Bain & Company "Das nächste Google könnte aus Deutschland kommen"

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Die Digitalisierung verändert das Geschäft

Die Digitalisierung verändert auch Ihr Geschäft, Daten sind für Ihre Kunden deutlich leichter verfügbar. Wie reagieren Sie?
Bechek: Wir haben eine weltweite Expertengruppe zur fortgeschrittenen Analyse von Daten aufgebaut. Sie arbeitet zum Beispiel eng mit den Fachleuten für Handel und Telekom zusammen, um auf Grundlage der enorm gewachsenen Datenmenge bessere Voraussagen zum Verhalten der Kunden zu treffen. Daten zu haben allein reicht nicht, man muss auch wissen, wie man sie nutzt.
Sinn: Für das Beratungsgeschäft bietet die Digitalisierung enorme Chancen, weil sie Unternehmen aller Branchen an vielen Stellen gleichzeitig betrifft. Das reicht von der Kundenansprache bis zur Fabrik der Zukunft. Ohne das Thema Digitalisierung können Unternehmen heute keine Strategie entwickeln.

Deutschland ist ein von der Industrie dominiertes Land. Die digitale Revolution findet in den USA statt. Werden deutsche Unternehmen international abgehängt?
Sinn: Deutsche Manager unterschätzen teilweise noch, wie viele wertvolle Informationen es in ihrer Wertschöpfungskette gibt und welche Veränderungen mit der heutigen Technologie bei der Ansprache von Kunden, beim Service und in der Produktion möglich sind. Wenn sie die Chancen nutzen, können sie auch künftig Marktführer sein. Das gilt besonders auch für den deutschen Mittelstand und den Kern unserer Industrieunternehmen.
Bechek: Tatsächlich sind es zurzeit vor allem US-Unternehmen, die wichtige Technologien von Halbleitern bis zur Software entwickeln und bereitstellen. Das heißt aber nicht, dass sie künftig die Welt dominieren, im Gegenteil. Produzierende Unternehmen wie Autokonzerne oder Maschinen- und Anlagenbauer haben bessere Chancen, die neue Technologie für sich und ihre Kunden zu nutzen als deren Hersteller. Diese Unternehmen können und dürfen nicht so weit gehen, dass sie ihre physischen Aktivitäten aufgeben und sich nur noch auf das Digitalgeschäft konzentrieren. Sie müssen beides vorantreiben.

Trotzdem finden die großen digitalen Erfolgsgeschichten in den USA statt.
Sinn: In Deutschland fehlt es nicht an Ideen, aber mitunter an der Vermarktung und am Kapital. Einige der wichtigsten US-Investoren haben sich aber erst kürzlich an interessanten deutschen Digital-Startups beteiligt. Der Trend wird sich fortsetzen, aber wir müssen die Rahmenbedingungen für Investitionen und Innovationen verbessern.
Bechek: Um das Silicon Valley ist mit einem einzigartigen Netz aus Universitäten, Unternehmern, Arbeitskräften und Kapitalgebern ein Kreislauf der Innovation entstanden. Der setzt sich immer weiter fort. Ähnliche Bedingungen gibt es heute aber auch an anderen Orten, etwa in Indien, Tel Aviv, Schanghai und Berlin. Das nächste Google könnte aus Deutschland kommen.

Dennoch sieht es derzeit so aus, dass die USA Europa abhängen. Was sind die Folgen?
Bechek: Die aktuellen Bewertungen an den Börsen legen diesen Schluss nahe. Die Wirtschaft läuft gut, vor allem Technologieunternehmen verdienen blendend. Ich warne aber vor zu viel Optimismus. Die USA müssen Antworten auf fundamentale Probleme bei Infrastruktur und Bildung finden. Europa steht schwächer da und hat mit Belastungen wie hoher Verschuldung und alternder Bevölkerung zu kämpfen. Es bleibt aber ein sehr großer und wohlhabender Markt. Wir investieren weiter in den Ausbau unseres Geschäfts, vor allem in Deutschland.
Sinn: Wir rechnen hier mit einer robusten Entwicklung, die deutschen Unternehmen profitieren auch vom schwachen Euro. Jeder Aufschwung bleibt aber fragil, solange die Probleme der Währungsunion nicht gelöst sind.

Welche Ziele hat Bain in diesem Jahr?
Bechek: Unser Geschäft ist bisher weltweit deutlich zweistellig gewachsen, Treiber ist vor allem die Nachfrage in Asien und den USA, aber auch in Europa läuft es gut. Wir liegen gut im Plan, am Ende des Jahres ein zweistelliges Plus erreicht zu haben.

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