Der Verkauf der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin zieht sich hin. Die Angebotsfrist für die Techniksparte wurde zum zweiten Mal verlängert. Angebote sind nun noch bis zur übernächsten Woche möglich, wie ein Sprecher am Freitag der Deutschen Presse-Agentur sagte. Ursprünglich sollte die Frist Mitte September enden, dann an diesem Freitag.
Neue Angaben zu vorliegenden Angeboten machte das Unternehmen nicht. Der Generalbevollmächtigte Frank Kebekus hatte im September von insgesamt drei Offerten gesprochen. Bekannt ist, dass der Berliner Logistiker Zeitfracht das Technikgeschäft weiterführen will.
Noch steht aber der Verkauf des Flugbetriebs der Air Berlin aus. Wer die Technik übernehmen will, kann daher nicht sicher sein, dass dieser Bereich seine Wartungsaufträge behält.
Das ist Air Berlin
Die 1978 gegründete Fluggesellschaft Air Berlin ist mit dem Boom der Billigflieger groß geworden. Erfolg hatte Deutschlands zweigrößte Airline zunächst mit Flügen von Berlin nach Mallorca. 2002 nahm sie Linienflüge in europäische Städte ins Programm.
Nach einem radikalen Expansionskurs geriet das Unternehmen in eine Krise. Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - rote Zahlen. Im Jahr 2016 betrug der Verlust rund 782 Millionen Euro, der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Jahrelang hielt der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, die Airline mit Finanzspritzen in der Luft.
Im August 2017 zieht Etihad die Reißleine: Der Hauptaktionär erklärt, keine weitere finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Air Berlin stellt daraufhin beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
Damit hatte Air Berlin schon die erste Bieterfrist-Verlängerung für die Technik begründet, nun auch die zweite. „So ermöglichen wir den Bietern, sich ein genaueres Bild vom Verlauf des Vergabeverfahrens für die Air Berlin zu machen und dementsprechend ihre Angebote für die Air-Berlin-Technik zuzuschneiden“, erklärte der Firmensprecher.
Verhandlungen über den Flugbetrieb laufen bis zum 12. Oktober
Die bisher zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft mit mehr als 8000 Beschäftigten hatte Mitte August Insolvenz angemeldet. Vorerst geht der Flugbetrieb weiter, weil der Bund mit einem Kredit einsprang.
Air Berlin: Das Ringen um die Flughafen-Slots
Die Start- und Landerechte an deutschen Flughäfen, im Branchenjargon "Slots" genannt, sind das, was die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin für ihre Konkurrenten so begehrt macht. Vor allem in Berlin und Düsseldorf verfügt sie über viele attraktive dieser "Zeitnischen" für Flugzeug-Starts und Landungen, wie sie im Amtsdeutsch offiziell heißen. Doch die Slots lassen sich nicht ohne Weiteres an eine andere Airline wie die Lufthansa weiterreichen.
Geregelt ist die Vergabe der Start- und Landerechte in einer EU-Verordnung. Sie können eigentlich weder gekauft noch verkauft werden - einzige Ausnahme: der Londoner Flughafen Heathrow. In Deutschland werden die Slots für die 16 internationalen Airports von Frankfurt bis Erfurt von Flughafenkoordinator Armin Obert für jedes Jahr neu zugewiesen. Er sitzt mit seinem Team am Frankfurter Flughafen und untersteht nur dem Bundesverkehrsministerium.
Quelle: dpa
Um ihre Slots zu behalten, müssen Fluggesellschaften sie in einer Saison (Sommer und Winter) mindestens zu 80 Prozent genutzt haben. Bei einer Einstellung des Flugbetriebs droht Air Berlin die Rechte also zu verlieren. Werden sie neu verteilt, gehen 50 Prozent an Airlines, die vom jeweiligen Flughafen bereits abfliegen, der Rest an Neubewerber. Das wäre vorteilhaft für Rivalen wie Easyjet und Ryanair, die dann damit rechnen könnten, dass ihnen Slots zufielen, ohne dass sie Personal von Air Berlin übernehmen müssten.
Von einem Unternehmen auf ein anderes können Slots nur dann übertragen werden, wenn sie damit entweder innerhalb eines Konzerns bleiben (also etwa von Lufthansa auf Eurowings), wenn eine Fluggesellschaft mehrheitlich übernommen wird oder "bei vollständigen oder teilweisen Übernahmen, wenn die übertragenen Zeitnischen direkt mit dem übernommenen Luftfahrtunternehmen verbunden sind", wie es in der Verordnung heißt.
Das könnte bei Air Berlin zum Streitpunkt werden. Denn insolvente Unternehmen werden normalerweise nicht als Ganzes erworben ("share deal"), weil der Käufer dann auch die Schulden übernehmen müsste. Der Käufer erwirbt vielmehr die Bestandteile einzeln ("asset deal") und packt sie in eine neu gegründete, schuldenfreie Gesellschaft. Ob das übernommene Paket ausreicht, um die Slots zu behalten, entscheidet der Flughafenkoordinator. Bei der österreichischen Tochter Niki besteht das Problem nicht. Sie ist nicht insolvent und kann damit als Ganzes verkauft werden.
Air Berlin und die beteiligten Insolvenzexperten gehen davon aus, dass sich die Slots wirksam übertragen lassen. Vor allem mit dem Erlös daraus soll der 150-Millionen-Euro-Kredit getilgt werden, den die Bundesregierung gewährt hat, um Air Berlin in der Luft zu halten. Sie standen zuletzt mit 80 Millionen Euro in der Bilanz von Air Berlin.
Ein Sprecher von Zeitfracht kündigte für die Technik ein modifiziertes Angebot an. Ursprünglich hatte das Logistikunternehmen auch an Teilen des Flugbetriebs Interesse gezeigt. Neben der Technik will Zeitfracht den Air-Berlin-eigenen Frachtraumvermittler Leisure Cargo übernehmen.
Die Technik-Tochter der Air Berlin mit etwa 1500 Beschäftigten wartet die konzerneigenen Flugzeuge sowie Maschinen anderer Fluggesellschaften. Wichtigste Standorte sind Berlin, Düsseldorf und München.