„Wir wollen Reisen das Magische wiedergeben“, proklamiert Airbnb-Chef und Mitgründer Brian Chesky, als er an einem Donnerstagvormittag im November vor einer riesigen Leinwand mit Firmenlogo über die Bühne des Orpheum-Theaters in Los Angeles in eng anliegenden schwarzen Jeans und T-Shirt schreitet und feierlich seine Wachstums-Blaupause enthüllt. Vor ihm sitzen rund 2000 der insgesamt 7500 Teilnehmer seiner jährlichen Hausmesse, mehr fasst das Theater nicht. Die meisten sind Vermieter, einige von ihnen sogar aus Indien oder Australien angereist
Für sie ist der 35-Jährige die Personifizierung des amerikanischen Traums. Nur dass es nicht ums Tellerwaschen und eine schlichte Million Dollar geht, sondern um eine Start-up-Idee mit einer weltweiten Bewegung und ein Milliardenvermögen. Das von Chesky wird vom US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ auf rund 3,3 Milliarden Dollar geschätzt.
Noch vor zehn Jahren war der Airbnb-Chef mittellos, arbeitete bei einem Produktentwicklungsunternehmen in Los Angeles. Den Job hatte er nach einer Ausbildung als Designer an der Rhode Island School of Design als Start ins Berufsleben angenommen und weil er Krankenversicherung offerierte, „was meine Mutter beruhigte“. Doch sein Studienfreund Joe Gebbia drängte ihn, gemeinsam nach San Francisco zu ziehen und dort ihr Glück im Silicon Valley zu versuchen. Eine Idee würde sich schon finden.
So sieht der deutsche Start-up-Markt aus
Startups sind per Definition des Deutschen Start-up-Monitors (DSM) jünger als zehn Jahre und zeichnen sich durch "ein signifikantes Mitarbeiter- und/oder Umsatzwachstum" aus. Wer einen Kiosk eröffnet, hat demnach kein Start-up gegründet, sondern eine sogenannte Existenzgründung. Und wer ein Schuhgeschäft mit drei Angestellten aufmacht, betreibt ein kleines, mittelständisches Unternehmen (KMU) und kein Start-up.
Quelle: Deutscher Start-up-Monitor vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. (BVDS) und KPMG in Deutschland
Das dritte Kriterium, woran man ein Start-up erkennt: die Gründer sind mit ihrer Technologie und/oder ihrem Geschäftsmodell (hoch) innovativ. "Gründerinnen und Gründer sind voller Ideen und voller Begeisterung. Sie entwickeln aus Problemlösungen Geschäftsmodelle. Gründungen sind Lebenselixier für unsere Wirtschaft und Motor des strukturellen Wandels. Denn kreative Ideen und innovative Geschäftsmodelle modernisieren unsere Wirtschaftsstruktur, erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit und schaffen neue Arbeitsplätze", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in seinem Grußwort zum aktuellen DSM.
Die meisten Start-ups finden sich in der Rhein-Ruhr-Region, in und um München, in der Region Karlsruhe/Stauttgart, im Raum Hamburg, in und um Frankfurt am Main - und natürlich in Berlin: Auf 1.000 erwerbsfähige Berliner kommen 26 Gründer - so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland.
Laut dem European Startup Monitor arbeiten inklusive der Gründer 12,9 Menschen in einem durchschnittlichen europäischen Startup. In Deutschland ist die Zahl der Mitarbeiter überdurchschnittlich hoch: Hier sollen Startups im Schnitt über 15 Mitarbeiter verfügen – ohne die Gründer mitzurechnen.
Knapp zehn Prozent der Gründerinnen und Gründer von Startups und 22 Prozent der Beschäftigten in Startups kommen aus dem Ausland. Rund 13 Prozent der Gründer in Deutschland sind Frauen.
Im Sommer 2007 gab Chesky nach und siedelte mit nur 1000 Dollar Ersparnissen nach San Francisco über. „Bei meiner Ankunft erfuhr ich, das allein mein Mietanteil 1200 Dollar betrug.“
Da gerade eine Designkonferenz in San Francisco lief, entschieden die beiden Freunde, Luftmatratzen in ihrem Apartment auszulegen und zum Aufbessern ihres Budgets an Konferenzgäste zu vermieten. Das lief besser als erwartet. Die Idee für ein Start-up war geboren. Und weil die beiden Designer nicht programmieren konnten, holten sie den an der Harvard-Universität ausgebildeten Entwickler Nathan Blecharczyk, einen ehemaligen Mitbewohner von Gebbia, mit hinzu.
Doch das Vorhaben floppte. Investoren winkten reihenweise ab. Im November 2008 hatten die Gründer Zehntausende Dollar Kreditkartenschulden und standen vor dem finanziellen Aus. Das Glück wendete sich, als das Trio im Januar 2009 bei dem berühmten Silicon-Valley-Start-up-Brutkasten Y Combinator akzeptiert wurde. Mit dessen Reputation im Rücken sammelten sie drei Monate später 600 000 Dollar vom Wagnisfinanzierer Sequoia Capital ein, der schon Google mit Wachstumskapital ausgestattet hatte.
Das Öffnen der Plattform für ganze Apartments und nicht nur Schlafgelegenheiten und deren bessere Präsentation durch aussagekräftige Fotos und Feedback von Gästen brachte den Durchbruch. Im Februar 2011 – zwei Jahre nach dem Neustart im Brutkasten – vermeldete Airbnb eine Million Buchungen.
Seitdem boomt das Start-up. 140 Millionen Gäste haben Airbnb seit Start genutzt, davon 70 Millionen in den vergangenen zwölf Monaten. 80 Prozent der Angebote liegen außerhalb der USA, mit Paris als unangefochtenem Spitzenreiter. Rund vier Milliarden Dollar Wachstumskapital haben Chesky und seine Mitstreiter eingesammelt, zuletzt im September 555 Millionen Dollar von Facebook und Expedia-Finanzierer TCV sowie Alphabet, dem Mutterkonzern von Google.