Autoverleih Teure Mietwagen: Da verblasst der Anstieg der Spritpreise

Büros verschiedener Autovermieter stehen am Flughafen von Palma de Mallorca. Mietwagen werden dieses Jahr erneut deutlich teurer. Quelle: dpa

Nach dem gewaltigen Preisanstieg 2021 wird Automieten erneut teurer. Viele Orte und ganze Wagenklassen werden sogar ausverkauft sein. Das Problem wird bleiben, weil Autohersteller und Verleiher so mehr Geld verdienen.

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Wenn es um Preisschocks bei Urlaubsautos geht, glaubten viele Reisende im vorigen Jahr das schlimmste hinter sich zu haben. Nachdem Mietwagen jahrelang bereits zu Tagespreisen ab sechs Euro zu haben waren, kletterten die Raten 2021 im Vergleich zu 2019 in einigen Regionen bereits auf das Dreifache. Doch im vergangenen Herbst wurden die Buchungen für die kommende Hauptreisezeit wieder deutlich günstiger.

Die Hoffnung war verfrüht. In der kommenden Feriensaison zu Ostern und im Sommer sind Mietwagen so teuer und knapp wie noch nie zuvor. Laut Übersichten der deutschen Portale billiger-mietwagen.de und Sunny Cars sind die Preise pro Tag nochmals gestiegen und teilweise gut dreimal so hoch wie im Jahr 2019. „Dagegen verblasst der Anstieg der Spritpreise und erst recht die allgemeine Inflationsrate“, freut sich ein Manager eines Vermieters. Dazu werden die lange Jahre im Überfluss vorhandenen Autos vielerorts knapp wie nie zuvor. „Einige Orte oder Wagenklassen wie Cabrios werden über längere Zeit praktisch ausverkauft sein“, erwartet Kai Sannwald, geschäftsführender Gesellschafter von Sunny Cars aus München für die kommenden Reisezeiten. „Das habe ich in gut 30 Jahren in der Branche noch nicht erlebt.“

Ein Blick in die Statistiken zeigt eine recht unterschiedliche Entwicklung (siehe Tabelle). In Großstädten wie New York, London oder Wien liegt das Plus nur bei weniger als der Hälfte. In deutschen Metropolen wie Hamburg und Frankfurt zahlen die Kunden meist nur weniger als ein Viertel mehr als 2021. In Rom, Mallorca oder dem portugiesischen Faro dagegen erwartet Kunden in etwa die dreifache Rechnung.



Für die Preisexplosion sorgt das im Vergleich zu 2021 erneut geringere Angebot an Mietwagen. So bekommen die EU-Vermieter laut Schätzungen in diesem Jahr nur 580.000 Neuwagen. Zum Vergleich: 2019 waren es 1,3 Millionen. Damit steigt der Bestand deutlich geringer als die Nachfrage. Nach Lage der Dinge werden im Sommer wieder ähnlich viele Urlauber verreisen wie vor der Coronakrise. „Doch wir gehen davon aus, dass der Wagenpark mit weltweit rund 2,8 Millionen um 22 Prozent kleiner ist als vor Corona“, sagt Frieder Bechtel, der bei billiger-mietwagen.de aus Köln das Management der Vertriebspartner leitet. In manchen Regionen wie Portugal oder Mallorca ist die Flotte auf rund die Hälfte gesunken.

Für den Rückgang sorgte zuerst der Geschäftseinbruch im ersten Jahr der Coronakrise. Für 2020 hatten fast alle Vermieter ein Rekordjahr erwartet und viele neue Autos geordert. Als sie die im Lockdown nicht loswurden, schrieben alle hohe Verluste. Hertz und Europcar rutschen gar in die Insolvenz. Um sich zu retten, verkauften sie bis zu 70 Prozent ihrer Flotte und versuchten im Rahmen des Gläubigerschutzes auch ihre aktuellen und künftigen Bestellungen bei den Autoherstellern loszuwerden. Was die Vermieter dann noch an Autos hatten, versuchten sie ab Herbst 2020 möglichst schnell zu vermieten, um die klammen Kassen aufzubessern.

Als das Reisegeschäft im vorigen Sommer nun überraschend schnell anzog, rächte sich das. Nun hatten alle Leihfirmen nicht nur zu wenig Autos um alle möglichen Kunden auf die Straße zu bringen. Die in der Krise verprellten Autohersteller mochten ihnen nur deutlich weniger neues Gerät liefern als erhofft.

Bis zur Coronakrise nutzten die großen Hersteller die Vermieter, um ihre Verkaufszahlen hochzutreiben und vor allem bei Kunden weniger beliebte Modelle oder Ausstattungsvarianten loszuwerden. Das war seit Corona nicht mehr nötig. Weil die Autokonzerne wegen des Mangels an Komponenten wie Chips und Kabelbäumen weniger Fahrzeuge bauen konnten als vor der Krise, überdachten sie ihre Vertriebsstrategie.

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Statt wie bis 2019 üblich die Wagen mit einem Rabatt von bis zu einem Drittel der Listenpreise und mehr an die Vermieter abzugeben, verkauften sie die jetzt knappen Autos vor allem direkt an Konsumenten oder Firmenkunden und bekamen wegen der hohen Nachfrage dafür im Gegensatz zu vor der Krise fast immer den Listenpreis. „Wenn wir derzeit Autos wollen, müssen wir auch mehr oder weniger Liste zahlen“, so ein Manager der Vermietbranche.

Was zunächst wie ein Problem aussah, erwies sich für alle Beteiligten als Gewinn. Weil die Hersteller an jedem Auto mehr Geld denn je verdienten, schrieben alle im vergangenen Jahr hohe Gewinne. Und auch den Vermietern geht es wieder besser. Denn wo sie früher ihre Autos besonders außerhalb der Ferien über Vermittlungsfirmen wie Auto Europe oder Drive FTI zu Minipreisen loswurden, können sie nun ihren Absatz besser steuern und mehr Wagen gerade zu besonders beliebten Zeiten exklusiv auf ihren eignen Internetseiten anbieten. Das spart die bis zu 20 Prozent Vermittlungsprovision.

Dabei lohnt es sich für die Wohlhabenden der Branche sogar trotz der hohen Neuwagenpreise die eigene Flotte aufzustocken. Wie das geht zeigte, zuletzt die Münchner Sixt-Gruppe. Sie konnte ihren „Flottenbestand gegenüber 2020 steigern und geht auch in das Jahr 2022 mit einem höheren Bestand als noch 2021“, lässt Firmenchef Alexander Sixt ausrichten und ergänzt, das Unternehmen erwarte „allgemein ein erhöhtes Marktpreisniveau.“ Dafür sorgen die Münchner nicht zuletzt selbst. Sie vermieten ihre Flotte teilweise zum fast zweieinhalbfachen Preis des Jahres 2021. Dass sich das rechnet, zeigen die Anfang der Woche veröffentlichten Zahlen für das erste Quartal des Geschäftsjahres. Da stiegen die Erlöse von 330 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf 580 Millionen und das Ergebnis vor Steuern auf bis zu 95 Millionen – eine rekordverdächtige Marge von rund 16 Prozent.

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Darum erwarten Branchenkenner wie Sannwald auch vorläufig keine Entspannung und mehr Autos zu niedrigen Preisen. „Wenn besonders die Autohersteller mit dem aktuellen Zustand so gut leben können, warum sollten sie ihr Angebot hochfahren.“

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