Air Berlin Technik-Sparte geht wohl an Bietergruppe

Die Technik-Sparte der Air Berlin geht Insidern zufolge an ein Konsortium von Bietern um den Logistiker Zeitfracht und die Wartungsfirma Nayak. Man sei mit den Verhandlungen auf der Zielgeraden, heißt es.

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Aufstieg und Niedergang von Air Berlin
Kim Lundgren (l), Mitgründer und Präsident der 'Air Berlin Inc.' und Pilot, mit seinem Sohn Shane Lundgren, ebenfalls Pilot bei Air Berlin Inc. Quelle: airberlin
Joachim Hunold Quelle: airberlin
Einstieg ins Linienfluggeschäft Quelle: airberlin
Service an Bord von Air Berlin 2003 Quelle: airberlin
Niki Lauda (2009) Quelle: dpa
Airbus A 320 (2005) Quelle: airberlin
dba Air Berlin Quelle: AP

Die Verkaufsverhandlungen für die Technik-Sparte der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin stehen Insidern zufolge kurz vor dem Durchbruch. Es zeichne sich ein Zuschlag für das Bieterkonsortium um den Berliner Logistiker Zeitfracht und die Wartungsfirma Nayak ab, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag von mehreren Personen, die mit der Sache vertraut sind. "Man ist auf der Zielgeraden", sagte einer der Insider. In dem Paket gehe es auch um die Übernahme der Frachttochter Leisure Cargo. Ein Zeitfracht-Sprecher sagte dazu nur: "Die aussichtsreichen Verhandlungen sind weit fortgeschritten." Air Berlin lehnte einen Kommentar ab.

In dem getrennten Verfahren für die Techniksparte können Bieter noch bis Ende dieser Woche ihre Angebote vorlegen. Der Bereich hat rund 1200 Beschäftigte, was umgerechnet etwa 850 Vollzeitstellen entspricht. Die größten Standorte sind Berlin, Düsseldorf und München. Die Frist wurde mehrfach verlängert, damit Interessenten sich mit Käufern von anderen Unternehmensteilen der Air Berlin abstimmen und Aufträge zur Wartung von deren Flugzeugen aushandeln können. Die Insider betonten, in welchem Umfang Zeitfracht und Nayak bei der Technik zuschlagen würden, hänge davon ab, ob es zu Auftragsgarantien etwa der Lufthansa komme. Bleiben solche Zusagen aus, dürfte der Kaufpreis sinken, hieß es. Auch wenn die Verhandlungen auf der Zielgeraden seien, sagte einer der Insider: "Ich glaube das erst, wenn die Tinte trocken ist." Die Lufthansa hat bisher kein Interesse erkennen lassen, einen anderen Dienstleister als die eigene Lufthansa Technik mit der Wartung der Maschinen beauftragen zu wollen, die sie von Air Berlin übernehmen will.

Lufthansa hatte sich jüngst mit Air Berlin darauf geeinigt, mehr als die Hälfte der Flotte der insolventen Rivalin zu übernehmen. Es geht um etwa 80 der gut 130 Air-Berlin-Maschinen. Der britische Billigflieger Easyjet verhandelt derzeit noch über die Übernahme von 25 Flugzeugen in Berlin-Tegel.

Technik-Deal hat Folgen für die Transfergesellschaft

Vom Verkauf der Technik-Sparte hängt auch ab, wie groß die angepeilte Auffanglösung für Air-Berlin-Mitarbeiter, die vorerst keine neuen Jobperspektiven haben, ausfällt. Die geschäftsführende Bundesarbeitsministerin Katarina Barley erklärte, neben Air Berlin müssten auch Erwerber von Unternehmensteilen einen Beitrag leisten. "Die Lufthansa und andere Interessierte, die gute Stücke von Air Berlin übernehmen, müssen bei der Qualifizierung und Vermittlung der Air Berlin-Beschäftigten in einer Transfergesellschaft Verantwortung übernehmen." Die SPD-Ministerin begrüßte, dass sich die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen finanziell beteiligen wollten, rüffelte aber die CSU-geführte Regierung in München. "Einen vergleichbaren Einsatz würde ich mir auch von Bayern wünschen." Auch dort stünden viele Beschäftigte vor dem Verlust des Jobs.

von Rüdiger Kiani-Kreß, Sebastian Schaal

Eine Sprecherin des bayerischen Arbeits- und Sozialministeriums hatte zu einem Beitrag für eine Transfergesellschaft bereits am Mittwoch gesagt: "Die Frage stellt sich momentan nicht." Am Standort München wäre nur Air Berlin Technik betroffen, mit rund 250 Mitarbeitern. "Wir müssen erst das Bieterverfahren abwarten." Schließlich sei noch offen, wer da für wie viel biete.

