Airbus Hauptversammlung Major Toms Lektionen

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Airbus: Diese Fallstricke gilt es zu vermeiden

Lektion 3: Das Rüstungsgeschäft stärken

Auch wenn Tom Enders seinen Werdegang bei der Bundeswehr begann und im Airbus-Militärgeschäft fortsetzte, zur Rüstungssparte hatte er immer eine pragmatische Einstellung. Zuerst kürzte er den Bereich und verkaufte weite Teile, weil höhere Verteidigungsausgaben in Europa nicht in Sicht waren. Nachdem in Deutschland und Frankreich im vorigen Jahr ein gemeinsames Luftkampfsystem mit neuen Jets, Drohnen und Satelliten im Wert von gut 100 Milliarden Euro anstießen, gab er wieder Gas.

Hier wird Faury sicher am Ball bleiben. Denn das neue Hoch bei den Verteidigungseinnahmen wirft nicht nur mehr Geld ab. Die Fortschritte aus der Forschung in Bereichen wie autonomes Fliegen werden wie bei Boeing auch das Airbus-Zivilgeschäft voranbringen. Dazu bedeutet mehr Rüstungsgeschäft auch mehr Rückhalt in den europäischen Heimatländern – ohne der Politik zu viel direkten Einfluss zu geben.

Neue Ära: Mit der heutigen Hauptversammlung endet die Amtszeit von Airbus-Vorstandschef Tom Enders (rechts). Enders übergibt den Chefposten an seinen Nachfolger, Guillaume Faury. Quelle: REUTERS

Warnung 1: Um die Kleinigkeiten kümmern

Eine effizientere Konzernstruktur, Ringen mit der Politik oder den Staatsanwälten rund um die laufenden Bestechungsverfahren: Angesichts seiner vielen Baustellen hatte Enders zu viele strategische Fragen auf dem Teller, um sich um alle Details im Konzern zu kümmern. Dazu schraubte er zwei Jahre lang mit dem Verwaltungsrat an einem Komplettumbau des Vorstands. „In einem Unternehmen wie unserem ist man eigentlich nie am Ufern, sondern immer mitten im Fluss“, so Enders.

Faury muss die Rolle eines Strategen deutlich erweitern. „Das Tempo der technologischen und ökonomischen Entwicklung hat gewaltig zugelegt“, resümiert Enders seine Schlussphase als Chef. Soll auch heißen: Sein Nachfolger muss mehr in die Mühe der Ebene. Das ist umso nötiger als mit dem neuen Finanzchef Dominik Asam und dem Produktionsvorstand Michael Schöllhorn zwei zentrale Führungskollegen branchenfremd sind. Sie werden sich erst in die verzwickten Details des Flugzeugbaus einarbeiten müssen.

Warnung 2: Mehr Geld in neue Zivilflugzeuge stecken

Bei allen Neuerungen im Geschäftsmodell hielt sich Enders beim Start neuer Verkehrsflugzeuge extrem zurück. Neu war unter seiner Führung nur die Langstreckenmaschine A350. Beim A320neo und beim A330neo verpasste Airbus etablierten Modellen lediglich neue Motoren. Das war in Enders Zeit auch angemessen. Die teuren Verzögerungen beim A380, beim A350 und beim Militärtransporter A400M kosteten Milliarden und belasteten die Bilanz.

„Es ist jetzt die Zeit zu ernten“, so Enders. Daran will Faury wenig ändern. „Unsere Priorität ist die Verbesserung bestehender Programme“, sagt er.

Doch Faury sollte sich von seinem Vorgänger lösen. Schon jetzt hat Boeing mit der vergleichsweise jungen und neu motorisierten 777X einen weiteren Bestseller, dem die Europäer wenig entgegensetzen können. „Wenn Boeing jetzt noch ein neues Mittelstreckenflugzeug bringt, könnte auch die Cashcow A320 unter Druck geraten“, sagt Richard Aboulafia von der US-Denkfabrik Teal Group.

Auch im Rüstungsbereich ist die Entwicklungspipeline leer: Es fehlen etwa Nachfolger für den Kampfjet Eurofighter und die Hubschrauber Tiger und NH-90.

Warnung 3: Um die Politiker kümmern

Trotz seines politikwissenschaftlichen Hintergrunds tat sich Enders mit den meisten Politikern schwer. Das lag nicht nur daran, dass er sich als Airbus-Chef permanenter Einflussnahmen erwehren musste. So zerschoss ihm die Bundesregierung den Plan mit der britischen BAE einen europäischen Champion der Luftfahrt zu schaffen, der Boeing ebenbürtig ist. Zudem taten Berlin sowie die französische Regierung zu wenig, als ihn Intrigen vor rund zwei Jahren eine Verlängerung seiner Amtszeit kosteten.

Also kokettierte Enders damit, besonders staatsfern sowie begrenzt diplomatisch zu sein. Er ließ sich außerdem vergleichsweise selten in den Hauptstädten seiner Heimatländer sehen. Erst als der Brexit bereits beschlossene Sache war, ging Enders so richtig in die Offensive.

Das dürfte Faury ändern. „Ein Konzernchef muss sich heute weit mehr politisch zeigen und den Kontakt zu den Regierungen halten“, so ein Insider des Berliner Politikbetriebs.

Den Anfang hat Faury bereits gemacht. Seit dem vergangenen Sommer hatte er bereits fast 40 Termine in der deutschen Hauptstadt. „Doch da muss er wie Siemens und Mercedes am Ball bleiben, sonst wird Airbus trotz seiner vielen Heimatländer eher als staatenlos gelten“, so der Politikinsider.

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