"Baur au Lac"-Chef "Grenzen auf dem Weg in die Zukunft sind nicht wirklich hilfreich"

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Zu einem erfolgreichen Familienunternehmen gehört langfristig eine intelligente Familienpolitik"

Gegen Ihr Modell spricht, dass Inhaber geführte Stadthotels durch Konzerne verdrängt werden.

Das liegt aber nicht am Geschäftsmodell. Zu einem erfolgreichen Familienunternehmen gehört langfristig eine intelligente Familienpolitik. Die meisten scheitern daran, dass der Generationenübergang nicht funktioniert. Dann ist schnell der Punkt erreicht, an dem man verkauft und dann kommen die Ketten. 

Was ist daran für den Gast eigentlich so schlimm: Ketten sind flexibel, bieten verlässlichen Standard.

Privatunternehmen neigen stärker zur Nachhaltigkeit, zum langfristigen Denken. Das Unternehmen als solches hat einen Wert, der nicht nur monetär zu sehen ist. Das heißt zum Beispiel, auch in schwierigen Zeiten mal die Luft an zu halten. Dann kann ich nicht sofort 20 Prozent des Personals entlassen und alles herunterfahren – der Gast hat ja die gleiche Erwartungshaltung. Wir haben 60 Prozent Stammgäste unter unseren Buchungen – das macht Mut den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. 

Richard Wagner soll hier in Ihrem Haus wesentliche Teile seines Werks geschrieben haben. Ist es noch denkbar, dass Sie heute Anlaufstelle für die Kreativen unserer Zeit sind.

Es war auch zu jenen Zeiten nicht nur der Herr Wagner hier zu Gast. Es war immer ein Umfeld aus sehr unterschiedlichen Menschen, die sich gegenseitig geistig befruchteten. Unsere Gäste sind weder freizeitorientiert noch berufsfixiert. Es sind sehr unabhängige Menschen. Und wir haben keine Ausrichtung auf eine Nationalität. Das hat den Vorteil, dass es die Abhängigkeit von Entwicklungen in einzelnen Ländern mindert, vor allem aber auch, dass nie ein Gast den Eindruck hat, er ist hier außen vor. Diese Kosmopolitische Atmosphäre ist etwas ganz besonderes. 

Ergibt sich diese ideale Mischung an Menschen von selbst oder muss man das – analog zu der Diskussion in der Politik gerade - steuern?

Das wächst so mit der Zeit und befruchtet sich immer aufs Neue. Aber sicher pflegen wir das durch aufmerksame Betreuung, den jeweiligen Mentalitäten und Kulturen entsprechend. 

Wie sehr haben Sie ihr Schicksal noch in der Hand, wenn man sieht wie Politik und einige wenig globale Tech-Konzerne ins Geschäft wirken?

Das am stärksten spürbare Element ist die Beschleunigung allen Handelns und der Einfluss neuer Technologien auf alle Bereiche des Lebens. Die Kurzfristigkeit, die reduzierte Planbarkeit. Das hängt mit Technologie zusammen. Es wird hier zum Beispiel deutlich weniger im Voraus gebucht, aber trotzdem sind wir nicht weniger ausgelastet. Wir leben in einer Welt der Kurzfristigkeit, der kaum planbaren Situationen. Die Herausforderung ist, damit klar zu kommen und neue Chancen rechtzeitig zu erkennen. Das ist in der Tat sehr spannend. 

Das scheint mir im Widerspruch zu Ihrer Langfristigkeit zu stehen.

Das ergänzt sich: Die Service Philosophie und der Fokus auf Qualität sind beständig. Entsprechend nachhaltig ist auch das Investitionsverhalten. Die Anpassung an Erfordernisse der Zeit hinsichtlich der Interpretation von Service und der Art der Investitionen, insbesondere hinsichtlich moderner Technologie, muss an den Wünschen der Gäste ausgerichtet bleiben. Bei internen Abläufen sollten Chancen durch technologischen Fortschritt für Effizienz genutzt werden. Dies schafft dann wieder Freiräume für den Dienst am Gast und für eine gesunde Betriebswirtschaft.

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