Was Brot und Brötchen angeht, sind die Deutschen heikel. Der Franke liebt sein Laugengebäck, der Hamburger seine Franz-Brötchen. Brötchentechnisch herrscht größtmögliche Uneinigkeit in der Bundesrepublik. Einig ist sich der Großteil der Deutschen dagegen, dass sie gerne günstig und schnell frische Croissants und Brezeln kaufen. Seit Anfang der 2000er eröffnen bevorzugt in Fußgängerzonen und Bahnhofshallen Back-Discounter, bei denen das Brötchen knapp die Hälfte des Preises vom örtlichen Bäckermeister kostet.
Filialen der SB-Bäckereien in Deutschland | |
SB-Bäckereikette | Anzahl der Filialen |
Backwerk | 295 |
Baking Friends | 130 |
Back Factory | 130 |
Mr. Baker | 66 |
Backkönig | 60 |
Quelle: Statista, eigene Recherche, Stand: 22.11.2013 |
Den traditionellen Bäckern sind die „Schrippen-Aldis“ ein Dorn im Auge. Seit Jahren ist die Zahl der Bäckereien rückläufig – Ende 2012 waren es noch 13.500 – ein Schwund von 3000 Betrieben innerhalb von drei Jahren. Gründe dafür gibt es viele – ein Mangel an Nachfolgern und jungen Menschen, die nachts um drei mit der Arbeit beginnen wollen, ein Grund ist auch die harte Konkurrenz durch die SB Ketten. Backwerk machte 2002 den Anfang, kurz darauf folgte Back Factory, Mr. Baker, Baking Friends und Backkönig.
Back-Werk auf einen Blick
Gründer Hans-Christian Limmer und Dirk Schneider sind mit Backwerk die „Erfinder“ des Discount Bäckers. Aktuell ist das Unternehmen die derzeit größte Kette ihrer Art in Deutschland.
98 Prozent der Back-Werk Filialen werden von Franchise-Nehmern geführt. Das Unternehmen hat 220 Franchisepartner. Die Rendite der im Franchise-System arbeitenden Filialen beziffert das Unternehmen im Schnitt auf zehn Prozent.
Backwerk ist mit insgesamt 295 Back-Werken Filialen in Deutschland (269), Österreich (18) und im weiteren europäischen Ausland (8) vertreten. Das Unternehmen hat 2400 Mitarbeiter. Der Nettoumsatz betrug im Jahr 2012 über 163 Millionen Euro. Das Ebitda lag bei 14 Millionen Euro.
Backwerk setzt nach wie vor auf den Verkauf von günstigen Backwaren, bietet zunehmend aber auch Snacks wie Pizza, Panini und Sandwiches an. Backwerk möchte nach dem Einstieg des schwedischen Finanzinvestor EQT weiter ins Ausland expandieren.
Das Unternehmen will den Umsatz in diesem Jahr um mindestens fünf Prozent auf 171 Millionen Euro steigern und international expandieren.
Mit fast 300 Franchise-Filialen heizt Backwerk die meisten Öfen an. 162 Millionen Euro erwirtschaftete das Semmel-Imperium im vergangenen Jahr. Das Konzept schmeckte dem schwedischen Investor EQT so gut, dass er Backwerk Mitte November übernahm.
Die Gründer Hans-Christian Limmer und Dirk Schneider werden die Geschäfte weiter leiten, die Strategie werden künftig wohl die Skandinavier festlegen. Dirk Schneider: "Die sich bietenden Chancen wird Backwerk in vollem Umfang nur mit größeren Investitionen ausschöpfen können, zum Beispiel bei strategischen Akquisitionen oder bei der Expansion ins Ausland.“ Das Zauberwort der Billigbäcker-Manager lautet dabei „Bäckereigastronomie“. Nicht mehr olle Brötchen sollen die Kassen klingeln lassen, sondern „Panini Chicken Barbecue“, Frischkäsebagel, Pizzaecken oder Chicken Nugget Brötchen wie sie beim Back Factory in den Auslagen liegen – alles zu haben zu Preisen zwischen 99 Cent und 2,49 Euro.
