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Bahn-Tarifverhandlung „Durchbruch“ bei Bahn-Tarifverhandlungen

Deutsche Bahn und die GDL haben bei ihren Tarifverhandlungen einen „Durchbruch“ erzielt. Beide Seiten einigten sich auf einen Abschluss für alle GDL-Mitglieder für das Jahr 2014. Details müssten noch besprochen werden.

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"Ein ganzes Land in Geiselhaft"
Bundeskanzlerin Angela Merkel empfiehlt ein Schlichtungsverfahren zur Beendigung des Tarifkonflikts. "Es gibt auch die Möglichkeit der Schlichtung, wenn beide Partner zustimmen", sagte die Kanzlerin am Mittwoch in Berlin. Dies hatte die Deutsche Bahn zuvor angeboten. "Ich kann nur an das Verantwortungsbewusstsein appellieren, hier Lösungen zu finden, die für uns als Land einen möglichst geringen Schaden haben - bei aller Wahrung des Rechts auf Streik." Streiks seien eine Möglichkeit der tariflichen Auseinandersetzung, sie müssten aber verhältnismäßig sein, sagte Merkel weiter. Ob dies der Fall sei, darüber könne letztlich nur ein Gericht entscheiden. "Aber es gibt eine Gesamtverantwortung", mahnte Merkel. Gerade im Bereich der Daseinsvorsorge wie dem Verkehr, wo Millionen Bürgern betroffen seien und es um die Zukunft der Wirtschaft gehe, sei von allen Beteiligten ein hohes Maß an Verantwortung notwendig. Quelle: REUTERS
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat die Bahn dazu aufgerufen, notfalls vor Gericht zu ziehen. Der Streik sei unverhältnismäßig und überstrapaziere die Akzeptanz der Bevölkerung in Tarifauseinandersetzungen, sagte Dobrindt am Mittwoch. "Und deswegen muss man, wenn es jetzt nicht zu einer Schlichtung kommt, die Rechtsposition der Bahn wahrnehmen und muss alle Rechtsmittel nutzen." Wenn die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben sei, könne dies auch vor Gericht geklärt werden, fügte der CSU-Politiker hinzu. In einem Tarifkonflikt müsse in besonderer Weise auf die Auswirkungen auf Dritte Rücksicht genommen werden. Dobrindt schloss nicht aus, dass die von der Bahn ins Spiel gebrachte Vermittlung durch zwei unabhängige Schlichter zustande kommen könne. Er halte dies für ein "seriöses Angebot", durch das es möglich sei, zu einem Ergebnis zu kommen. Er stehe in direkten Gesprächen mit dem Staatskonzern, fügte der Minister hinzu. Quelle: REUTERS
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die GDL ungewöhnlich scharf attackiert und einen Schlichter zur Beilegung des Konflikts gefordert. Er warf der GDL Missbrauch des Streikrechts vor. "Das Streikrecht wurde in den letzten 65 Jahren in Deutschland von den DGB-Gewerkschaften immer verantwortungsbewusst genutzt - und nur dann, wenn es um Arbeitnehmerinteressen ging", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Die GDL hat sich von diesem Prinzip verabschiedet." Den Funktionären gehe es nicht um höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen, sondern um Eigeninteressen. "Ich appelliere an die Funktionäre der GDL, an den Verhandlungstisch zurückzukommen", sagte Gabriel. Nötig sei jetzt Verantwortungsbewusstsein auf allen Seiten und ein Schlichter oder Vermittler, um den drohenden volkswirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Die SPD steht dem Gewerkschaftslager und vor allem dem DGB gewöhnlich sehr nahe. Quelle: dpa
"visitBerlin"-Geschäftsführer Burkhard Kieker sagte, er könne die Politik des GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky nicht nachvollziehen. "Das scheint ein Profilneurotiker zu sein, der ein ganzes Land in Geiselhaft nimmt." Quelle: REUTERS
Die Deutsche Bahn hält den angekündigten erneuten Lokführerstreik für „reine Schikane“. „Dieser Streikaufruf macht nur noch sprachlos“, sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Das Unternehmen plant wie bei den vorherigen Streiks einen Ersatzfahrplan. So soll etwa ein Drittel des sonst üblichen Zugverkehrs angeboten werden können. Quelle: dpa
"Was derzeit bei der Bahn passiert, ist Gift für den Standort Deutschland", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Deutsche Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks. "Neben dem Ärgernis für Urlauber führen Streiks im Güterverkehr bereits nach wenigen Tagen zu Produktionsstörungen, weil Bahntransporte oft nicht kurzfristig auf Straßen oder Schiffe verlagert werden können." In Schlüsselbranchen wie der Automobilindustrie sei die Produktionskette komplett auf Just-in-time-Produktion ausgerichtet, bei der Zuliefer- und Produktionstermine genau aufeinander abgestimmt seien. "Warenlager helfen nur die ersten Tage, dann stockt die Fertigung", sagte Dercks. Quelle: dpa
Das Verständnis der Pendler hält sich in Grenzen. Quelle: Screenshot

