig Ego und denkt gerade jetzt, mit Ende 50, erst relativ spät daran, seine eigene Karriere zu beschleunigen", bescheinigt ihm ein früherer Mitarbeiter.

Und die Aussicht, künftig wieder mehr Zeit mit seiner Frau und den drei Kindern in der Donaustadt Klosterneuburg bei Wien zu verbringen, dürfte dem „klaanen Wolferl“ - wie er sich selbstironisch nennt - die bitteren Pillen sicher versüßen.

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