Back-Factory auf einen Blick
Back-Factory ist eine 100-prozentige Tochter der Großbäckerei Harry-Brot GmbH, die in zehnter Generation in Familienbesitz geführt wird.
Gegen ein Entgelt erlaubt Back-Factory ihren Franchisenehmern unter dem Namen "Back-Factory" zu verkaufen und das Geschäftssystem zu übernehmen. Aktuell werden 80 Prozent des Umsatzes von Franchise-Nehmern erwirtschaftet. Ein Franchise-Nehmer setzt ab dem zweiten Geschäftsjahr im Durchschnitt 725.000 Euro um.
Bundeszweit gibt es 130 Back-Factory-Standorte. Alle zusammen erwirtschafteten 2012 einen Bruttoumsatz von 94 Millionen Euro.
Back-Factory beschäftigt 1.500 Voll- und Teilzeitkräfte.
Seit 2009 baut Back-Factory seine Filialen und sein Produkt-Portfolio um. Klassische Backwaren wie Brötchen, Croissants und Brezeln werden zunehmend durch Snacks wie belegte Sandwiches, Panini, Bagel, Pizzaschnitten und seit neuestem auch frische Flammkuchen ersetzt. Bis 2015 soll der Umbau der bestehenden Filialen zu "Backgastronomien", die zum Verweilen einladen sollen, abgeschlossen sein.
Die Kette expandiert gerade nach Polen, außerdem sollen Filialen in Gran Canaria und Madrid folgen sowie in Katar. Überlegungen gibt es auch Filialen in Bukarest zu eröffnen.
Vom Bäcker zum Snacker
"SB-Bäckereien waren gestern“, sagt Peter Gabler, Geschäftsführer und Gründer des Franchise-Unternehmens, "heute geht es um Quick-Restaurants, in denen Backwaren zum Snack veredelt werden“. Das Geschäft läuft im wahrsten Sinne des Wortes wie geschnitten Brot. Der Bruttoumsatz stieg innerhalb von zwei Jahren von 80 Millionen auf über 94 Millionen. Die Franchise-Nehmer machen ab dem zweiten Geschäftsjahr pro Standort rund 725.000 Euro ein – der höchste Wert in der Franchise-Branche.
Und im Gegensatz zur Schnellrestaurant-Kette Burger King muss sich Gabler auch nicht mit unzufriedenen Franchise-Nehmern herumschlagen. 2011 wurde das Unternehmen sogar vom Internationalen Centrum für Franchising und Cooperation für die hohe Zufriedenheit der Partner ausgezeichnet.
Paninis und Flammkuchen statt oller Brezeln
Fünf bis zehn neue Filialen will Gabler pro Jahr eröffnen. "Wir setzen auf rein organisches Wachstum“, erklärt der Chef. Zukäufe soll es nicht geben, ein Investor aus dem Ausland wie bei Backwerk ist gar kein Thema. Back Factory ist eine 100-prozentige Tochter von Harry-Brot, einem Hamburger Großbäcker mit über 300 Jahren Firmengeschichte und einem Jahresumsatz von 813 Millionen Euro.
Seit drei Jahren baut Gabler die Filialen zu Schnellrestaurants um, bis 2015 soll die Neugestaltung der bestehenden Filialen abgeschlossen sein. Von den grau-weißen Wänden, dem fiesen Neon-Licht und der zweckmäßigen, aber ungemütlichen Einrichtung soll dann nichts mehr übrig bleiben. „Je schneller der Kunde den Laden wieder verließ, desto besser“, schreibt Back Factory auf den firmeneigenen Website mit Blick auf die Anfänge der Kette.
