Airbus und Boeing Sorge um die Riesenjets

Den Titel des weltgrößten Flugzeugbauers trägt 2015 erneut der US-Konzern Boeing. Konkurrent Airbus rüstet zwar kräftig auf. Doch bis das Rennen anders ausgeht, dürfte es noch einige Jahre dauern.

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Eine Boeing 737 MAX in einer Montagehalle in den USA. Quelle: REUTERS

Der Luftverkehr wächst in der ganzen Welt und die Flugzeughersteller kommen mit dem Bau neuer Jets kaum hinterher. Vor allem beim europäischen Airbus-Konzern wächst der unerledigte Auftragsberg dank der viel gefragten Mittelstreckenjets in bisher unerreichte Höhen, bei der Fertigung behielt der US-Rivale Boeing die Nase 2015 erneut deutlich vorn. Schlecht sieht es derweil für die Riesenflieger aus: Boeings Jumbo-Jet 747-8 und der doppelstöckige Airbus A380 machen kaum noch eine Airline heiß.

Wenn Airbus' Verkehrsflugzeug-Chef Fabrice Brégier am Dienstag (12. Januar) die Auftrags- und Auslieferungszahlen des vergangenen Jahres vorstellt, geht es wie immer um das Kräftemessen mit dem Rivalen aus den USA.

Für Boeing sind die Zahlen schon bekannt: 762 neue Jets haben die Amerikaner 2015 an ihre Kunden ausgeliefert. Unterdessen gingen ähnlich viele Aufträge ein - nämlich für 768 neue Maschinen, Stornierungen herausgerechnet. Airbus soll laut Insidern 635 Flugzeuge ausgeliefert haben. Das sind zwar sechs mehr als im Vorjahr, aber 127 weniger als bei Boeing. Mit 1007 Netto-Bestellungen lagen die Europäer hingegen schon Ende November weit vor den Amerikanern.

Die großen Triebwerkshersteller

Der Auftragsberg ist vor allem für die Europäer auch ein Problem. Weil die Produktion nicht hinterherkommt, müssen Fluggesellschaften auf frisch georderte Maschinen immer länger warten. Ende November beliefen sich die Bestellungen bei Airbus auf 6837 Flugzeuge. Den Berg abzuarbeiten, würde rein rechnerisch zehn Jahre dauern. Solange die Produktionszahlen nicht mithalten, wird der Stapel immer größer.

Dabei verteilt sich die Nachfrage höchst ungleich auf die verschiedenen Flugzeugmodelle. Der neue Großraumflieger A350 ist gut gefragt, doch die Produktion läuft nur langsam hoch. Und von den kleineren Mittelstreckenjets der A320-Familie und der spritsparenden Neuauflage A320neo ordern Fluglinien oft hundert und mehr Flieger auf einen Schlag. Airbus baut deshalb in Hamburg eine neue Fertigungslinie. Weil auch die Zulieferer aufrüsten müssen, sollen erst ab Mitte 2019 jährlich rund 720 Mittelstreckenjets die Werke in Hamburg, Toulouse, Tianjin (China) und Mobile (USA) verlassen, rund 200 mehr als bislang.

Bei den größten Maschinen Leidensgenossen

Auch deshalb war die im Dezember geplatzte Auslieferung der ersten A320neo ein herber Rückschlag. Nachdem die vorgesehene Erstkundin Qatar Airways an dem Flieger herummäkelte und sich die Lufthansa als erste Abnehmerin in Szene gesetzt hatte, verschob der Hersteller die Erstauslieferung kurz vor Silvester überraschend um einige Wochen - Termin offen.

Dabei hatte Airbus mit der „Neo“ als erster die Zeichen der Zeit erkannt. Boeing verordnete seinem Konkurrenzmodell 737 erst eine spritsparende Frischzellenkur mit neuen Triebwerken und verbesserter Aerodynamik, nachdem Fluggesellschaften reihenweise die A320neo und deren Schwestermodelle A319neo und A321neo geordert hatten.