Bei der Deutschen Bahn ist die Gefahr eines Streiks auf absehbare Zeit gebannt. Nach monatelangem Streit sind der Konzern und die Lokführergewerkschaft GDL auf dem Weg zu einem Tarifabschluss für das Jahr 2014 vorangekommen. Von Januar an wird für die Folgezeit verhandelt. Vor dem Treffen am Mittwoch hatte die Gewerkschaft noch mit „massiven Arbeitskämpfen“ gedroht. „Wir haben heute in der Tarifverhandlung am 17. Dezember einen entscheidenden Durchbruch erzielt“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky. Er sei sehr zuversichtlich für die folgenden Verhandlungen Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber sprach von ersten Fortschritten und einem guten Tag für Kunden und Mitarbeiter. „Wir können einigermaßen beruhigt in das neue Jahr gehen.“ Jedoch seien noch viele Forderungen der Lokführer offen.

Die Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatten in diesem Herbst sechs Mal gestreikt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Nun sind weitere Verhandlungstermine für den 19. und 28. Januar vereinbart. Streiks sind bis dahin vom Tisch, wie Weselsky versicherte. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat Streiks ihrer Mitglieder bis zur nächsten Verhandlungsrunde am 14. Januar ausgeschlossen.

Nach Angaben beider Seiten vereinbarten GDL und Bahn für alle Mitglieder 510 Euro als Einmalzahlung für die Monate Juli bis Dezember. Die Bahn hatte ihr Angebot der Einmalzahlung erhöht. Es hatte vorher bei 390 Euro gelegen. Die mit der GDL konkurrierende EVG erhalte das gleiche Angebot, kündigte Weber an. Die Gespräche darüber dürften aber nicht einfach werden. EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba nannte die Einmalzahlung am Mittwoch „in der vorliegenden Form nicht ausreichend“. Sie verlangte, die Summe auch den Reinigungskräften und dem Wachpersonal der Bahn anzubieten. Die GDL kam der Bahn am Mittwoch entgegen: Im Gegenzug für die Einmalzahlung dringt sie nicht mehr auf zwei Stunden weniger Wochenarbeitszeit, sondern verlangt nur noch eine Stunde weniger, was in eine 38-Stunden-Woche münden würde, wie Weselsky sagte.

Er hob hervor, die Bahn habe jegliche Bedingungen für Tarifverhandlungen fallen gelassen und mit der Einmalzahlung erstmals einen Abschluss für alle GDL-Mitglieder vereinbart. Weber sagte, die GDL habe das Interesse der Bahn anerkannt, innerhalb einer Berufsgruppe mit EVG und GDL keine konkurrierenden Tarifverträge zu vereinbaren. „Dieses Klar-Reden war wichtig.“ Fortschritte in dem Tarifkonflikt waren monatelang an der Frage gescheitert, ob die Lokführergewerkschaft auch für andere Berufsgruppen wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen verhandeln darf, die bei ihr Mitglied sind. Für diese Gruppen verhandelt bislang die EVG. Die Bahn wiederum will Tarifkonkurrenz innerhalb des Unternehmens vermeiden.

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