Das Paket soll den Kunden finden, nicht umgekehrt, lautet die Maxime von Bernd Schwenger. Ein großer, gelber Kasten mit Schließfächern verschiedener Größe soll dem Chef von Amazon Logistics in Deutschland nun dabei helfen, die Mission zu erfüllen. Amazon Locker heißt das Schließfachsystem für Pakete, das der Onlinegigant bald auch in deutschen Innenstädten aufbauen könnte.
Kunden sollen die Fächer mit einem Zahlencode öffnen und so ihre Sendungen auch dann abholen können, wenn der Paketbote niemanden angetroffen hat. Schon im Frühjahr suchte das Unternehmen nach Managern, um das Projekt zu realisieren, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“.
In seinen Büros und Logistikzentren testet Amazon die Schließfachsysteme mittlerweile auch hierzulande mit eigenen Mitarbeitern, bestätigte Schwenger nun der WirtschaftsWoche. „Wir werden bald darüber entscheiden, ob wir die Amazon Locker auch unseren deutschen Kunden anbieten“, sagt der Chef von Amazon Logistics in Deutschland und schiebt schnell nach: „Dabei sind wir in enger Absprache mit unseren Lieferpartnern.“
Das sind Amazons nächste Projekte
Unter Amazon Dash versteht der Internetkonzern eine Art Einkaufsliste auf Knopfdruck. Die kleinen Aufkleber mit Taste können die Kunden einfach im Haus an das Waschmittel oder an das Hundefutter kleben - und wenn die Packung leer ist, per Knopfdruck schnell bei Amazon eine neue bestellen. Bisher ist der Service nur für Kunden des Premiumdienstes Amazon Prime in den USA und in Großbritannien erhältlich - für 4,99 US-Dollar je Button.
Mit "Amazon Handmade" macht der Online-Händler Anbietern wie Etsy oder DaWanda Konkurrenz. Auf dem Marktplatz will Amazon Künstler und Bastler versammeln, die individualisierbare Produkte verkaufen: Selbstgeschneiderte Kleider und Taschen, Schmuck, Armbänder, Möbel. Die Plattform befindet sich in den USA noch im Aufbau. Wer dort verkaufen will, kann sich jetzt schon bewerben. Allerdings kostet ein professioneller Verkäufer-Account knapp 40 Dollar im Monat, und Amazon will bei jeder Bestellung zwölf Prozent Provision einstreichen. Bei anderen Plattformen sind diese Konditionen weitaus günstiger für die Verkäufer - allerdings erreichen sie dort wahrscheinlich nicht so viele Kunden. Ob und wann Amazon Handmade auch nach Deutschland kommen soll, ist nicht bekannt.
Über seine Plattform "Amazon Home Service" vernetzt der Online-Händler in den USA Techniker, Handwerker und Trainer mit seinen Kunden in den Großstädten. Wer bei Amazon einen neuen Fernseher kauft, kann also gleich einen Techniker beauftragen, der den Fernseher anschließt und einrichtet. Auch Yoga-Stunden und Gitarren-Lehrer lassen sich über die Plattform buchen. Bis zum Jahresende will Amazons einen Service in 30 amerikanischen Großstädten anbieten.
In der Amazon-Heimatstadt Seattle fährt seit diesem Sommer der "Treasure Truck" - ein Lkw, vollgeladen mit Sonderangeboten. Kunden können die Waren auf dem Truck per App bestellen und direkt liefern lassen - zum Beispiel ein Surfboard für den Preis von 99 Dollar anstatt den üblichen 499 Dollar.
Prime Music ist der Musik-Streamingdienst von Amazon, eine Konkurrenz zu Spotify oder Apple. Wer Mitglied beim Amazon Premiumdienst Prime ist, kann den Service in den USA und auch in Großbritannien ohne Zusatzkosten nutzen. Allerdings verfügt Amazon bisher nur über eine Bibliothek von etwa einer Millionen Songs.
Amazon begnügt sich schon lange nicht mehr, Medien zu verkaufen - der Online-Händler produziert sie mittlerweile auch selbst. Über seinen Streamingdienst zum Beispiel hat Amazon die ersten Folgen der Serie "The Man in the High Castle" veröffentlicht. Darin geht es um die Frage: Wie würde die Welt aussehen, wenn die Nazis den zweiten Weltkrieg gewonnen hätten? Auch einen eigenen Kinofilm mit dem Titel "Elvis & Nixon" produziert Amazon. Was danach kommt? Wahrscheinlich ein eigenes Videospiel. Laut Medienberichten hat Amazon Entwickler von bekannten Spielen wie World of Warcraft oder Halo verpflichtet.
