
Der Bestechungsprozess gegen Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone wird gegen Zahlung einer Geldauflage von 100 Millionen Dollar eingestellt. Das gab der Vorsitzende Richter Peter Noll am Dienstag im Landgericht München bekannt.
Zur Begründung erläuterte Noll, dass sich der Verdacht gegen Ecclestone während des Verfahrens „in wesentlichen Teilen“ nicht erhärtet habe. Die Kammer sei der Auffassung, dass sich daran auch in der weiteren Beweisaufnahme nichts ändern würde. Selbst wenn strafrechtliche Vorwürfe gegen Ecclestone aufrecht erhalten bleiben könnten, wögen diese nicht so schwer, dass sie einer Verfahrenseinstellung entgegen stünden, erläuterte Noll.
Mit Blick auf das hohe Alter des Angeklagten von 83 Jahren, die lange Verfahrensdauer und andere mildernde Umstände sei die Einstellung gerechtfertigt, sagte Staatsanwalt Christian Weiß. Zudem habe sich im Prozessverlauf herausgestellt, dass der Bestechungsvorwurf kaum zu halten sei.
Es hatte sich bereits am vergangenen Dienstag angekündigt, als das Münchner Landgericht für diese Woche geplante Zeugenvernehmungen wieder abgesagte. Es war von einem „Deal“ die Rede, der sich abzeichne. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone könne sich gegen eine Zahlung von 100 Millionen Dollar „freikaufen“. Ecclestones Anwalt Sven Thomas hält dagegen: „Das ist kein Deal. Das hat mit Freikaufen nichts zu tun.“





Die Summe kam dem Vernehmen nach recht simpel zustande: Die Staatsanwaltschaft beharrte Berichten zufolge „aus optischen Gründen“ auf die Summe von 100 Millionen. In Euro war das Herrn Ecclestone etwas zu viel, in Dollar konnte er damit leben. Man muss schon zugeben: Eine Strafe von 100 Millionen Dollar sieht in den Zeitungen schon besser aus als 74,5 Millionen Euro.
Egal in welcher Währung, die Summe ist atemberaubend hoch. So hoch, dass die üblichen Rufe nach einer Bevormundung der Reichen und Schönen vor Gericht wieder aufkamen. Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nannte es im „Deutschlandfunk“ eine „Frechheit“, dass jemand, der so reich ist, um 100 Millionen Dollar zu bezahlen, „sich freikaufen kann“, während weniger gut Betuchte eine Haft verbüßen müssten.
Eine Einstellung ist kein Deal
Doch so einfach ist es nicht. Ecclestone ist keinen „Deal“ mit der Staatsanwaltschaft eingegangen, wie es etwa im Prozess gegen Christian Wulff lange im Raum stand. Eine solche „Verständigung“, wie sie im Paragraf 257c der Strafprozessordnung beschrieben wird, zieht eine Verurteilung mit sich. Sprich: Die Beweislage ist eindeutig, der Angeklagte gesteht seine Schuld ein und wird verurteilt – im Vorfeld für dieses Vorgehen, welches das Verfahren abkürzt, wird lediglich ein Höchstmaß für die Strafe ausgehandelt.
Anders bei Ecclestone: Er wurde weder verurteilt noch freigesprochen. Der Strafprozess gegen ihn wurde gegen Auflagen eingestellt – eine Regelung, die seit über 40 Jahren anerkannt ist und von der auch zahlreiche Normalbürger bereits profitiert haben. Das in Paragraf 153a vorgesehene Verfahren wurde in den vergangenen zehn Jahren über 100.000 Mal angewendet, etwa bei Verkehrsdelikten.
Doch im Fall Ecclestone gibt es zwei Besonderheiten: Normalerweise wird das Verfahren gegen Auflagen eingestellt, noch bevor der Prozess überhaupt eröffnet wurde – und nicht erst nach monatelangen Verhandlungen. Das Zweite ist die Höhe der Summe. Gewöhnlich dient die Einstellung der Entlastung der Justiz bei einer vergleichsweise geringfügigen Schuld. Der Raser akzeptiert etwa die Geldstrafe und das Fahrverbot – fertig. Doch kann man bei einer Summe von rund 75 Millionen Euro noch von einer geringfügigen Schuld sprechen?