Klingt, als wären die Chinesen dabei, Deutschland in Müllbehandlung den Rang abzulaufen.
Das dauert noch. Aber in der Tat holen sie auf. Der große Vorteil liegt für mich in der Priorisierung durch die chinesische Politik und in der Schnelligkeit der Umsetzung. Anders als bei uns gibt es dort noch keine gewachsenen Strukturen. Aber es gibt den politischen Willen, die Probleme und Herausforderungen anzugehen. So eine Entwicklung wie in China seit 1978 hat es auf der Welt noch nicht gegeben: Die Umweltzustände heute muss man sich teilweise vorstellen wie im Ruhrgebiet der 60er Jahre. Nur, dass China den Strukturwandel wesentlich schneller hinbekommen wird als wir in Deutschland. Das bietet für die deutsche Wirtschaft und Unternehmen wie uns gewaltige Chancen und Möglichkeiten.
Recyclingquoten ausgewählter Länder im Vergleich
Recyclingquote im EU-Durchschnitt
Müllmenge pro Kopf: 475 kg
Recycling: 28 Prozent
Kompostierung: 16 Prozent
Verbrennung: 28 Prozent
Deponierung: 28 Prozent
Quelle: Eurostat, Daten für 2014
Deutschlands Recyclingquote
Müllmenge pro Kopf: 618 kg
Recycling: 47 Prozent
Kompostierung: 17 Prozent
Verbrennung: 35 Prozent
Deponierung: 1 Prozent
Frankreichs Recyclingquote
Müllmenge pro Kopf: 511 kg
Recycling: 22 Prozent
Kompostierung: 17 Prozent
Verbrennung: 35 Prozent
Deponierung: 26 Prozent
Griechenlands Recyclingquote
Müllmenge pro Kopf: 509 kg
Recycling: 15 Prozent
Kompostierung: 4 Prozent
Verbrennung: -
Deponierung: 81 Prozent
Polens Recyclingquote
Müllmenge pro Kopf: 272 kg
Recycling: 21 Prozent
Kompostierung: 11 Prozent
Verbrennung: 15 Prozent
Deponierung: 53 Prozent
Auch ihr neuer Partner wittert offenbar Margen in Deutschland und ist gerade bei ihrem Basketballteam Alba Trikotsponsor geworden.
Die Familie Deng und ihre Firma Techcent haben in Deutschland in den vergangenen Jahren eine dreiviertel Milliarde Euro investiert, sie sind inzwischen die größte deutsch-chinesische Umweltgruppe. Jetzt geht es ihnen darum, sichtbar zu werden, den eigenen Namen bekannt zu machen und sich gesellschaftlich zu engagieren, gerade als Familienunternehmen. Da haben sie gesehen, dass Alba Berlin eine hervorragende Plattform ist, insbesondere auch für den deutsch-chinesischen Austausch.
Liegt darin für Alba denn nicht auch eine Gefahr – durch solche Kooperationen bauen Sie quasi einen neuen heimischen Konkurrenten auf.
Das höre ich oft: China kommt und klaut die Ideen. Aber wenn man mal nach konkreten Beispielen fragt, dann wird es dünn. Dennoch: Hier wie in China gibt es gute, weniger gute und schlechte Unternehmen. Wir haben in den letzten 20 Jahren sehr gute Erfahrungen in China gemacht, in Sachen Zusammenarbeit, Weiterentwicklung der Technologien, Anpassung an den jeweiligen Markt. Im Gegenteil zu vielen anderen teilen wir unsere Technologien mit unseren chinesischen Partnern, passen sie an die Marktgegebenheiten an und rollen sie dann gemeinsam aus in China und anderen Ländern in Asien.
Oder das Problem entsteht erst noch: Die Chinesen formulieren ziemlich offen den Anspruch, technologisch aufzuholen – und auch zu überholen.
Definitiv, das ist kein Geheimnis. Die chinesische Wirtschaft wächst und wird weiter versuchen, mehr Wertschöpfung zu generieren. Und zwar nicht nur für sich, sondern für den gesamten asiatischen Bereich. Aus deutscher Sicht ist es einfach: Es wird ja niemand gezwungen, daran teilzunehmen. Aber für uns sehen wir eine Chance darin, Technologien weiterzuentwickeln. Damit schaffen wir ja auch in Deutschland Arbeitsplätze. Das wird häufig unterschätzt.
Sind denn Deutschland und Europa mülltechnisch dann kaum mehr attraktiv?
Oh nein, im Gegenteil. Ich sagte ja schon: Wir wollen auch hierzulande an den Wachstumschancen partizipieren, gerade im Bereich der Dienstleistungen, aber auch in unserem angestammten Geschäft. Es kommt eine neue europäische Gesetzgebung, die deutsche Standards in der ganzen EU festschreibt; die Bundesregierung hat gerade das neue Verpackungsgesetz durch Parlament und Bundesrat gebracht. Nicht perfekt, aber eine gute Grundlage, um das Recycling hierzulande weiter voran zu bringen. Mein Gefühl aber ist: Wir könnten da ruhig noch ambitionierter sein. So war es ja in der Vergangenheit: Wir haben uns ambitionierte Regeln gegeben, das Knowhow entwickelt und waren dann in der Lage, das zu exportieren. Da gibt es in Europa noch viel Raum für Verbesserung.
Wo zum Beispiel?
Deutschland ist unser Hauptmarkt, hier wollen wir natürlich weiterhin expandieren. Noch werden viel zu viele Wertstoffe verbrannt, statt sie in den Kreislauf zurückzuführen. Kommunen verbrennen zum Teil mehr als nötig, damit ihre Anlagen ausgelastet sind.