Für die Fluggesellschaft Air Berlin ist am Mittwoch das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dies teilte das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg als zuständiges Insolvenzgericht mit. Die Gläubiger können nun ihre Forderungen schriftlich bis zum 1. Februar 2018 beim Sachwalter anmelden. So wird der Insolvenzverwalter bei einem Verfahren in Eigenverwaltung genannt. Die Gläubigerversammlung findet am 24. Januar in Berlin statt.
Das Gericht bestellte den Berliner Rechtsanwalt Lucas Flöther zum Sachwalter. Er hatte diese Funktion vorläufig bereits nach dem Insolvenzantrag vom 15. August übernommen. Das Amtsgericht hatte ein von Flöther erstelltes Gutachten geprüft und festgestellt, dass die Gesellschaft „zahlungsunfähig und zugleich überschuldet ist“. Air Berlin wies zuletzt rund 1,5 Milliarden Euro Schulden aus.
Große Teile der insolventen Airline will die Lufthansa übernehmen. Der Konzern meldete das geplante Geschäft am Dienstag offiziell den Kartellbehörden in Brüssel zur Überprüfung. Die entsprechenden Unterlagen seien bei der EU-Kommission eingereicht worden, sagte ein Unternehmenssprecher am Mittwoch in Frankfurt. Man rechne noch im Dezember mit einer Entscheidung.
Die Chronik von Air Berlin
Vor 38 Jahren hob der erste Air-Berlin-Flieger ab. Alles begann mit alliierten Sonderrechten zur Landung im geteilten Berlin. Nach der Wende wuchs Air Berlin zur Nummer Zwei am Himmel über Deutschland heran, doch dann folgte eine jahrelange Krise.
1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Pilot Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.
1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag. Air Berlin expandiert und stationiert zunehmend auch Flugzeuge auf Regionalflughäfen.
1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft.
Einstieg zu 25 Prozent bei der österreichischen Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda.
Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba.
Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge.
Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, legt das erste Sparprogramm auf: Strecken fallen weg, Flugzeuge werden ausgemustert. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.
Air Berlin kündigt für 2012 den Eintritt in das Luftfahrtbündnis Oneworld an.
Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm soll das operative Ergebnis um 200 Millionen Euro verbessern. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.
Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Airline mit einem 255-Millionen-Dollar-Kredit. Ein neues Sparprogramm beginnt. Der Verkauf des Vielfliegerprogramms an Großaktionär Etihad bringt nur vorübergehend wieder schwarze Zahlen.
Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das von Mehdorn im Vorjahr aufgelegte neue Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.
Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.
Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden.
Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.
Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt. Ein 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes soll den Flugbetrieb zunächst sichern.
Fast 40 Jahre nach dem Start der ersten Air-Berlin-Maschine in Berlin-Tegel landet am 27. Oktober 2017 um 23.45 Uhr der letzte Air-Berlin-Flieger dort. Die Zukunft der Angestellten und vieler Unternehmensteile ist zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss.
Die EU-Kommission war zu einer Stellungnahme nicht unmittelbar zu erreichen. Nach dem Prozedere der EU-Behörde wäre der 7. Dezember der frühestmögliche Termin für eine Entscheidung. Sollte die Kommission Auflagen für notwendig halten, damit der Wettbewerb ausreichend gewahrt bleibt, könnte sie die Frist um zwei Wochen bis kurz vor Weihnachten verlängern. In schwierigen Fällen nimmt sich die Aufsicht noch länger Zeit.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte vergangene Woche erklärt, mit Auflagen wie der Abgabe von Start- und Landerechten auf bestimmten Strecken zu rechnen. Konkurrenten, Verbraucherschützer und die österreichischen Wettbewerbshüter hatten bereits vor der Monopolstellung der Lufthansa in Deutschland und Österreich gewarnt. Sie können ihre Bedenken bei der EU-Kommission im Rahmen des Prüfverfahrens kundtun. Auch das Bundeskartellamt ist daran beteiligt.
Lufthansa will mit den Teilgesellschaften LG Walter und Niki für 210 Millionen Euro einen beträchtlichen Teil des Air-Berlin-Flugbetriebs mit 81 Jets und den dazugehörigen Verkehrsrechten übernehmen. Neben der Lufthansa will auch die britische Easyjet einen Teil der insolventen Air Berlin erwerben.
Eine Transfergesellschaft für bisherige Verwaltungsmitarbeiter von Air Berlin nahm am Mittwoch die Arbeit auf. Wie die Gewerkschaft Verdi mitteilte, haben nach aktuellen Zahlen rund 1100 Beschäftigte die Möglichkeit, in dieses Unternehmen zu wechseln, das sich um eine Vermittlung der Arbeitnehmer an andere Firmen kümmern soll. In einer ersten Welle wurden nach Verdi-Angaben rund 400 Beschäftigte des Bodenpersonals von Air Berlin freigestellt.
Der gestrandete Air-Berlin-Flieger aus Island darf zurückfliegen
Formal handelt es sich um drei einzelne Insolvenzverfahren - für die Aktiengesellschaft britischen Rechts, Air Berlin PLC, für die Kommanditgesellschaft Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG sowie für die Tochter Air Berlin Technik GmbH.
Den Flugbetrieb stellte das Unternehmen schon am Freitag vergangener Woche ein. Ein Flugzeug stand zuletzt noch in Island, weil es dort wegen nicht bezahlter Rechnungen nicht starten durfte. Der Streit wurde am Mittwoch beigelegt, die Maschine sollte nach Angaben von Air Berlin noch am selben Tag zurück nach Berlin-Schönefeld fliegen.
An diesem Donnerstag verhandelt das Arbeitsgericht Berlin über einen Eilantrag der Personalvertretung der Flugbegleiter von Air Berlin. Sie wollen per einstweiliger Verfügung Entlassungen verhindern. Seit der Antragstellung in der vergangenen Woche hat sich die Situation jedoch verändert: Neben der Transfergesellschaft für die Verwaltungsmitarbeiter will Easyjet bis zu 1000 Piloten und Flugbegleiter übernehmen.
Als indirekte Folge der Air-Berlin-Pleite setzt die Lufthansa im November zwischen Frankfurt und Berlin-Tegel auch Jumbojets ein. Anders als mit dem Einsatz der Großraumflugzeuge sei die hohe Nachfrage nicht zu bewältigen, erklärte das Unternehmen.