Tür zu, Schlüssel weg – schon ist das Dilemma da. Wer nicht gerade einen Schlüssel bei Bekannten, Nachbarn oder unter dem Blumentopf (davon sei dringend abgeraten!) hinterlegt hat, steht nun vor einem Problem.
Ein Schlüsseldienst muss her. In der heutigen Zeit ist der schnell gefunden: Handy raus, Suchmaschine angeschmissen und schon ploppen zahlreiche Anbieter auf, die Schnelligkeit, Effizienz und den besten Preis versprechen. Allerdings halten nicht alle diese Versprechen und insbesondere das letzte wird gerne gebrochen. Kaum einem Geschäftszweig eilt – durchaus zu Recht – der Ruf voraus, unseriöse Angebote und mit Wucher Kasse zu machen. Immer wieder berichtet die Lokalpresse über Abzocke von Schlüsseldiensten. Da kann eine einfache Türöffnung schnell mal hunderte Euro kosten. Kommt es richtig dick, serviert der Servicemann, der mitten in der Nacht in wenigen Minuten die versperrte Tür öffnet, auch mal eine Rechnung, die an der Tausend-Euro-Marke kratzt.
Wie viele unseriöse Schlüsseldienste in Deutschland ihr Unwesen treiben und wie viele Opfer es gibt, ist schwer zu beziffern. Straftaten im Zusammenhang mit unseriösen Schlüsseldiensten oder Notdiensten werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht erfasst, sagt die Polizei. Die zahlreichen Beschwerden bei den Verbraucherzentralen, die sich allesamt ähneln, sprechen aber für ein nicht unerhebliches Problem. Nicht immer muss es dabei direkt um den Tausender gehen, aber auch mehrere hundert Euro sind für eine einfache Türöffnung zu viel.
Was ein Schlüsseldienst im Schnitt kostet, zeigt eine neue Preisstudie des digitalen Handwerksvermittlers Mellon. Die Studienmacher haben dafür die Kosten von 4224 Schlüsseldiensten in 786 deutschen Städten verglichen. Einige Ergebnisse waren wenig überraschend. Etwa, dass kaum ein Schlüsseldienst Festpreise auf der Webseite kommuniziert und auch am Telefon nur knapp die Hälfte (51 Prozent) auf Nachfrage einen Festpreis nennt. Außerdem errechneten die Studienmacher, dass im Schnitt 56 Prozent der deutschlandweit untersuchten Schüsseldienste höhere Preise ansetzen, als Experten wie Verbraucherzentralen, Polizei oder der Bundesverbandes Metall (BVM) empfehlen.
Wie die Ergebnisse der Studie nahelegen, liegt der durchschnittliche Preis für eine Türöffnung an einem Werktag tagsüber in Deutschland bei 118 Euro. Nachts, am Wochenende oder feiertags kommen die Studienmacher auf Grundlage ihrer Untersuchung auf einen Preis von durchschnittlich 179 Euro. Zum Vergleich: Der Bundesverband Metall veranschlagt in seiner Preisempfehlung für Notöffnungen werktags tagsüber 83 bis 100 Euro. Nachts, an Wochenenden und Feiertagen weichen die Preise extrem ab – je nach Zeitpunkt der Öffnung liegen sie zwischen 120 und 250 Euro.
Die Verbraucherzentralen empfehlen, dass eine Türnotöffnung tagsüber an Werktagen weniger als 100 Euro kosten sollte, wenn die Tür lediglich ins Schloss gefallen ist – inklusive Anfahrt aus der näheren Umgebung. Wer nachts oder an Wochenenden und Feiertagen einen Schlüsseldienst in Anspruch nehmen muss, sollte bei einem seriösen Anbieter nicht mehr als 150 Euro bezahlen. Sind die Öffnungen aufwendiger – etwa weil die Tür abgeschlossen war oder besondere oder gleich mehrere Sicherheitsschlösser verbaut sind, kann eine Öffnung um einen gewissen Satz teurer werden.
Um sich vor einer Abzocke zu schützen – da man in einer Notlage nicht immer bedacht genug agiert – empfehlen die Verbraucherzentralen, auf einige eindeutige Hinweise Acht zu geben, die unseriöse Notdienste enttarnen. Diese hat die Verbraucherzentrale NRW vor einiger Zeit gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Polizei in einer Checkliste zusammengefasst:
Schlüsseldienste: So erkennen Sie schwarze Schafe
Ist der Schlüsseldienst nur über eine teure 0900-Nummer erreichbar, sollten Sie vorsichtig sein. Seriöse, ortsansässige Anbieter haben meist normale Telefonnummern mit örtlicher Vorwahl. Diese sollten Sie bevorzugen.
Der Notdienst, den Sie telefonisch erreichen, sollte Ihnen auf Nachfrage immer eine Firmenadresse nennen können. Tut er dies nicht, ist das kein gutes Zeichen. „Unseriöse Anbieter verstecken sich leider manchmal auch unter Pseudo-Adressen“, heißt es bei der Verbraucherzentrale NRW.
Bereits am Telefon sollten Sie dem Schlüsseldienst Ihr Problem möglichst genau schildern. Ob zum Beispiel die Tür zugefallen oder abgeschlossen ist. Haben Sie das getan und bekommen vom Anbieter dennoch keine Auskunft über die zu erwartenden Kosten, beauftragen Sie besser jemand anderen. Seriöse Dienstleister können Ihnen einen Höchstpreis vorab nennen und geben auch Auskunft über Anfahrtskosten und Stundensätze, sagen Verbraucherschützer.
