Alba-Chef Axel Schweitzer „China holt auf“

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"Deponieren ist nur auf kurze Sicht günstig"

Wenn es nach der EU geht, soll das Deponieren von Abfällen bis 2035 verboten werden. Künftig müssen also auch Griechen und Portugiesen wiederverwerten und verbrennen. Das müsste bei Ihnen ja Jubelstürme auslösen.

Erst mal ist es ein Umwelteffekt. Das Deponieverbot in Deutschland 2005 hat als größter Einzeleffekt auf die Reduktion von Treibhausgasen eingezahlt, nicht Kraftstoffverbrauch oder Autos. Durch das Deponieverbot wurde etwa ein Fünftel der Emissionen eingespart. Wenn das bald ganz Europa macht, ist das eine gute Nachricht, die Deponierungsrate liegt europaweit ja bei gut 40 Prozent. Da könnte man also eine gigantische Menge sparen. Zudem: Recyceln spart auch Geld, weil sie keine Folgekosten haben. Deponieren ist nur auf kurze Sicht günstig. Aber meistens handelt es sich um eine tickende Zeitbombe. Denn an die Nachsorge einer solchen „billigen“ Deponie denkt kaum jemand.

Warum macht es dann – außer Deutschland – kaum ein anderes Land so konsequent?

Deutschland als einwohner- und wirtschaftlich stärkstes Land in Europa hatte früher als andere Länder die Herausforderung wachsender Abfallberge zu meistern. Zudem verfügen wir kaum über natürliche Rohstoffe. Dies gepaart mit deutscher Ingenieurkunst hat zu weltweit führenden Recyclingtechnologien geführt. Zunehmend hat dann auch die Industrie den Vorteil des Einsatzes von Sekundärrohstoffen schätzen gelernt. Auch in Süd- und vor allem in Osteuropa wird sich der Markt entwickeln. Wer will heute noch eine Deponie in seiner Nachbarschaft?

Dann kommt mit ihrem neuen chinesischen Partner also bald die große Europa-Expansion?

Bitte nicht übertreiben. Wir stürzen uns nicht in Abenteuer. In Polen etwa sind wir schon seit Mitte der 90er Jahre, das Geschäft habe ich damals selbst aufgebaut. Dort hat man sich ambitionierte Ziele gesetzt, was etwa die Kreisläufe von Wertstoffen angeht. Auch andere Länder in Osteuropa sind für uns interessant. Da gibt es verlässliche Regeln, große Volkswirtschaften und vor allem die Bereitschaft, Umwelt einen entsprechenden Wert beizumessen.

Und Südeuropa?

EU-weit fehlt es bisher noch an den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Wir brauchen jetzt den politischen Willen, der auch ambitionierte Ziele festschreibt. Das ist die Besonderheit dieser Branche: Wenn sie es nicht regeln, dann passiert nichts. Der Markt existiert ja nicht aus sich heraus. Abfall bekommt erst dadurch einen Preis, dass wir dafür bezahlen müssen, gekaufte Produkte – oder deren Verpackungen – auch wieder loszuwerden. Die Technologien sind da. Am Ende ist die Frage: Wie schnell kommt die deutsche Entwicklung in die anderen Länder. Und: Wie flexibel ist die deutsche Technologie, sich auf andere Länder einzulassen. Man wird in Italien beispielsweise den Haushalten nicht sieben Mülltonnen vor die Haustür stellen können, sondern muss den Gedanken der getrennten Sammlung auf die Gegebenheiten anpassen und gemeinsam weiterentwickeln, um nachhaltig etwas zu verändern. Die EU-Gesetzgebung könnte da einen neuen Markt in Europa schaffen.

Herr Schweitzer, vielen Dank für das Gespräch.

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