Die sind in großer Sorge. Denn ein eigenes Schließfachsystem gilt als nächster Schritt für Amazon auf dem Weg, einen eigenständigen Paketdienst aufzubauen. Anbieter wie DHL und Hermes fürchten bereits, wichtige Aufträge von Amazon zu verlieren, seit der Konzern seine Pakete in einzelnen Regionen in Eigenregie ausliefert.
So stellt der Onlinehändler seit vergangenem Herbst bereits in München und seit Kurzem in Berlin Pakete zu. Auch in Hamburg hatte Amazon nach Standorten für Verteilzentren Ausschau gehalten. „In den Bezirken, in denen wir sind, wird nicht mehr viel von DHL ausgeliefert, vielleicht noch 10 bis 15 Prozent“, sagte Schwenger jüngst bei einem Rundgang durch das Berliner Verteilzentrum. Weitere Verteilzentren in deutschen Metropolregionen seien denkbar. Da hilft auch eine „enge Absprache“ nicht.
Logistik: Diese Anbieter dominieren das Paketgeschäft
Der Paketdienst GLS ist der fünftstärkste Anbieter in Deutschland. Sein Marktanteil liegt bei acht Prozent.
Quelle: MRU; Zahlen für 2014
Der vierte Platz geht an Hermes (13 Prozent).
Mit einem Marktanteil von 17 Prozent landet UPS auf Platz drei im Ranking.
Auf Rang zwei liegt DPD mit 18 Prozent Marktanteil.
Marktführer ist die Deutsche Post-Tochter DHL mit einem Anteil von 44 Prozent.
Damit greift Amazon in das Hoheitsgebiet von Paketdiensten wie DHL oder Hermes ein. Doch Schwenger betont immer wieder: Man wolle die Paketdienste nur ergänzen, nicht ersetzen. Ihm geht es vor allem darum, mehr Kapazitäten in den Markt zu bringen. Denn gerade zur Hochsaison vor Weihnachten fehlen Paketboten, und in den Sortierzentren stauen sich die Pakete. Und das vor allem wegen Amazon.
„Das Gesamtvolumen an Paketen, das Amazon jeden Tag zustellen muss, ist so gewaltig, dass das in absehbarer Zeit nicht ohne DHL, DPD und andere Dienste zu bewerkstelligen ist“, sagt Michael Lierow, Partner bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman.
In den USA betreibt Amazon die Boxen seit Jahren
Verspätete Lieferungen will sich Amazon nicht leisten. Der Onlinehändler definiert sich darüber, den besten Service für seine Kunden zu bieten. Der eigene Paketdienst hilft Amazon dabei, sagt Experte Lierow: „Amazon will bei speziellen Kunden, etwa bei Prime-Mitgliedern, auf individuelle Wünsche eingehen.“ Sei es nun, dass der Kunde die Zustellung am selben Tag wünscht oder das Paket zu einer bestimmten Zeit abholen möchte. Darauf zielen die Packstationen, aber auch das Aufbauen eigner Verteilzentren.
Der Briefmarkt in Zahlen
Dank E-Mail und Smartphone schreiben die Deutschen immer seltener Briefe. In diesem Jahr stellen die Briefdienste nur noch etwa 15,7 Milliarden Briefe zu. Vor fünf Jahren waren es noch 16,4 Milliarden Briefe, berichtet die zuständige Bundesnetzagentur in ihrem Tätigkeitsbericht.
Die meisten dieser Briefe stellt die Deutsche Post zu. Ihr Marktanteil liegt bei 87,3 Prozent, berichtet die Bundesnetzagentur. Damit hat sich die Situation in den vergangenen fünf Jahren nur leicht verändert: 2010 kamen die Konkurrenten der Deutschen Post gemeinsam auf etwa 10 Prozent Marktanteil, heute sind es 12,7 Prozent.
Trotz der sinkenden Briefzahlen: Der Umsatz des Marktes ist kaum geschrumpft. Vor fünf Jahren lag er noch bei rund 9 Milliarden Euro, 2015 liegt er bei etwa 8,7 Millionen Euro. Den Großteil davon erwirtschaftet die Deutsche Post. Nur etwa 1,1 Milliarden Euro Umsatz machen die Konkurrenten.
Grund für den fast gleichbleibenden Umsatz sind auch Preiserhöhungen: 55 Cent kostete vor fünf Jahren noch die Briefmarke für einen Standardbrief bei der Deutschen Post. Seit dem hat der Bonner Konzern das Porto in drei Schritten auf 62 Cent erhöht. Im kommenden Jahr wird das Porto auf 70 Cent steigen.
