Axel Springer US-Investor KKR muss nach Mathias Döpfners Entgleisungen endlich Konsequenzen ziehen

Quelle: dpa

Immer wieder versuchte Springer-Chef Mathias Döpfner, Äußerungen mit dem Verweis auf Ironie abzuschwächen. US-Investor KKR spielte mit. Die jüngsten Enthüllungen könnten das ändern. Und sollten das auch. Ein Kommentar.

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Wer einmal einen Managementratgeber aufgeschlagen hat, weiß: Es gibt bestimmte Formulierungen, mit denen Führungskräfte ein zunächst negativ erscheinendes Ereignis ins Positive verkehren können. Die Frage „Was können wir daraus lernen?“ gehört dazu. Oder die Erkenntnis: „Daraus können wir etwas für die Zukunft mitnehmen.“ Ein Satz, der vermutlich in keinem dieser Ratgeber auftaucht, geht so: „Ich bin unberechenbar.“

Es ist diese Formulierung – „im besten Sinne, hoffentlich“ –, die Mathias Döpfner in einem Ende 2022 im „New York Magazine“ erschienenen Porträt von sich gibt, als ihn ein Reporter mit der Vermutung konfrontiert, er könne womöglich eine rechte politische Agenda verfolgen. Das nämlich, schickt der Journalist seiner Frage voraus, sei gerade die wichtigste Frage, die die Amerikaner zu Döpfners Person umtreibe.

Kein Wunder: „Wollen wir alle beten, dass Donald Trump wieder Präsident wird?“, hatte Döpfner in einer internen E-Mail gefragt, die kurz zuvor an die Öffentlichkeit gelangt war. In der Redaktion von „Politico“, jener politischen Tageszeitung, die Springer im Vorjahr übernommen hatte, schrillten da alle Alarmglocken. Döpfner gab sich betont gelassen: Das sei lediglich ein „ironisches, provokatives Statement“ an den innersten Kreis bei Springer gewesen, sagte der deutsche Manager. Lehren daraus ziehen wollte er ganz offensichtlich nicht: Seine Art führe eben manchmal auch zu „provokativen Äußerungen“, erklärte sich der Manager.

Man kann Döpfner in diesem Zusammenhang vieles vorwerfen, aber keinen Mangel an realistischer Selbsteinschätzung. Allerdings: Der möglichen Konsequenzen seiner Äußerungen – auch dann, wenn sie scheinbar nur einen kleinen, privaten Kreis adressieren – scheint sich der Manager umso weniger bewusst zu sein. „Das war natürlich reine, schärfste Ironie“, moderierte Döpfner auch eine andere geleakte Nachricht ab, in der er Ex-Bild-Chef Julian Reichelt als „letzten und einzigen Journalisten in Deutschland, der noch mutig gegen den neuen DDR Obrigkeits-Staat aufbegehrt“ bezeichnet hatte. Mit dieser halbgaren Rechtfertigung war der Fall dann auch schon erledigt. Für Döpfner, für Springer – und offenbar auch für KKR. Jenen US-Investor, der über eine Holding 48,5 Prozent der Anteile bei Springer hält. Und dessen Europachef Philipp Freise noch Anfang dieser Woche in einem Podcast bekräftigt hatte, „zu hundert Prozent“ hinter Döpfner zu stehen.

Weitere interne Mails, aus denen die „Zeit“ heute zitiert, lassen die halbgare Abmoderation als missverstandener Gag eines bewussten Grenzgängers nicht mehr länger gelten. Über Ostdeutsche heißt es darin von Döpfner: „Die ossis (sic!) sind entweder Kommunisten oder faschisten. (sic!) Dazwischen tun sie es nicht. Eklig.“ Reichelt gibt er nach dessen Entlassung diese Worte auf den Weg: „Persönlich und was unsere gemeinsame Weltsicht betrifft fühle ich mich Dir nach wie vor sehr verbunden.“ Für Donald Trump fordert Döpfner einen „Friedensnobelpreis“ ein, den für einen „ibama“, mit dem er vermutlich Trumps Vorgänger Barack Obama meint, will er „wieder wegnehmen“.

All das wären nur fragwürdige Privatmeinungen. Würde die Aussagen ihr Kontext nicht mindestens indirekt zur Leitlinie der hauseigenen Berichterstattung bei Springer erklären. Reichelt gibt Döpfner zu dessen Amtsantritt als Bild-Chef folgendes mit, um sich von seinen Vorgängern an der Spitze der Boulevardzeitung abzugrenzen: „Mein Kompass geht so: Menschenrechte – keine Kompromisse. Rechtsstaat – zero tolerance und alles für die reine Lehre. Lebensstil (( was Ficken und solche Sachen betrifft – Fritz zwo: jeder soll nach seiner Fasson (oder facon)...))“. Und anlässlich der Bundestagswahl 2021 fordert der Springer-Chef immer wieder explizit Unterstützung der „Bild“-Journalisten für die FDP ein.: „Kann man noch mehr für die FDP machen? Die sollten 16 Prozent mindestens kriegen“, heißt es da beispielsweise.

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Dieses Gesamtbild nun lässt sich nicht länger mit einem Hinweis auf vermeintliche Ironie abstreiten. Zumal es Döpfners vorgeblicher Leitlinie der „Überparteilichkeit“, die er in den amerikanischen Redaktionen der Springer-Marken predigt, eindeutig widerspricht. Das könnte insbesondere für das Geschäftsmodell der US-Zeitung „Politico“ tödlich sein. Die verdient ihr Geld nämlich vor allem mit kostspieligen Premium-Abos für politische Entscheider, die sich darauf verlassen, dass hinter all dem keine gefärbte Agenda steht. Auch für jede andere journalistische Marke kann ein Manager, der sich so äußert wie Döpfner in den geleakten Mails, eigentlich unmöglich länger tragbar sein.

In Amerika werde Döpfner als Visionär wahrgenommen, lobte KKR-Manager Freise den Springer-Chef noch am Mittwoch. „Da ist ein großartiger CEO am Werke“, schwärmte Freise gar. Ob er diese Sätze am heutigen Donnerstag auch noch so von sich geben würde? Gut für das eigene Geschäft jedenfalls wäre das vermutlich nicht.

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