Architektur Mikroapartments - so schön kann winzig sein

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Abkehr von der XXL-Kultur

Schon 2050 werden 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben

Schon Ende der Neunzigerjahre verdiente er beim Verkauf seines Web-Shops Sitewerks mehr Geld, als er dachte im ganzen Leben zu verdienen. „Ich hatte Geld und wollte endlich auch einen grünen und coolen Ort zum Leben.“ Und so wurde aus seiner Wohnung in Soho ein Prototyp, an dem er viel ausprobiert und ein paar Fehler gemacht habe: „Es gab da ein paar Kinderkrankheiten“, erinnert er sich. Unter anderem mussten die Handwerker die Stromversorgung der fahrbaren Wand ein paar Mal umbauen.

Jetzt funktioniert die Technik – und billiger sollen künftige Wohnungen auch werden. Gemäß dem Gesetz der Serienfertigung: Je mehr, desto günstiger werde es. Nun sucht Hill Bauunternehmer für Kooperationen: „Die Nachfrage ist riesig, der Markt wird immer größer. Ich bekomme eine Anfrage nach der anderen von Leuten, die auch so eine Wohnung haben wollen.“

Es ist ein ungewöhnlicher Trend, gerade für die USA. Traditionell geht es dort um immer mehr und immer größer – egal, ob Autos, Häuser, Essensportionen. Die Durchschnittsgröße eines US-Hauses lag 1950 bei 91 Quadratmetern. 2012 waren es 233 Quadratmeter. Dabei leben in diesen Häusern heute durchschnittlich nur noch 2,6 Menschen statt wie damals 3,7. Trotzdem gibt es im ganzen Land Lagerhallen für den Besitz, der in den Häusern keinen Platz mehr findet – eine Industrie mit 22 Milliarden Dollar Umsatz.

Und natürlich gibt es die XXL-Kultur noch immer, aber nun kommt die Gegenbewegung in Schwung – auch beim Wohnraum. „Wir sind ein Supersize-Land. Wir jagen den falschen Dingen hinterher“, sagt Mikrowohnungsguru Hill. „Glücklich gemacht hat uns das nicht. Ein einfacheres Leben ist ein glücklicheres Leben.“

Dass er es selbst gefunden hat, davon ist der Designer überzeugt, liege auch daran, dass er sich von vielem getrennt habe. Sechs Hemden hat er nur noch, keine CDs mehr und nur einen kleinen Stapel Bücher. „Ich habe nur Dinge, die platzsparend gestaltet sind“, sagt er. Zum Beispiel das Salatbesteck, bei dem sich die Gabel in den Löffel versenken lässt.

Und getreu diesem Motto öffnet sich ganz hinten, hinter der fahrbaren Wand, mit einem sanften Drücken ein schmaler Schrank. Hier parkt Hills Fahrrad. Auch das ist schlank und weiß, Lenker und Pedale lassen sich wegklappen. Gebaut hat es die Firma Schindelhauer aus Berlin. „Ich diszipliniere mich selbst. Wenn ich etwas Neues kaufen will, überlege ich vorher, was ich stattdessen wegwerfen kann“, sagt Hill. Er empfindet das als Befreiung.

„Mir fehlt nichts“, sagt er. „Wenn überhaupt, will ich Dinge loswerden.“.

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