Die Deutsche Post will an ihrem umstrittenen Einstellungsverfahren festhalten. Die Eckpunkte hätten sich in der Praxis bewährt und seien arbeitsrechtlich nicht zu beanstanden, sagte der Personalvorstand des Bonner Konzerns, Thomas Ogilvie, der „Süddeutschen Zeitung“.
Um einen Festvertrag bei der Post zu bekommen, dürfen befristete Angestellte binnen zwei Jahren nicht mehr als 20 Tage krank gewesen sein und nicht mehr als zwei selbstverschuldete Unfälle mit Firmenwagen gehabt haben.
An der Einstellungs- und Befristungspraxis der Post hatte es massive Kritik gegeben. „Diese Kriterien sind völlig menschenverachtend und sittenwidrig“, sagte Beate Müller-Gemmeke, Grünen-Sprecherin für Arbeitnehmerrechte, der „Bild am Sonntag“. Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe von CDU/CSU, kritisierte in der Zeitung: „So ein Kriterienkatalog, wie er vorliegt, ist ein Quatsch und der Personalabteilung eines Großunternehmens unwürdig.“ Bundesfinanzminister Olaf Scholz will den Einfluss des Bundes nutzen und die umstrittene Einstellungspraxis bei der Deutschen Post ändern. „Diejenigen, die für uns im Aufsichtsrat sitzen, haben sich vorgenommen, (...), darauf zu reagieren und die Gespräche schon vereinbart“, sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“ und fügte hinzu: „Es wird gleich reagiert, damit es zu einer veränderten Praxis kommt, so weit wir das beeinflussen können.“ Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kündigte an, den Einfluss des Bundes für eine Änderung der Kriterien zu nutzen. Der Bund hält über die Staatsbank KfW knapp 21 Prozent an der Deutschen Post.
Post-Sprecher Ogilvie bekräftigte die Argumentation des Bonner Konzerns, dass die Kriterien nur Anhaltspunkte seien und die Verantwortlichen, die vor Ort über jede einzelne Entfristung entscheiden müssten, Entscheidungsspielräume hätten. „Wenn es eine Grippewelle gab oder jemand einen Sportunfall mit langer Ausfallzeit hatte, kann von den Eckpunkten durchaus abgewichen werden.“ Post-Mitarbeiter, die „auch bei Wind und Wetter raus müssen“, bräuchten eine „gewisse körperliche Fitness“, sagte Ogilvie. Bei den Kriterien handele es sich um Anhaltspunkte. „Wir brauchen Kriterien wie jeder andere Arbeitgeber auch, weil wir nicht willkürlich allein nach Bauchgefühl über die Entfristung von Verträgen entscheiden wollen.“
Laut einem Bericht der „Bild am Sonntag“ hat fast jeder fünfte Brief- und Paketzusteller bei der Deutschen Post nur einen befristeten Vertrag haben. Wie die Zeitung unter Berufung auf Konzernunterlagen berichtete, haben etliche davon angeblich weniger als drei Monate Laufzeit. Den Angaben des Berichts widersprach ein Sprecher der Deutschen Post auf Nachfrage nicht, detaillierte Zahlen zum Anteil der befristeten Kräfte wurden allerdings nicht genannt. Laut dem Zeitungsbericht beschäftigte die Post im Bereich „Brief“ Ende des vergangenen Jahres insgesamt 14.780 befristet eingestellte Kräfte. Hinzu kommen sollen 10.335 nicht ständig befristet Beschäftigte und sogenannte Abrufkräfte.