Air Berlin und Etihad Der Kampf um den Code

Seite 2/2

Der Konflikt, die Bedeutung, der Kampf um die Erlaubnis, eine mögliche Lösung

Woran entzündet sich der Konflikt?

An der Formulierung des Vertrags. Die ist leider nicht ganz eindeutig. Im englischen Vertragstext heißt es Codeshare-Angebote seien erlaubt aber "limited to codeshare services only in the Federal Republic of Germany" also begrenzt auf Codeshares in Deutschland. Der Streit geht nun um das Wort „only“ für „nur“. Air Berlin und Etihad beziehen es auf die Gemeinschaftsflüge an sich. Dann dürfte Etihad vier Ziele selbst anfliegen und bei drei weiteren „nur“ ihre Flugnummer auf eine Verbindung von Air Berlin packen.

Das sehen die deutschen Behörden seit 2014 anders. Das „only“, so die Argumentation, beziehe sich auf Deutschland. Damit dürfen Air Berlin und Etihad Gemeinschaftsflüge nur innerhalb Deutschlands zu den vier zulässigen Städten anbieten. Die übrigen Codeshare-Verbindungen seien „durch das aktuelle Luftverkehrsabkommen nicht abgedeckt“.

Wie groß ist die Bedeutung der Codeshares für Air Berlin?

Sie sind wichtig und bringen Geld. Wieviel es ist, hängt davon ab, wen man fragt. Offiziell erklärt Air-Berlin-Chef Stefan Pichler die Flüge zu einer Art Überlebensfrage. Die derzeit 80 Gemeinschaftsflüge verschaffen der angeschlagenen deutschen Fluglinie einen zusätzlichen Umsatz von 140 Millionen Euro im Jahr. Davon ist ein großer Teil Gewinn. Denn die meisten Kunden, die mit Etihad-Ticket bei Air Berlin einsteigen, bringen zusätzliche Einnahmen – ohne die Kosten massiv zu steigern.

Diese Topmanager haben die härtesten Jobs
Stefan Pichler Quelle: Illustration: Bernd Schifferdecker
Lisa Davis Quelle: Illustration: Bernd Schifferdecker
Christian Sewing Quelle: Illustration: Bernd Schifferdecker
Herbert Diess Quelle: Illustration: Bernd Schifferdecker
Oliver Samwer Quelle: Illustration: Bernd Schifferdecker
Per Utnegaard Quelle: Illustration: Bernd Schifferdecker
Monika Heinold und Peter Tschentscher Quelle: Illustration: Bernd Schifferdecker

Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Laut Insidern ist der tatsächliche finanzielle Verlust ohne die umstrittenen Codeshares deutlich geringer: etwa 50 Millionen Euro. Denn der Bundesverkehrsminister will schließlich nicht alle 80 Gemeinschaftsflüge verbieten, sondern nur rund 30. Rund 50 Flüge dürften die Partner weiter betreiben. Zudem wäre das Aus für manche Verbindungen nicht direkt ein echter Verlust. Denn darunter sind laut Insidern viele, mit denen die Linie trotz der Etihad-Passagiere draufzahlt.

Warum kämpft Air Berlin dann trotzdem so verbissen um die Erlaubnis?

Für Air Berlin geht es auch darum, Etihad bei Laune zu halten. Die arabische Fluggesellschaft hält 29,2 Prozent der Anteile an der deutschen Linie – und sichert zuletzt mit mehreren Finanzspritzen ihr Überleben.

Die Beteiligungen von Etihad

Dazu übernimmt Etihad für Air Berlin einen Teil der Aufgaben wie das Management des Vielfliegerprogramms und Wartungsarbeiten – dem Vernehmen nach zu einem sehr günstigen Preis, sodass Air Berlin hier möglicherweise Geld spart. Die Funktion als europäischer Zubringer und Streckenerweiterer ist einer der Hauptgründe, warum die deutsche Krisen-Linie für Etihad interessant ist. Büßt Air Berlin diesen Status ein – sieht die Zukunft deutlich düsterer aus.

Warum ist eine Lösung im Codeshare-Konflikt so schwer?

Am einfachsten wäre es, wenn sich die Vereinigten Arabischen Emirate und Deutschland auf ein neues Verkehrsrechtsabkommen einigen. Doch die Verhandlungen stocken seit Monaten. Das liegt aus Sicht der Deutschen vor allem an den Emiratis.
Die halten es laut Insidern für unnötig, etwas zu verändern. Für Etihad-Chef-Jurist Jim Callaghan, zeigen „die Bestimmungen des bilateralen Abkommens klar und eindeutig“, dass die Kooperation mit Air Berlin legal ist.

Seine Chefs, inklusive Konzernlenker James Hogan, berufen sich zudem darauf, ihnen habe die Bundesregierung signalisiert, die Beziehung zu Air Berlin nicht anzutasten. Immerhin sind die Emirate ein wichtiger Abnehmer deutscher Industriegütern oder Waffen, wichtige Aktionäre heimischer Firmen und natürlich Partner im Kampf gegen die Terrormiliz IS.
Dazu sind sich die einzelnen Staaten der VAE untereinander nicht einig. Ziel aller Verhandlungen müsste eigentlich eine weitgehende Freigabe des Flugverkehrs zwischen Deutschland und den Golfstaaten sein. Doch das wäre gegen die Interessen
von Etihad. Denn dann dürfte nicht nur auch Etihad über seinen Partner Air Berlin, sondern auch Erzrivale Emirates aus Dubai nach Berlin und Stuttgart fliegen. Das würde die Codeshare-Flüge von Air Berlin und Etihad unrentabler machen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%