




WirtschaftsWoche Online: Herr Wahlig, Sie haben mehrere Unternehmensmandanten, die ihre Mitarbeiter auch nach dem Erreichen des Rentenalters weiter beschäftigen wollen. Wo liegt das Problem dabei?
Herr Thomas Wahlig: Viele Unternehmen möchten das, weil es für sie als Arbeitgeber viele Vorteile bietet. Sie möchten einen versierten, erfahrenen und eingearbeiteten Mitarbeiter weiter beschäftigen, ohne dass dieser noch Ambitionen auf eine Karriere hegt. Der Betreffende hingegen kann sich darauf konzentrieren, sein Know-how dem Unternehmen, den jüngeren Kollegen und vielleicht sogar seinem Nachfolger weiterzugeben. Aber es gibt juristische Fallen. Als Unternehmen da untätig zu bleiben, kann teuer werden.

Sie meinen, den alten Arbeitsvertrag einfach weiter laufen zu lassen, ist riskant?
Ja, denn die Arbeitgeber werden kein Interesse daran haben, den Arbeitnehmer weiterhin unbefristet arbeiten zu lassen. Sie möchten seinen Einsatz lieber auf einen überschaubaren Zeitraum beschränken - meist sind das zwei bis drei Jahre. Wer den früheren Arbeitsvertrag einfach laufen lässt, kann das zwar tun, er hat aber Nachteile. Dann ist der Mitarbeiter praktisch unkündbar. Alle Kündigungsschutzvorschriften gelten weiterhin in vollem Umfang. Das Unternehmen kann ihn praktisch nicht betriebsbedingt kündigen, weil bei der Sozialauswahl sein Alter und die längere Betriebszugehörigkeit zu höherer sozialer Schutzwürdigkeit führen. Das ist nicht sachgerecht und ich meine, der Gesetzgeber sollte hier handeln, weil der 45-jährige Familienvater unter sozialen Gesichtspunkten sicherlich schutzbedürftiger ist als der 68-jährige Rentner. Aber das geltende Recht schützt im Augenblick den Rentner.
Gibt es weitere Folgen?
Auch eine Kündigung wegen sogenannter Minderleistung ist äußerst schwierig, weil das Unternehmen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen sogenannten altersbedingten Leistungsabfall hinnehmen muss.
...das bedeutet, wenn der Mitarbeiter zum Beispiel langsamer arbeitet oder vergesslich wird?
Ja, oder seine Tätigkeit aufgrund altersbedingter gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr voll ausüben kann. Auch diese Rechtsprechung sollte nach meiner Überzeugung nicht mehr gelten, wenn ein Mitarbeiter über die Rentengrenze hinaus weiter beschäftigt wird. Nach geltendem Recht ist es aber der bessere Weg, den Arbeitsvertrag befristet zu verlängern, bevor der Mitarbeiter wegen Erreichens der Altersgrenze ausscheidet. Das Gesetz eröffnet diese Möglichkeit seit Juli 2014 ausdrücklich.
Was raten Sie den Unternehmen dann konkret?
Dass sie mit dem Arbeitnehmer noch bevor er die Regelaltersgrenze erreicht, eine schriftliche Regelung darüber trifft, mit der der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses auf einen späteren Zeitpunkt nach hinten verschoben wird. In dieser Vereinbarung sollte dabei ausschließlich die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses geregelt werden.
Andere Änderungen des Arbeitsvertrages - wie etwa eine Reduzierung der Arbeitszeit bei entsprechender Reduzierung des Gehalts - sollten entweder schon früher oder später in einer separaten Vereinbarung geregelt werden. Andernfalls ist nicht gewährleistet, dass eine wirksame Vertragsverlängerung vorliegt. Mit der Folge, dass dann doch ein unbefristeter Arbeitsvertrag besteht, den das Unternehmen kaum einseitig kündigen kann.