Die Ersten sind nicht immer die Besten. Um ganz vorne im Branchenbuch vertreten zu sein, geben Firmen sich einen Namen der mit „AAA“ beginnt. „Ein Beispiel für meist zweifelhafte Werbemethoden“, sagt die Verbraucherzentrale NRW.
Wohnen Sie tatsächlich in dieser Wohnung und können das beweisen? Diese Frage sollte Ihnen der Mitarbeiter eines seriösen Schlüsselnotdienstes vor der Türöffnung immer stellen. Schlüsseldienste müssen sich eine sogenannte Zugangsberechtigung zeigen zu lassen – dazu reicht beispielsweise die übereinstimmende Anschrift im Personalausweis oder der Nachbar, der einen kennt. „Dies tun dubiose Unternehmen nicht“, sagen die Verbraucherschützer.
Darüber hinaus hat der Bundesverband Verbraucherzentrale Tipps im Umgang mit Schlüsseldiensten zusammengestellt. Sie sollen dabei helfen, im Ernstfall richtig zu reagieren und unseriösen Schlüsseldienstanbietern keine Chance zu geben:
Sieben Tipps im Umgang mit Schlüsseldiensten
Es ist in einer solchen Notsituation sicher nicht leicht, aber zunächst gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und Angebote und Preise zu vergleichen. Ein lokaler Notdienst ist meist die bessere Wahl, weil die Anfahrt kürzer ist. Wichtig: Erreichen Sie einen Notdienst unter Ihrer örtlichen Vorwahl, müssen Sie auch keine An- und Abfahrtkosten zahlen, die über die Ortsgrenzen hinausgehen. Beiträge, die darüber hinaus gehen, können Sie eigenmächtig von der Rechnung streichen.
Sie haben als Kunde das Recht vor der Auftragsvergabe am Telefon einen verbindlichen Komplettpreis zu bekommen. Bestehen Sie auf einem Festpreis, zu dem keine weiteren Kosten hinzukommen – auch keine Anfahrtskoste oder sonstige Zuschläge.
Je genauer Sie dem Schlüsseldienst schildern können, was passiert ist und um was für einen Türnotfall es sich handelt, desto besser. Sagen Sie ihm schon am Telefon, um was für ein Schloss es sich handelt (zum Beispiel ein Sicherheitsschloss) und ob die Tür nur zugefallen oder abgeschlossen ist. Dann kann ein möglichst genauer Preis kalkuliert werden.
Sie sollten mit dem Notdienst genau vereinbaren, was gemacht werden soll. Dazu gehört zum Beispiel, dass lediglich die verschlossene Tür geöffnet werden soll - und nicht das ganze Schloss ausgewechselt werden soll, wenn das nicht notwendig ist. Gerade dies ist ein gern genutzter Kostentreiber unseriöser Anbieter. Führen Sie dieses Gespräch zudem am besten so, dass Zeugen zugegen sind.
Haben Sie einen Festpreis vereinbart, sind Zuschläge sowieso kein Thema mehr. Aber sollten doch Zuschläge auf Ihrer Rechnung zu finden sein: Zahlen Sie diese nicht! Das Amtsgericht Frankfurt am Main urteilte im Februar 2006, dass Zuschläge nur außerhalb der üblichen Arbeitszeiten verlangt werden dürfen (Az.: 31 C 63/98-44). "Sofortzuschläge", "Bereitstellungszuschläge" und "Spezialwerkzeugkosten" können Sie in der Regel getrost von der Rechnung streichen.
Prüfen Sie die Rechnung, die der Schlüsseldienst Ihnen stellt, ganz genau. Posten, die so nicht besprochen waren oder die Sie nicht wünschen, dürfen Sie streichen. Wichtig: Niemand kann Sie zwingen, nicht vereinbarte Regelungen zu akzeptieren. „Zahlen Sie nur, wenn eine detaillierte Rechnung vorliegt und diese der Vereinbarung entspricht“, raten die Verbraucherschützer.
Außerdem müssen Sie nicht bar zahlen. Sie können auf eine Rechnung bestehen. Fahren Sie auf gar keinen Fall mit dem Monteur zum Geldautomaten.
Werden Sie unter Druck gesetzt, rufen Sie am besten die Polizei. Droht der Schlüsseldienst-Mitarbeiter beispielsweise damit, die Tür wieder zu verschließen, handelt es sich um Nötigung – und das ist strafbar. Zudem ist es Ihr Recht, ihn aus Ihrer Wohnung oder vom Grundstück zu verweisen. Deshalb empfehlen die Verbraucherschützer: „Kommt der Notdienstmitarbeiter Ihrer Aufforderung nicht nach, können ihm strafrechtliche Konsequenzen drohen. Haben Sie den Verdacht, Opfer eines unseriösen Notdiensts geworden zu sein, dann zögern Sie nicht, Ihre örtliche Polizei zu informieren. Schildern Sie den Sachverhalt und erstatten Sie, wenn nötig, eine Anzeige.“
Grundsätzlich gilt immer: Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen! Droht der Handwerker beispielsweise damit, die Tür wieder zu verschließen, empfehlen Experten den erneuten Griff zum Telefon: 110. „Sobald sich Bürger von einem oder mehreren Notdienstmitarbeitern eingeschüchtert, betrogen oder bedroht fühlen, sollten sie nicht zögern und die Polizei verständigen“, rät Kriminalhauptkommissar Frank Scheulen vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen. „Haben Sie den Verdacht, einem unseriösen Notdienst zum ‚Opfer‘ gefallen zu sein, sollten sie die örtliche Polizei über den Vorfall informieren und Anzeige erstatten. Die Polizeibeamten können zudem erste Informationen zum zivilen Rechtsweg geben.“