Jetzt soll es gemütlich werden mit dunklem Holz und Leder, roten Wänden und sanftem Licht. Moment mal, rot, Holz, Leder? Ja, das Einrichtungskonzept erinnert in der Tat an die Ausstattung der McCafé-Läden der US-Burger-Kette McDonald's. Für Gabler zählen die Snack-Bars im Diner-Stil neben Kamps und Ditsch durchaus zum Wettbewerb. "In weiser Voraussicht“, sagt er, habe er bereits bei der Anmietung der ersten Filialen darauf geachtet, genug Platz für den Ausbau zur Backgastronomie zu haben. Mancher Mitbewerber schaut jetzt in die Röhre, weil die Läden zu klein sind für einen Ausbau und keine Ausbestuhlung möglich ist. Die Leute wollten nun mal draußen sitzen, sagt Gabler „sogar im Winter“.
Der Trend geht klar vom Bäcker zum Snacker. Die Discount-Brötchen-Welle ist abgeebbt, Umsatzbringer sind Paninis, Wraps und Sandwiches – bald auch frisch zubereitete und individuell belegt. In der Filiale am Frankfurter Hauptbahnhof testet Gabler, wie sich das Angebot sinnvoll erweitern lässt. Das reine SB-Konzept gibt er zugunsten einer Bedien-Theke auf. Dort gibt es Flammkuchen frisch aus dem Ofen. „Die Leute sollen sich bei uns nicht nur einen Snack holen können, sondern auch gemütlich zum Abendessen bleiben können“, schwebt Gabler vor. „In den nächsten zehn Jahren wollen wir mit den umgebauten Filialen den Markt in Deutschland neu aufrollen“, verspricht der Manager.
Das wird auch eine Reihe neuer Lieferanten, die die Kette mit Frischwaren wie Käse, Wurst und Gemüse beliefern, erfordern. Man befinde sich in Gesprächen mit neuen regionalen Partnern, mehr will der Manager vorerst aber nicht verraten.
Von Polen bis ins Emirat Katar
Wie erfolgreich Gabler den Weg zum Gastronomen geht, belegt ein Ranking der Fachzeitschrift "Foodservice". Innerhalb von nur drei Jahren hat es Back Factory unter die Top 20 der Quickservicegastronomie-Betriebe geschafft und Konkurrent Backwerk auf Rang 24 bereits überholt – auch wenn das Unternehmen nach Schätzungen des Magazins in diesem Segment 33 Prozent mehr umgesetzt hat als im Vorjahr.
Bei Back Factory wächst man langsamer – fast sechs Prozent gegenüber Vorjahr – Mitbewerber Kamps hat 13 Prozent Umsatz verloren, Ditsch stagniert. Noch führen Burger King und Platzhirsch McDonald's die Liste mit großem Abstand.
Gabler hat es nicht eilig, auf den 18 Rängen die zwischen ihm und den Fast-Food-Giganten liegen aufzuholen. Die Richtung stimmt. "Lieber langsam wachsen, aber gesund und wirtschaftlich bleiben“, lautet sein Motto. Von einer großangelegten Auslandsoffensive will er daher auch nichts wissen. Eben hat Back Factory die erste Filiale am Hauptbahnhof im polnischen Wroclaw (Breslau) eröffnet. Wenn die gut läuft, könnten weitere folgen.
Auch nach Gran Canaria und Madrid hat Gabler die Fühler ausgestreckt. Ein Franchise-Nehmer aus Berlin plant den Umzug und machte den Vorschlag, das Konzept nach Spanien zu bringen. Warum nicht? Gabler nutzt solche Gelegenheiten gerne, nicht unüberlegt, aber wenn, dann konsequent. Für noch heißere Brötchen könnte bald das Engagement im arabischen Wüstenstaat Katar sorgen.
Das Emirat möchte Back Factory mindestens in Einkaufszentren und Flughäfen sehen. Gabler: "Dort sollen noch deutlich vor Beginn der Weltmeisterschaft Back Factory Standorte eröffnet werden.“ Natürlich ist auch hier McDonald's schon vor Ort. Und wer weiß, ob sich Scheichs von Flammkuchen genauso begeistern lassen wie von Chicken McNuggets?