Am Donnerstagnachmittag kamen Beschäftigte zum dritten Mal zu einer Jobmesse in der Air-Berlin-Zentrale, wo dieses Mal Angebote der Berliner Verwaltung auf sie warteten. „Wir suchen rund 4000 Beschäftigte im Moment“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Abgeordnetenhaus. Bei Air Berlin gebe es viel Verwaltungs- und IT-Erfahrung, die auch für sie interessant seien.

Bund hat bei Air-Berlin-Übernahme noch Wünsche

Die Bundesregierung fordert von der Lufthansa mehr Engagement für Beschäftigte und Kunden der insolventen Air Berlin. „Die Lufthansa und andere Interessierte, die gute Stücke von Air Berlin übernehmen, müssen bei der Qualifizierung und Vermittlung der Air-Berlin-Beschäftigten in einer Transfergesellschaft Verantwortung übernehmen“, sagte die kommissarische Arbeitsministerin Katarina Barley (SPD) am Donnerstag. „Wir brauchen jetzt rasch ein Bekenntnis aller Beteiligten - im Interesse der vielen Frauen und Männer bei Air Berlin, die gute Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt brauchen.“

Die Lufthansa übernimmt für voraussichtlich etwa 210 Millionen Euro 81 von 134 Flugzeugen vor Air Berlin. Zudem können 3000 Beschäftigte zum deutschen Marktführer wechseln. Appelle nach mehr Engagement wies Lufthansa zurück.

Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte am Donnerstag gefordert, dass der Konzern Air-Berlin-Kunden entgegenkommt, deren Tickets verfallen. „Es sollte im eigenen Interesse der Lufthansa liegen, sich jetzt möglichst kulant gegenüber den Kunden zu zeigen, und Air-Berlin-Tickets auf den von ihr übernommenen Strecken zu akzeptieren“, sagte Maas den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“. Dies wäre ein wichtiges Signal, um Kundenvertrauen nicht zu verlieren.

Die Chronik von Air Berlin

Ähnlich äußerte sich der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller: „Viele tausend Air-Berlin-Kunden werden von ihrem Geld nichts mehr wiedersehen. Die Lufthansa sollte sich großzügig zeigen und Air-Berlin-Kunden die Gebühren für bereits gebuchte Tickets erstatten.“

Bislang haben Air Berlin selbst, Berlin und Nordrhein-Westfalen angekündigt, sich an einer Transfergesellschaft zu beteiligen. „Einen vergleichbaren Einsatz würde ich mir auch von Bayern wünschen, wo ebenfalls viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor dem Verlust ihrer Arbeitsplätze stehen“, sagte Barley.

Lufthansa erklärte am Donnerstag, man habe mit der Übernahme von großen Teilen von Air Berlin schon viel für deren Beschäftigte beigetragen. „Lufthansa hat sich mehr als jeder andere Akteur engagiert mit der Schaffung und Übernahme von 3000 Arbeitsplätzen und Investments von 1,5 Milliarden Euro zur nachhaltigen Sicherung dieser Jobs.“

Die Air-Berlin-Insolvenz erreicht derweil auch den Ferienflieger Tuifly. 150 Stellen stehen dort nach Firmenangaben auf dem Spiel, da die Airline des Reisekonzerns Tui wegen der Rückgabe von 14 samt Besatzung vercharterten Boeing-Flugzeugen nun einen Personalüberhang hat. Air Berlin hatte bei Tuifly 14 Jets samt Besatzung gemietet. Zuerst hatte die „Neue Presse“ und die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ über den möglichen Stellenabbau berichtet.

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