Staatshilfe Endlich eine Einigung bei der Lufthansa: Spohrs kleiner Sieg

Lufthansa-Chef Carsten Spohr will den staatlichen Einfluss auf die Airline so gering wie möglich halten. Quelle: imago images

Nun gibt es doch eine Einigung zwischen Lufthansa und Bundesregierung. Wie gut die Airline mit der Einigung leben kann, zeigt sich bei den Feinheiten – und Konzernchef Carsten Spohr.

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Wer Kenner der Luftfahrtbranche in den vergangenen zwei Wochen langweilen wollte, musste nur einen Satz sagen: Die Bundesregierung und die Lufthansa stehen kurz vor einer Übereinkunft über Staatshilfen. Denn Meldungen über diese Einigung gab es mindestens ein Dutzend Mal seit Europas größte Airline im März erstmals durchblicken ließ, dass es ohne öffentliches Geld spätestens ab Juli bedrohlich knapp wird.

Nun endlich ist es offenbar endlich so weit. Wie die Deutsche-Presse-Agentur berichtet, haben sich Bundesregierung und Lufthansa-Management nun endgültig auf die Grundzüge eines Rettungspakets durch den staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) geeinigt. Dabei gab es wohl keine Überraschungen. Wie erwartet, soll die Linie in mindestens zwei Teilen rund neun Milliarden Euro erhalten und der Bund zunächst nur 20 Prozent der Aktien sowie zwei Aufsichtsratsmandaten übernehmen.

Die Einigung war seit Mittwoch erwartet worden, als Bundeskanzlerin Angela Merkel von einer baldigen Einigung sprach und später die Lufthansa erstmal fortgeschrittene Gespräche sowie die erwarteten Details bestätigte. Manche Medien sahen gar bereits einen Regierungsboten im Flugzeug nach Frankfurt. Eine Bestätigung durch den Lufthansa-Aufsichtsrat am Freitag erschien als reine Formsache. Denn angesichts der angespannten Finanzen konnte die Linie kaum anders zustimmen.

Doch als ob es in der Sache nicht schon genug Drama gegeben hätte, drohte die Einigung noch gleich zweimal zu scheitern.

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Am Wochenende hatte offenbar die EU-Kommission wegen der relativ geringen Auflagen Bedenken. Davor ging es um die einzige Art von Bedingung, die für Konzernchef Carsten Spohr unannehmbar war: Vorschriften für das operative Geschäft. Die Regierung hatte offenbar darauf gedrängt, dass Lufthansa in den kommenden Jahren alle bestellten Airbus-Flugzeuge im Wert von fünf Milliarden Euro auch abnehmen sollte, auch wenn sie bis zu 20 Prozent weniger Verkehr erwartet. Das sollte helfen, die Jobs besonders im Hamburger Werk des angeschlagenen Jet-Herstellers zu sichern. Doch trotz aller Not lehnte Lufthansa offenbar ab. „Dann wäre das Hilfsgeld schon wieder fest verplant gewesen für Dinge, die uns nicht stärken“, so ein Insider. Denn von den Hilfen dürfen bereits gut anderthalb Milliarden Euro in die Rückerstattung bereits bezahlter Tickets fließen. „Und dann wären die gut neun Milliarden Euro auf gut zwei Milliarden geschmolzen und Lufthansa hätte bei einer schärfer als erwarteten Rezession etwa durch eine starke zweite Welle beim Coronavirus gleich wieder Geld gebraucht“, so der Insider.

Das scheint jetzt alles gelöst. Dem Vernehmen nach beraten nun bis morgen noch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, die EU-Kommission und der Lufthansa-Aufsichtsrat über das Paket. „Wir erwarten keine Verzögerungen“, so ein Lufthansa-Insider, „aber beim bisherigen Verlauf kann immer noch was sein.“ Dann muss die Lufthansa noch eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen, die für die geplanten Kapitalmaßnahmen bei einem Staatseinstieg notwendig wäre. Die soll digital binnen vier Wochen stattfinden.

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Sollte das Angebot so kommen, wäre es ein Sieg für Spohr. Denn er bekommt das nötige Geld zu einem großen Teil als Einlage ohne hohe Kosten – statt auf Kredit mit hohen Zinsen, die dem Unternehmen pro Jahr bis zu einer Milliarde Euro Zusatzkosten aufgebürdet hätten. Zudem erwarten Insider, dass die von der Bundesregierung entsandten Vertreter keine Politiker sind, sondern Interessenvertreter. Als Vorbild gilt die Regelung beim Luftfahrtkonzern Airbus, wo die Bundesregierung den Einfluss aus ihren knapp elf Prozent Aktienanteil von Managern wie dem ehemaligen Telekom-Chef Rene Obermann vertreten lässt. Das dürfte Spohr und sein Führungsteam beruhigen. Bei Politikern im Aufsichtsrat befürchten sie reihenweise gefährliche Vorgaben wie zuletzt beim Wunsch, alle bestellten Airbusjets zu übernehmen. Solche Wünsche an Investitionen, Flugpläne oder den Verzicht auf Entlassungen in Krisen hatten Anfang der neunziger Jahre als Lufthansa ein reines Staatsunternehmen fast in die Pleite geführt.

Doch die beschriebene Lösung ist am Ende nur ein eher kleiner Sieg für Spohr. Denn auch wenn er mit seiner fast trotzigen Weigerung an der Grenze des Nachvollziehbaren das schlimmste verhindert hat. Er wird einige Änderungen zu seiner heutigen Machtstellung hinnehmen müssen. Denn klar ist: Ihm werden die Politiker in die Steuerung greifen wie nie zuvor seit dem endgültigen Ausstieg des Bundes in 1997.
Wie sehr, das hängt nun von zwei Dingen ab.

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