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Airline im Wandel Lufthansa will Fünf-Sterne Service bieten

Mit Milliardeninvestitionen will der neue Lufthansa-Chef Carsten Spohr dem Konzern den besten Service aller westlichen Airlines verpassen. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Es gibt einiges zu tun.

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Lufthansas neue Premium Economy Class
Es wird hochgerüstetLufthansa will von November 2014 an seine gesamte Langstreckenflotte mit der neuen Premium Economy Class ausstatten. Angepeilt werden 3600 neue sitze bis Sommer 2015 auf den 100 Langstreckenmaschinen. Damit sollen pro Jahr bis zu 1,5 Millionen Passagiere von dem besseren Komfort profitieren können.
Kein unbedingt neues KonzeptDie Zielgruppe der neuen Klasse ist zwischen der Business Class und der normalen Economy Class angesiedelt. Mit der Umstellung ist Lufthansa aber nicht die erste Airline, die diesen Schritt macht. Auch andere Anbieter, wie Air France und British Airways haben eine Premium Economy Class im Angebot. Einen Standard, welche Dienstleistungen genau angeboten werden müssen, gibt es aber nicht.
Mehr Komfort und ServiceDie neue Reiseklasse bietet den Passagieren mehr Freiraum in vielerlei Hinsicht. Der Sitzabstand ist größer, die Sitze breiter und die Lehnen können fast fünf Grad weiter geneigt werden. Insgesamt sollen den Gästen somit bis zu 50 Prozent mehr Platz geschaffen werden. Des weiteren kann mehr Gepäck mitgenommen, zwei Stücke à 23 Kilo.
Mediales AngebotZwischen fünf bis sieben Zentimeter größere Bildschirme und eine Steckdose für jeden Sitzplatz werden montiert sein.
Weitere Vorteile der Premium Economy Class mögen für die meisten zwar keine Entscheidungsmacher, aber für den ein oder die andere doch von Wert sein. So kann sich für zusätzliche 25 Euro der Eintritt in die meisten der Lufthansa Business Lounges erkauft werden. Auch wird jeder Sitz mit einer Wasserflasche ausgestattet sein und im Gegensatz zur normalen Economy Class wird hier das Essen auf Porzellangeschirr serviert. Preislich soll sich die neue Premium Economy Class im Durchschnitt näher an normalen Economy Class orientieren als an der Business Class.

„Jetzt du, Markus“, sagt die Dame im braunen Blazer und geht auf die grob gebastelten Collagen an der Wand des Schulungsraums zu. Sie zeigt auf eine rote Pappe mit der Parole „Let’s Reach For The Stars“. Unter groben Lettern reckt sich eine stilisierte Hand nach fünf ebenso grob geschnittenen fünfzackigen Sternen. „Erzähl uns über dein Bild“, ermuntert die Dame den sportlichen Enddreißiger in der Strickjacke. „Ja“, beginnt der, und nachdem er um Worte gerungen hat, platzt er selig lächelnd heraus „Es zeigt: Wir wollen wirklich die fünf Sterne als Symbol der besten Leistung für unsere Gäste erreichen.“

Der Kurs im idyllisch gelegenen Lufthansa-Schulungs-Center Seeheim am Nordrand des Odenwalds erinnert an eine Weiterbildung für Hotelmitarbeiter oder Privatschulen. Tatsächlich übt hier gut ein Dutzend leitende Flugbegleiter der Lufthansa (LH) im „Service & Hospitality Seminar“, wie sie mithilfe von Inspiration und Übungen den Service bei Europas größter Fluglinie verbessern können.

Das auf den ersten Blick etwas vage Sterne-Symbol bedeutet den größten Kulturwandel in der gut 70-jährigen Geschichte des Unternehmens: weg vom ingenieurgetriebenen Flugzeugbetreiber, hin zum kundenorientierten Wunscherfüller mit Herz. Denn „5 Stars“ ist die Höchstnote in Sachen Service, vergeben wird das Siegel vom wichtigsten Qualitätsprüfer der Flugbranche: Skytrax aus Großbritannien. Ihre Juroren durchleuchten in wochenlangen Blindtests den kompletten Service nach 800 Kriterien. Wenn alles stimmt, gibt es die Höchstnote – sowohl für einzelne Teile wie die Businessclass, aber auch für die ganze Fluglinie.

Was die Lufthansa beim Service verbessern will

Geschafft haben dies bislang nur sieben Airlines aus Asien wie Qatar Airways oder Singapore Airlines, die damit auch reichlich Werbung machen. Nun will ausgerechnet die bei Kunden und Konkurrenten eher für kühle Effizienz denn für Genuss und Herzlichkeit bekannte Kranich-Linie im kommenden Jahr das begehrte Siegel schaffen. „Die erste westliche Fluggesellschaft mit der höchsten Skytrax-Auszeichnung“, umreißt der Vater der Idee das Ziel: der künftige Konzernchef Carsten Spohr. „Wir wollen unseren Platz unter den besten Premium-Carriern der Welt sichern.“

Dafür will der 47-Jährige alle Bereiche eines Lufthansa-Flugs top gestalten: weniger Verspätungen, bessere Technik von der Web-Seite bis zu den Sesseln der neuen Premium Economyclass und dazu Personal, das Kunden mit Einfühlungsvermögen Aha-Erlebnisse an Bord und am Boden beschert. Doch trotz Milliardeninvestitionen ist der Erfolg ungewiss, weil nicht alle Neuerungen glattgelaufen sind und auch fast alle Wettbewerber den Service verbessern.

Carsten Spohr: Pilot und Lufthansa-Kenner

Spohrs Wohlfühl-Offensive hat nichts mit der in Airline-Kreisen allgegenwärtigen Lust am Geldausgeben zu tun, wie Lufthansa-Finanzchefin Simone Menne ihrem künftigen Chef voriges Jahr mal scherzhaft auf einem Vorstands-Grillabend unterstellte. Sie entspringt kühlem Kalkül.

Konkurrenz fliegt billiger

Trotz einer endlosen Kette von Sparprogrammen fliegt Lufthansa zu teuer. Sie gibt sechs Cent aus, um einen Passagier einen Kilometer weit zu fliegen, so eine Studie der Beratung A.T. Kearney. Flugdiscounter Easyjet kommt mit knapp vier, Langstreckenrivale Emirates sogar mit gut drei Cent aus. Bislang konnte Lufthansa das über höhere Preise wettmachen. „Wegen unseres Vielfliegerprogramms oder der kürzeren Reisezeiten in unserem dichten Flugnetz haben die Kunden das akzeptiert – trotz Service-Zumutungen vom oft etwas herrischen Personal bis zum Verzicht auf anderswo übliche Dinge wie flache Betten in der Businessclass“, beschreibt ein Lufthanseat die Einstellung von Spohrs Vorgängern. Doch die Zeiten sind vorbei. Inzwischen bucht die Kundschaft immer öfter Billigflieger und Golflinien, weil sie mit denen selten langsamer, aber fast immer billiger und bequemer reist.

Darum verordnete Spohr mehr Kundendienst und die Losung: „Wir müssen beim Service aus Sicht unserer Kunden zumindest so viel besser sein, wie wir wegen unserer höheren Kosten teurer sein müssen.“

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