Bahn kämpft mit Verspätungen Ein „ADAC auf Schienen“ soll Züge flottmachen

Peinliche Panne: Ein defekter ICE in Thüringen wird abgeschleppt, die Passagiere mussten zuvor umsteigen. Quelle: imago images

Die Deutsche Bahn will einen Entstörungstrupp für das Schienennetz aufbauen. Das Projekt wird angeschoben vom neuen Infrastrukturvorstand Berthold Huber. Es ist nicht seine einzige Sofortmaßnahme.

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Wenige Tage nach Amtsantritt von Berthold Huber als Bahn-Konzernvorstand für Infrastruktur unternimmt dieser erste Anstrengungen, Blockaden im Schienennetz zu beseitigen. Künftig soll etwa „ein Hochleistungs-Entstörungstrupp dafür sorgen, dass defekte Züge nicht länger als fünf Stunden das Netz blockieren“, berichtet ein Bahn-Insider. Auch abgestellte Güterzüge, die Überholgleise unnötig lange blockieren, sollen zügig weggeräumt werden.

Bislang seien vor allem die Bahnunternehmen selbst dafür zuständig, defekte Züge abzuschleppen, also etwa DB Fernverkehr oder private Anbieter. Bei der Huber unterstehenden Bahntochter DB Netz gebe es nur wenige Schlepploks, die dazu in der Lage wären. Huber schweben offenbar 30 bis 50 Hybridloks mit Diesel- und Elektromotor vor, die bundesweit an diversen Standorten stationiert würden.

Der „ADAC auf Schienen“, so der interne Titel des Projekts, sei Teil eines Maßnahmenpakets, das den Zugverkehr stabilisieren soll. Die Bahn kämpft derzeit mit massiven Verspätungen. Im Juni lag die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr bei 58 Prozent – seit Jahren war die Leistung der Bahn nicht so schlecht. Auch im Regionalverkehr sank die Quote seit Langem erstmals unter 90 Prozent. Grund für die Misere sind zahlreiche Baustellen auf dem Netz, die nötig sind, um die Gleisen, Weichen und Stellwerke auf Vordermann zu bringen. Selbst Top-Manager wie Ralf Kloß von der Güterbahntochter DB Cargo verzweifelten am Zustand des Netzes.

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Die Bahn hatte kürzlich angekündigt, das Schienennetz nun für ein Hochleistungsnetz vorzubereiten: Ab 2024 sollen nötige Baumaßnahmen auf den wichtigsten Korridoren nicht mehr nacheinander, sondern gebündelt abgearbeitet werden. Dafür sollen dann bestimmte Strecken wochenlang gesperrt werden. Außerdem haben sich Bund und Bahn darauf verständigt, die Strecken dann auch auf ein höheres Qualitätsniveau zu modernisieren. Dadurch soll das Netz in Zukunft weniger störanfällig werden.

Seit 1. Juli hat der bisherige Personenverkehrsvorstand Berthold Huber das Ressort Infrastruktur übernommen. Sein Vorgänger war Ronald Pofalla, der die Bahn Ende April verlassen hat. Bereits im November 2021 hatte sich abgezeichnet, dass das Schienennetz der Deutschen Bahn dem Verkehrsaufkommen auf den wichtigsten 3500 Kilometern in diesem Jahr nicht mehr gewachsen sein würde. Der Konzern hatte es aber versäumt, rechtzeitig Alarm zu schlagen.

Angeblich arbeitet Huber bereits an weiteren Sofortmaßnahmen, um das Netz zu stabilisieren. Dem Manager traut der Aufsichtsrat offenbar am ehesten zu, die Strukturen beim Gleisbetreiber DB Netz zu verändern. Die Bahntochter kennt Huber durchaus. 2008 wurde er Personalvorstand bei dem Netzbetreiber. Zwar nur zwei Jahre lang, aber Huber stößt nicht auf ganz unbekanntes Terrain. Außerdem war Huber in der Zeit vor 2008 viele Jahre lang im Top-Management der Regio-Tochter DB Regio. 2010 wurde er Chef des Fernverkehrs. Ab 2015 war er dann als Konzernvorstand sowohl für Fernverkehr als auch für Regio verantwortlich. Huber kennt die Zusammenarbeit mit DB Netz also vor allem als Kunde eines Eisenbahnunternehmens heraus, aber auch von innen.

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Nach Information der WirtschaftsWoche will Huber vor allem an drei Punkten ansetzen: Projekte wie der „Schienen-ADAC“ sollen mehr Flexibilität ins System bringen. Außerdem will er ein Signal senden, dass die Mitarbeiter bei DB Netz mehr Verantwortung für die Pünktlichkeit in Deutschland übernehmen. Drittens will er die Kapazität mit weiteren Kleinmaßnahmen erhöhen.

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