Das sind die teuersten Flugzeuge der Welt
Die 737 ist Boeings Verkaufsschlager. Besonders die spritsparende Max-Variante des Mittelstreckenjets findet reißenden Absatz. In der größten Version, 737-Max 9, ist das Flugzeug laut Liste für 113,3 Millionen Dollar zu haben. Die günstigste Version der Baureihe ist die 737-700, die 78,3 Millionen Dollar kostet.Die Listenpreise der Hersteller bieten nur einen Rahmen. Mit den Endpreisen stimmen sie in der Regel nicht überein. Die Hersteller gewähren hier in der Regel deutliche Preisnachlässe.Hinweis: Airbus-Preisliste für das Jahr 2015, Boeing für 2014. Quelle: dpa
Spritsparen ist das Gebot der Branche. Was bei Boeing die Max-Variante, ist bei Airbus „Neo“. Auch das größte Modell der A320-Familie, die A321, wird in der Neo-Variante angeboten. Listenpreis: 124,4 Millionen Dollar. Hier im Bild die A320neo, sie kostet 106,2 Millionen Dollar. Die kleinere A318 bietet Airbus bereits für 74,3 Millionen Dollar an. Quelle: Reuters
191,5 Millionen Dollar muss berappen, wer sich eine 767 von Boeing in den Hangar stellen will. Die Goldenen Zeiten hat das Flugzeug allerdings hinter sich, es wird kaum noch bestellt. Quelle: dapd
Der neue Airbus A330neo wurde erst im Sommer 2014 vorgestellt. In der größeren Version A330-900neo kostet der Flieger 284,6 Millionen Dollar. Die Maschine löst die A330-300 ab, die gut 30 Millionen Dollar günstiger war. Quelle: PR
Boeings neue Großvariante des 787-Dreamliner ist gleich knapp 80 Millionen Dollar teurer als die 787-8. Mit einem Listenpreis von 297,5 Millionen Dollar ist das Flugzeug auch eins der teuersten der Welt. Ab 2018 soll es erstmals an eine Airline ausgeliefert werden. Quelle: PR
Die „Triple Seven“ ist ein gefragtes Modell. Das Flugzeug punktet mit seiner großen Reichweite. Der Preis beträgt laut Liste 330 Millionen Dollar. Bald ist die 777 auch als spritsparende Variante erhältlich. Quelle: dpa
Wir nähern uns den Top drei: Erst seit Anfang 2015 ist der neue Airbus A350 im Dienst. Die große Version des Langstreckenjets A350-1000 (im Bild unten) ist für 351,9 Millionen Dollar zu haben. Die A350-900 (oben) kostet laut Liste 304,8 Millionen. Insgesamt hat Airbus die durchschnittlichen Listenpreise seiner Flugzeuge von 2014 auf 2015 um 3,27 Prozent erhöht. Quelle: PR

Bei ihren größten Maschinen blieben die Hersteller 2015 hingegen Leidensgenossen. Boeing sammelte für seinen Jumbo-Jet 747-8 netto zwei Aufträge ein, und dies nur dank der Frachtversion. Airbus ging bei der A380 nach bisherigem Stand leer aus.

Insidern zufolge soll immerhin die japanische All Nippon Airways (ANA) drei A380 abnehmen, doch selbst das wäre für Airbus nur ein Trostpflaster. Denn ANA ist bei der insolventen Fluglinie Skymark eingestiegen, die sechs A380 bestellt hatte. Laut der japanischen Zeitung „Nikkei“ ist der ANA-Airbus-Deal ein Kompromiss mit Airbus, um einer Vertragsstrafe aus der stornierten Skymark-Bestellung zu entgehen.

Noch im Sommer hatte sich Airbus-Verkaufschef John Leahy für 2015 Aufträge für 25 Exemplare des Riesenfliegers zum Ziel gesetzt. Wenn sich der Vorstand für seine Jahresbilanz keine Überraschung aufgehoben hat, drohen Airbus bei der A380 weiterhin die Bestellungen auszugehen.

Großkunde Emirates, der 140 Exemplare geordert und rund die Hälfte davon bereits in Betrieb hat, dringt auf eine Neuauflage als A380neo, die deutlich weniger Sprit verbraucht. Doch der Hersteller ziert sich wegen der hohen Entwicklungskosten. Eine zunächst für Ende 2015 anvisierte Entscheidung hat Airbus-Konzernchef Tom Enders ins neue Jahr verschoben.

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