Air Berlin Jeder fünfte Job steht auf dem Spiel

Nach der Insolvenz ist Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann überzeugt, große Teile der Belegschaft weiter beschäftigen zu können. Langstreckenflüge will die Airline allerdings schon in den kommenden Wochen einstellen.

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Die insolvente Airline soll übernommen werden. Wer den Zuschlag bekommt, ist noch offen. Quelle: dpa

Berlin Die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin sieht sich bei den Verkaufsgesprächen mit Lufthansa und Easyjet auf gutem Weg. Allerdings sei ein stabiler Flugbetrieb in den kommenden Tagen und Wochen Grundvoraussetzung für den Erfolg, warnte der Generalbevollmächtigter Frank Kebekus am Montag. „Alles andere gefährdet die Verhandlungen.“ Ungewöhnlich viele Krankmeldungen von Piloten hatten vor zwei Wochen zu zahlreichen Flugausfällen und damit zu einem Vertrauensverlust von Passagieren geführt. Air Berlin-Chef Thomas Winkelmann fügte hinzu, man werde nicht alle 8000 Arbeitsplätze erhalten können. Er betonte aber: „Wir sind auf dem Weg, für rund 80 Prozent unserer Kolleginnen und Kollegen gute Chancen für neue Arbeitsplätze bei den Bietern erreichen zu können.“ Aufatmen könne man erst, wenn die EU den Deal absegne.

Air Berlin liegen nach eigenen Angaben von der Lufthansa Angebote für die Regionalflug-Tochter Walter (LGW), die österreichische Ferienfluggesellschaft Niki sowie Teile der Air Berlin vor. „Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen eröffnet eine Perspektive für mehrere tausend Mitarbeiter“, erklärte Air Berlin. Zum Kaufpreis von Lufthansa und Easyjet äußerte sich die Airline nicht. Hierzu hieß es nur: „Wenn die Abschlüsse wie geplant finalisiert werden, besteht eine gute Chance, den KfW-Kredit zurückzuzahlen.“ Die Bundesregierung hatte eine Finanzhilfe von 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Ohne dieses Geld hätte man den Flugbetrieb von Air Berlin kurz vor dem Insolvenzantrag am 15. August einstellen müssen, sagte Winkelmann. „Andernfalls hätten wir am Wochenende 12./13. August 2017 die Flotte grounden müssen.“

Die EU-Kommission wird nach Worten von Sachwalter Lucas Flöther das Bieterverfahren prüfen. „Wir hoffen, dass der Prozess bis Jahresende abgeschlossen ist.“ Vorwürfe von Interessenten über einen Einfluss der Politik auf das Verfahren bezeichnete Flöther als „völlig abwegig“. Vertreter der Bundesregierung und des Landes Berlin hatten sich allerdings für die Lufthansa starkgemacht. Flöther machte deutlich, dass die Bieter den Zuschlag bekämen, „die das beste Angebot zugunsten der Gläubiger vorlegen“. Ausnahmen dieses Prinzips gebe es nur, „wenn die Bieter aus kartellrechtlichen Gründen nicht in Frage kommen oder nicht die nötigen Finanzmittel nachweisen können“. Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl hatte bis zu 500 Millionen Euro für Air Berlin als Ganzes in Aussicht gestellt, geht nach aktuellem Stand aber wohl leer aus.

Lufthansa hatte für bis zu 78 der insgesamt 144 Flugzeuge von Air Berlin ein Gebot abgegeben. Es beläuft sich einem Insider zufolge auf einen Kaufpreis von rund 200 Millionen Euro und eine zusätzliche Überbrückungshilfe von 100 Millionen Euro, um den Flugbetrieb bis zum Abschluss des Verkaufs aufrecht zu erhalten. Der British-Airways-Mutterkonzern IAG zieht nach eigener Einschätzung im Buhlen gegenüber der Lufthansa voraussichtlich den Kürzeren. IAG-Chef Willie Walsh bestätigte auf einer Branchenkonferenz in Barcelona erstmals offiziell das Interesse der Briten an der zweitgrößten deutschen Airline. „Wir haben ein bindendes Angebot für Teile von Air Berlin eingereicht, aber ich glaube, es ist keine Überraschung, dass die Lufthansa es bekommen wird“, sagte Walsh. Der Bieterprozess sei darauf ausgelegt gewesen, es dem deutschen Branchenprimus leicht zu machen, monierte er. „Aber wir müssen abwarten, wir haben bisher noch nichts offiziell gehört.“

Air Berlin räumte ein, zum 15. Oktober ihr Langstreckenangebot vollständig zu beenden und bestätigte damit einen Reuters-Bericht von voriger Woche. Zur Begründung hieß es, dass die „Flugzeugleasingfirmen sukzessive ihre Airbus A330-Jets zurückziehen“. Zudem streicht der Konzern zum 29. September die Verbindungen zwischen Hamburg und München sowie zwischen Köln/Bonn und München. „Weitere Anpassungen im Flugplan werden in den kommenden Tagen folgen.“

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