Bastei Lübbe Nur zwei statt acht Millionen Euro Gewinn?

Das Kölner Verlagshaus muss seinen Gewinn für die vergangenen beiden Geschäftsjahre massiv nach unten korrigieren. Dahinter stecken dubiose Geschäfte, die von der WirtschaftsWoche aufgedeckt worden waren.

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Bücher des Kölner Verlages Bastei Lübbe. Quelle: dpa

Erst stürzt der Aktienkurs ab, dann tritt der Aufsichtsrat geschlossen zurück und nun der nächste Paukenschlag in Köln: Das börsennotierte Medienhaus muss den Konzernabschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr neu aufstellen.

Das gab das Unternehmen heute per Adhoc-Mitteilung bekannt. Hintergrund ist, dass Bastei in den vergangenen beiden Geschäftsjahren zwei Unternehmensbeteiligungen an eine britische Firma verkauft hat. Die WirtschaftsWoche hatte im Juli Zweifel an diesen Geschäften geäußert.

Es gebe deutliche Hinweise darauf, dass sie nur getätigt wurden, um die sinkenden Gewinne bei Bastei aufzuhübschen. Mit der Unternehmensmitteilung von heute erhärtet sich dieser Verdacht.

Denn nach dem Erscheinen des WirtschaftsWoche-Artikels im Juli haben offenbar auch die Wirtschaftsprüfer von KPMG noch einmal genau auf die beiden Geschäfte geschaut. Sie kommen nun zu dem Ergebnis, dass Käufer Blue Sky Tech Ventures nicht wie ursprünglich dargestellt unabhängig handelte, sondern von Bastei kontrolliert wird. Genau darauf hatten auch die Recherchen der WirtschaftsWoche hingedeutet. Der Kölner Verlag besitze „Verfügungsgewalt über Blue Sky“, so das jetzt gefällte, vernichtende Urteil der Wirtschaftsprüfer. Bastei Lübbe hatte im Zuge der Geschäfte den Wert der verbliebenen Anteile in der Bilanz erhöht. Diese Neubewertung brachte reichlich Gewinn – und muss nun rückabgewickelt werden. Bitter für Bastei-Chef Thomas Schierack, der entsprechende Vorwürfe der WirtschaftsWoche vor einem Monat noch „substanzlos“ nannte.

Dass auch KPMG die Bilanz des Verlags inzwischen mit einem Fragezeichen versieht, sei für ihn „unverständlich“. Ursprünglich ­– also vor dem Bericht der WirtschaftsWoche - hatten die Wirtschaftsprüfer den beiden betroffenen Jahresabschlüssen noch ihr Siegel erteilt. Nun muss die Prüfungsgesellschaft diese Urteile revidieren. Peinlich, denn für KPMG ist es nicht die erste Fehleinschätzung. Jüngst war die Gesellschaft mehrfach wegen schlampiger Prüfungen in die Schlagzeilen geraten, zuletzt im Zusammenhang mit dem geplatzten Verkauf des Flughafens Frankfurt-Hahn an einen chinesischen Investor.

Nicht nur für KPMG und Bastei-Chef Schierack ist die Sache unangenehm. Auch die Aktionäre des börsennotierten Verlags müssen damit rechnen, dass die Neubewertung der Verkäufe Substanz kostet. Denn die durch die Verkäufe entstandenen Gewinne sind damit größtenteils hinfällig. Bastei Lübbe hatte in den Geschäftsjahren 2014/ 2015 und 2015/2016 insgesamt 13,7 Millionen Euro Vorsteuergewinn mit den Blue Sky-Geschäften eingefahren. Allein für das abgelaufene Jahr muss der Konzern nun 6,1 Millionen Euro aus der Gewinn- und Verlustrechnung herausrechnen. Das Kölner Unternehmen geht davon aus, dass sich der Gewinn vor Abschreibungen, Steuern, Zinsen und Amortisationen (Ebitda) für das abgelaufene Geschäftsjahr deshalb etwa halbieren wird. Netto dürfte nur noch ein Mini-Gewinn von knapp zwei Millionen Euro übrig bleiben. Ausgewiesen hatte Bastei Lübbe ursprünglich rund acht Millionen.

Die unglaublichsten Geschichten schreibt Bastei Lübbe derzeit selbst

Durch die jetzt fällige Korrektur wird auch das den Aktionären zurechenbare Eigenkapital erheblich sinken. Denn die beiden Anteils-Verkäufe haben dafür gesorgt, dass Bastei seine verbliebenen Anteile in der Bilanz höher bewertete. Rechnet man diesen Aufschlag nun wieder heraus, stünden rund zehn Millionen Euro weniger Eigenkapital in der Bilanz. Bastei käme damit noch auf 52 Millionen Reinvermögen, die Eigenkapitalquote würde um rund vier Prozentpunkte auf 48 Prozent sinken.

Nach wie vor unklar ist, ob Blue Sky die vereinbarten Kaufpreise wirklich bezahlen kann. Die Zahlungsfrist musste der  Verlag schon einmal verlängern, auch die verlängerte Frist ist inzwischen abgelaufen. Ob das Geld nun in voller Höhe da sei, wollte Bastei Lübbe auf Anfrage der WirtschaftsWoche Anfang des Monats aber nicht beantworten. Rund 4,3 Millionen Euro schuldete Blue Sky Bastei Lübbe am Bilanzstichtag 31. März noch. Kann Blue Sky das Geld nicht auftreiben, drohen Abschreibungen.

Auf die neuen Hiobsbotschaften reagierten Anleger bislang erstaunlich gelassen. Zwar schnellte der Tagesumsatz der Bastei-Aktie im Xetra-Handel auf ein neues Jahreshoch. Die vielen Verkäufer treffen aber offenbar auch auf Käufer: Der Kurs liegt im Tagesverlauf nur leicht im Minus. Die Aktie notiert derzeit gut 20 Prozent unter ihrem bisherigen Jahreshoch im Juni.

Bis zur ersten Hauptversammlung werden sich die Neuinvestoren aber etwas gedulden müssen. Der Verlag hat das ursprünglich für den 15. September angesetzte Aktionärstreffen wegen der Turbulenzen um den Konzernabschluss verschoben. Der 30. November ist vorläufig als neuer Termin angesetzt. Bastei Lübbe will sich dann von seinen Anteilseignern die Erlaubnis geben lassen, 1,3 Millionen neue Aktien zu schaffen und sich so frisches Geld zu besorgen. Außerdem sollen die Aktionäre einen neuen Aufsichtsrat wählen, nachdem als Reaktion auf die Berichterstattung der WirtschaftsWoche die Mitglieder des Gremiums ihren Rückzug bekannt gegeben hatten.

Die unglaublichsten Geschichten schreiben bei Bastei Lübbe derzeit nicht die Autoren, sondern die Verlagsmanager.

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