Für Großkunden ändern sich die Preise nicht so stark, auch, weil die Post ihnen Rabatte gewährt. Doch wenn die Post das Porto erhöht, heben oft auch die Konkurrenten die Preise an.
In den USA hat der Online-Händler ein entsprechendes Angebot schon 2011 angestoßen. Dort stehen die Packstationen auf öffentlichen Plätzen, in Einkaufszentren oder in 7-Eleven- und Spar-Supermärkten. Auch in Großbritannien finden sich die Boxen. „In den USA sind sie durchaus beliebt“, sagt Lierow. „Aber sie sind nur eine zusätzliche Möglichkeit, Pakete abzuliefern und werden nie Möglichkeiten ersetzen wie die Hauszustellung.“
Trotzdem: Jedes Paket, das Amazon selbst verschickt oder in einer der eigenen Packstationen deponiert, ist eines, das bei DHL nicht mehr verschickt wird. „Dabei geht Volumen verloren“, sagt Lierow. „Aber der Markt wächst immer noch zweistellig. Allein aufgrund des Marktwachstums, dürften sich die absoluten Mengenverluste bei DHL und Co. in Grenzen halten.“
Der Paketdienst der Deutschen Post liefert bisher einen Großteil der Amazon-Sendungen aus und betreibt ein eigenes Schließfachsystem namens Packstation. Allein in Deutschland hat der Bonner Konzern bereits mehr als 2750 Packstationen in 1600 Städten errichtet. Bis Ende 2015 zählte das Unternehmen acht Millionen registrierte Nutzer – damit hatte beinahe jeder zehnte Deutsche eine Karte für die Packstation.
Allerdings können nur die Post-Zusteller dort Pakete ablegen, andere Anbieter dürfen die Packstation nicht nutzen – nicht gerade praktisch für den Kunden. Auch das IT-System der Packstation gilt in der Branche als verbesserungswürdig: Die Schließfächer sind oft voll, doch die Paketboten werden darüber nicht benachrichtigt. Außerdem klauten Hacker in der Vergangenheit Nutzerdaten im großen Stil und verkauften die Zugänge zur Packstation im Internet. Eine Kooperation zwischen DHL und Amazon gilt deshalb als unwahrscheinlich.
So gut sind Deutschlands Paketdienste
Zwischen Juli und September 2014 hat die Stiftung Warentest die fünf wichtigsten Paketdienste unter die Lupe genommen. Jeder Anbieter wurde zwanzig Mal auf zehn Strecken bundesweit durch die Warentester geprüft. Die Prüfer verschickten immer das gleiche 3,5-Kilo-Paket mit Tellern, Gläsern und einem Glasbilderrahmen. Die Waren waren mit Luftpolsterfolie für Stürze aus bis zu 60 Zentimeter Höhe gepolstert. Dennoch ging bei jeder fünften Sendung ein Teil des Inhalts zu Bruch. Nur bei DHL war der Inhalt aller Pakete heil geblieben, berichtet die Stiftung in der Dezember-Ausgabe des Hefts „test“.
Die Warentester bildeten ihre Gesamtnote aus der Lieferqualität (40 Prozent), der Abwicklung (40 Prozent) und der Website (20 Prozent).
Lieferqualität: Gut (1,9)
Dauer des Versands: Gut
Unversehrtheit der Sendung: Gut
Abwicklung: Befriedigend (2,9)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Ausreichend
Informationen bei Versand: Befriedigend
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Gut
Website: Gut (2,4)
Informationen, Übersichtlichkeit: Gut
Nutzungsmöglichkeiten: Gut
Umgang mit Nutzerdaten: Befriedigend
Qualitätsurteil: Gut (2,4)
Lieferqualität: Befriedigend (3,0)
Dauer des Versands: Befriedigend
Unversehrtheit der Sendung: Befriedigend
Abwicklung: Gut (1,7)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Sehr gut
Informationen bei Versand: Befriedigend
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Sehr gut
Website: Befriedigend (2,8)
Informationen, Übersichtlichkeit: Gut
Nutzungsmöglichkeiten: Befriedigend
Umgang mit Nutzerdaten: Befriedigend
Qualitätsurteil: Befriedigend (2,8)
Lieferqualität: Gut (2,1)
Dauer des Versands: Sehr gut
Unversehrtheit der Sendung: Befriedigend
Abwicklung: Ausreichend (4,3)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Ausreichend
Informationen bei Versand: Befriedigend
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Mangelhaft
