Benchmarking im Fußball Die wirtschaftlichen Schwachstellen der Bundesliga

Die anderen Bundesligisten können sich noch etwas von der Kaderplanung der Freiburger abschauen. Quelle: dpa

Die deutsche Fußballliga wurde erstmals ökonomisch untersucht. Die Unternehmensberatung Bain sieht noch viel Verbesserungspotenzial – vor allem in einem Punkt kann der FC Bayern noch etwas von kleineren Vereinen lernen.

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Fußball ist der Volkssport in Deutschland. Über 47 Millionen Deutsche sind nach Angaben von IfD Allensbach Fan der Ballsportart. Dennoch werden wichtige Daten zu der wirtschaftlichen Leistung der Vereine nur selten erhoben. Die Unternehmensberatung Bain & Company wertete nun erstmals die öffentlichen Kennzahlen zur Wirtschaftskraft der Bundesligen der Saison 2021/2022 aus. Demnach schöpft keiner der 18 Vereine sein gesamtes Potenzial aus.

Dabei spielt die Wirtschaftsleistung eine relevante Rolle im Profisport. „Der Ausgang des Wettbewerbs hängt maßgeblich von den ökonomischen Möglichkeiten ab“, erklärt Christoph Breuer, Professor am Institut für Sportökonomie und Sportmanagement an der Deutschen Sporthochschule Köln. Damit die Vereine ihre Ziele erreichen, investieren sie in ihren Kader. „Da es Verlierer und Absteiger geben muss, wird der Druck Investitionen zu tätigen erhöht“, so Breuer.

Titel haben ihren Preis

Der sportliche Erfolg kann aber auch einen negativen Einfluss auf die Wirtschaftskraft der Vereine haben. Denn die Topklubs spielen auch auf internationaler Ebene. So steckt der FC Bayern München mehr Geld in den Kader, um beispielsweise in der Champions League Titel zu gewinnen. In dem von Bain gemessenen Punkt Kadereffektivität befindet sich der Rekordmeister nur knapp vor dem Relegationsplatz. Zur Beurteilung hat die Unternehmensberatung die erreichte Punktzahl der vergangenen Saison in Verhältnis zum Aufwand für das Spielerpersonal gesetzt. Der aktuell abstiegsbedrohte VfL Bochum hat die effektivste Kaderzusammenstellung.

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Allerdings weist der Sportökonom auf eine Schwäche der Studie hin. Denn in der vergangenen Saison traten sechs Mannschaften bei internationalen Wettbewerben an. Um die Belastung zu steuern, rotieren die Trainier ihre Spieler. Zudem benötigen die Vereine, um mit der Konkurrenz in der Champions League und der Euro League mitzuhalten, ein anderes spielerisches Niveau als Klubs, die nur in der Bundesliga spielen.

Co-Studienautor Philip Dowling versteht die Kritik. „Um die Kadereffektivität der deutschen Champions-League-Teilnehmer im internationalen Wettbewerb zu ermitteln, müssten sie zusätzlich mit den europäischen Topklubs verglichen werden“, erläutert Dowling. Dennoch weist er darauf hin, dass sportlicher Erfolg der Topklubs in der Bundesliga nicht gegeben sei . Der FC Bayern München musste sich in der laufenden Saison zurück an die Spitze kämpfen. Erst am 13. Spieltag übernahm der Rekordmeister die Tabellenführung. Daraus schließt sich, dass der sportliche Erfolg seinen Preis erfordert und im Gegensatz zum Ligadurchschnitt hohe Investitionen nötig werden.

Das kann Bayern noch lernen

An Union Berlin und SC Freiburg wird in der laufenden Saison deutlich, wie die Kadereffektivität den sportlichen Erfolg beeinflusst. Die beiden Vereine landeten auf Platz zwei und drei in der Auswertung. Und in der aktuellen Saison spielen sie oben mit. Auch in der Europa League feierten die Traditionsvereine die ersten Erfolge. „Freiburg und Union haben über Jahre bewiesen, dass es möglich ist, mit vergleichsweise überschaubaren Mitteln effektiv zu wirtschaften und mit viel Intelligenz den Kader weiterzuentwickeln“, beschreibt Co-Autor der Studie Walter Sinn.

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Der SC Freiburg schnitt in einigen Parametern weniger gut ab. Aber mit einem guten Kadermanagement schafften es die Freiburger ohne Verluste aus der Corona-Pandemie. Dies gelang sonst nur dem FC Bayern. „Die Freiburger haben sich darauf spezialisiert, junge Spieler auszubilden und dann teuer weiterzuverkaufen“, erklärt Breuer Freiburgs Strategie. In dieser Methode sieht der Sportökonom das größte Entwicklungspotenzial für die gesamte Bundesliga.

Denn in das Kriterium Kadereffektivität fallen nicht nur die Spieler, sondern auch die Bereiche Scouting, Trainingsmaßnahmen, Teammanagement und Trainerstab. „Das ist ein Punkt, der nie stillsteht. Mittlerweile gibt es viele Datenanalysen, die den Vereinen helfen können, ihren Kader zu verbessern“, erklärt Dowling.

Wie kann die Bundesliga effizienter wirtschaften?

Neben der Kadereffektivität und Sponsoren-Verträgen sind auch die Fans eine wichtige Säule der Bundesligisten. Die Fanszene kauft Merchandising, geht ins Stadion, wird Mitglied und abonniert den Streamingdienst. Vereine wie die Eintracht Frankfurt und der 1. FC Köln zeigen, welche Ausstrahlungskraft die Fans haben können. Um über lange Sicht Fans zu gewinnen und auch zu erhalten, müssen die Vereine in neue Ideen investieren.

Die Studie gibt den Bundesligisten einige Vorschläge mit. So sei es sinnvoll, Influencer einzusetzen. Sportökonom Breuer sieht das kritisch. „Ich bin skeptisch, ob die Empfehlung im Hinblick auf Bundesligaklubs angemessen ist“, sagt Breuer. Fußballfans seien sehr zurückhaltend bei neuen Vermarktungsformen. „Ich glaube, dass die meinungsbildende Fangruppe stark dagegen angehen würde, wenn ein Klub Influencer beschäftigt, um das Wirtschaftspotenzial weiter auszuschöpfen“, begründet er.

Auch Spieler könnten als eine Art Influencer eingesetzt werden. „Thomas Müller und Mats Hummels haben beispielsweise ihre ThoMats-Challenge und kreieren damit auf ihren eigenen Kanälen Content. Ein solcher Ansatz wäre auch eine Idee für die Vereine“, erklärt Dowling. Zudem sei es wichtig für die Vereine auf wichtige Entwicklungen wie E-Sports und Frauenfußball aufzuspringen. „Die Gaming-Szene ist riesig und erreicht eine jüngere Zielgruppe“, so der Studienautor.

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