Website: Befriedigend (2,9)
Informationen, Übersichtlichkeit: Gut
Nutzungsmöglichkeiten: Befriedigend
Umgang mit Nutzerdaten: Befriedigend
Qualitätsurteil: Befriedigend (2,9)
Lieferqualität: Befriedigend (2,6)
Dauer des Versands: Gut (1,6 - 2,5)
Unversehrtheit der Sendung: Befriedigend (2,6 - 3,5)
Abwicklung: Ausreichend (3,6)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Befriedigend (2,6 - 3,5)
Informationen bei Versand: Ausreichend (3,6 - 4,5)
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Ausreichend (3,6 - 4,5)
Website: Ausreichend (3,7)
Informationen, Übersichtlichkeit: Mangelhaft (4,6 - 5,5)
Nutzungsmöglichkeiten: Gut (1,6 - 2,5)
Umgang mit Nutzerdaten: Befriedigend (2,6 - 3,5)
Qualitätsurteil: Befriedigend (3,2)
Lieferqualität: Befriedigend (2,8)
Dauer des Versands: Sehr gut
Unversehrtheit der Sendung: Ausreichend
Abwicklung: Befriedigend (3,5)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Befriedigend
Informationen bei Versand: Gut
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Ausreichend
Website: Ausreichend (3,9)
Informationen, Übersichtlichkeit: Ausreichend
Nutzungsmöglichkeiten: Ausreichend
Umgang mit Nutzerdaten: Ausreichend
Qualitätsurteil: Befriedigend (3,3)
Dass trotzdem Platz für beide Anbieter ist, weil der Markt nicht gesättigt ist, zeigt eine YouGov-Umfrage aus dem vergangenen Jahr. Auch wenn es immer wieder Ärger gibt, bei den meisten Deutschen genießt die Packstation einen guten Ruf. Nur 17 Prozent der Deutschen würden Packstationen auch dann nicht nutzen, wenn sich eine in der Nähe befände oder auf dem Arbeitsweg, 8 Prozent machten keine Angabe. Die restlichen Befragten sind allesamt potenzielle Kunden.
Steigt auch Parcellock ins Geschäft mit den Packstationen ein?
Die Deutsche Post versucht, dieses Potenzial auszunutzen. Neben der Packstation bietet der Bonner Konzern deshalb mittlerweile auch einen eigenen Paketkasten an, den sich Kunden vor die Haustür stellen können. Auch Modelle für Mehrfamilienhäuser testet die Post bereits.
Was die Post mit ihrer Strategie 2020 erreichen will
Auch der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß soll verringert werden: Bis 2020 will die Post ihre Energie-Effizenz um 30 Prozent verbessern. Vor kurzem kaufte der Dax-Konzern zum Beispiel den deutschen Elektroauto-Entwickler Streetscooter auf.
Die Aktie Gelb soll weiter steigen: Post-Chef Frank Appel möchte zur ersten Wahl für Anleger werden. Zwischen 40 und 60 Prozent des Nettogewinns sollen die Aktionäre jährlich als Dividende ausgeschüttet bekommen.
Auch die Kundenzufriedenheit soll steigen - auf über 80 Prozent. Nach Recherchen der WirtschaftsWoche beschwerten sich allerdings vor allem deutsche Großkunden zuletzt über die Briefzustellung.
Der Gewinn ist die wichtigste Ziellinie in der Strategie 2020: Bis zum Ablauf der Frist will Appel fünf Milliarden Euro Plus machen. Dazu müsste er pro Jahr den Gewinn um acht Prozent steigern. Die Brief- und Paketsparte, die ihren Umsatz vor allem in Deutschland macht, soll drei Prozent Gewinnsteigerung pro Jahr dazu beisteuern - das Expressgeschäft, die Logistik- und Speditionssparten müssen zehn Prozent mehr im Jahr verdienen.
Kein anderer Dax-Konzern hat so konkrete und zugleich so ehrgeizige Ziele.
In Deutschland hat der durch den Onlinehandel ausgelöste Paketboom die Deutsche Post weit nach vorne getrieben. Jetzt will der Bonner Konzern diesen Effekt auch in den Schwellenländern mitnehmen: Bis 2020 soll sich der Marktanteil in diesen Regionen von 22 auf 30 Prozent erhöhen. Der Fokus liegt dabei auf Brasilien, Indien, China, Russland und Mexiko.
Auch bei den Mitarbeitern möchte die Post die erste Wahl sein. Ziel des Vorstand ist es, in den Mitarbeiterbefragung eine Zustimmungsquote von über 80 Prozent zu erlangen. Zuletzt lag die Quote bei ungefähr 70 Prozent.
Doch gleichzeitig versuchen die Wettbewerber – Hermes, DPD und GLS – auf dem Markt Fuß zu fassen. Seit über einem Jahr arbeiten die drei Unternehmen gemeinsam an einer eigenen Paketbox für die Vorgärten. Parcellock heißt ihr Angebot, das im Herbst auf den Markt kommen soll. Im Gegensatz zum Angebot der Post sollen ihre Paketbox gegen Gebühr aber alle Anbieter nutzen können, auch die Apotheke, der Pizzabäcker, die Post – oder Amazon.
Dass die drei Unternehmen hinter Parcellock daneben auch in das Geschäft mit Packstationen einsteigen könnten, wollte DPD-Chef Boris Winkelmann im Interview zumindest nicht ausschließen: „Das ist durchaus denkbar“, sagt er. „Wir stellen nicht die Boxen her, sondern die Software und das Sicherheitssystem dahinter.“ Das könnte auf viele Produkte angewendet werden. „Auf Kästen mit mehreren Fächern für Mietshäuser oder auch auf eine Packstation.“ Konkrete Pläne gibt es aber noch nicht.
Sicher ist: Die Zahl der Angebote wie Parcellock oder der Amazon Locker wird zunehmen. Denn die Paketdienste bieten damit den Kunden nicht nur mehr Komfort – sie sparen sich selbst auch immense Kosten. „Dahinter steckt natürlich auch eine knallharte Kostenkalkulation der Paketdienste“, sagt Lierow von der Unternehmensberatung Oliver Wyman.
Die Paketzustellung der Zukunft
Bei der Auslieferung der Paketsendungen legen die Kunden vor allem Wert darauf, dass sie zu ihren Alltagsgewohnheiten passt: 37 Prozent der Befragten haben bereits Erfahrungen, ihre Pakete zum Wunschtermin (auch nach Feierabend) nach Hause liefern zu lassen, weitere 40 Prozent würden diese Option gerne nutzen. Die Lieferung zum Wunschtermin ist damit aktuell die erste Wahl der Verbraucher. Viele Versandhändler haben sich diesem Bedürfnis bereits angepasst.
Quelle: PricewaterhouseCoopers AG (PwC): Die Paketzustellung der Zukunft, November 2014
Laut PwC nutzt jeder vierte Deutsche heute gelegentlich bis häufig Paketstationen oder Paket-Shops verschiedener Logistikdienstleister als Zustellmöglichkeit. Rund die Hälfte der Deutschen steht dieser Lösung jedoch noch kritisch gegenüber und hat sie bisher nicht genutzt.
Als wichtigste Eigenschaften einer Paketstation gab eine klare Mehrheit der der Befragten (87 Prozent) an, dass eine Paketstation möglichst einfach und selbsterklärend zu bedienen sein muss. Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Erreichbarkeit: 72 Prozent legen Wert darauf, dass die Station mit dem Auto gut erreichbar ist, 67 Prozent zu Fuß. Außerdem sollen Pakete in allen Größen und von verschiedenen Paketdienstleistern dort gelagert werden können (83 bzw. 80 Prozent der Befragten).
Die Lieferung an den Arbeitsplatz ist für viele Arbeitnehmer eine attraktive, da zeitsparende und praktische Option, sasgt die Studie: Knapp jeder zweite Berufstätige (49 Prozent) würde diesen Service gerne nutzen. Bislang lässt sich nur eine kleine Minderheit der Berufstätigen (5 Prozent) Pakete direkt ins Büro liefern. Einen Aufpreis für diesen Service würden aber nur 7 Prozent in Kauf nehmen.
Rund ein Drittel der Deutschen wäre unter bestimmten Voraussetzungen bereit, für eine Lieferung am gleichen Tag (Same Day Delivery) einen Aufpreis von bis zu 12 Euro zu zahlen. Die taggleiche Lieferung kommt für die meisten jedoch nur für bestimmte Anlässe und in Ausnahmefällen in Frage, beispielsweise für Weihnachts- und Geburtstaggeschenke in letzter Minute. Rund zwei Drittel geben an, den Service der Lieferung am selben Tag generell nicht nutzen zu wollen; entweder aus grundsätzlichen Überlegungen oder weil sie eine Gebühr von rund 12 Euro als zu hoch empfinden.
Die letzten Kilometer bis zu unserer Haustüre, die sogenannte letzte Meile, gelten als die teuersten Meter in der gesamten Lieferkette. Umso wichtiger ist es für die Paketdienste, dass der Zusteller nicht mehrfach an einer Haustür klingeln muss – oder das Paket sogar zurückbringt. Denn dann verursacht die Lieferung am nächsten Tag noch mal die gleichen Kosten.