Billigflieger Ryanair will nicht für Pilotenstreik-Chaos zahlen

Während der Pilotenstreiks waren etwa ein Sechstel aller Flüge in Europa ausgefallen. Quelle: dpa

Die Billigfluggesellschaft Ryanair erteilt Entschädigungen ihrer streikgeplagten Passagiere eine Abfuhr und widerspricht damit einem Entschädigungsportal, das Ansprüche von 78 Millionen Euro berechnet hat.

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Mit deutlichen Worten blockt die Fluggesellschaft Ryanair mögliche Forderungen von Reisenden ab, denen Pilotenstreiks den Sommerurlaub verhagelt haben. Das Entschädigungsportal AirHelp hatte zuvor eine Schätzung veröffentlicht, wonach von der Streikwelle im Juli und August 270.000 Ryanair-Passagiere betroffen gewesen sein sollen. Die Reisenden könnten laut AirHelp insgesamt 78 Millionen Euro Entschädigung von der Billigfluglinie verlangen.

„Die Behauptungen dieser teuren Ausgleichsjäger-Firma sind völlig unbegründet“, sagte Ryanair-Sprecher Robin Kiely der WirtschaftsWoche. AirHelp sei lediglich darauf aus, kostenlose Werbung für seinen teuren und unnötigen Service zu erzeugen.

Laut einer EU-Verordnung aus dem Jahr 2004 haben Flugreisende bei Verspätungen und Ausfällen ihrer Verbindung Anspruch auf Entschädigungen von 250 bis 600 Euro. Zahlreiche Rechtsportale wie AirHelp versprechen ihren Nutzern, die Ansprüche bei den Fluggesellschaften professionell einzutreiben. Dafür kassieren sie markante Abschläge, die etwa bei AirHelp 25 Prozent inklusive Mehrwertsteuer kosten.

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Ryanair hat sich von einem aggressiven Nischenanbieter zum europäischen Marktführer entwickelt und befördert in Europa mittlerweile mehr Passagiere als die Lufthansa. Im Streit um Entschädigungen ist die Frage entscheidend, ob die Fluggesellschaft die Verspätung verursacht hat. Ryanair beruft sich auf die EU-Verordnung aus dem Jahr 2004, wonach ein Entschädigungsanspruch der Fluggäste entfällt, wenn die Verspätung oder der Flugausfall außerhalb der Kontrolle der Airline liegen. Das ist zum Beispiel bei einem Unwetter oder bei medizinischen Notsituationen der Fall und gilt laut Ryanair auch für Streiks. So habe etwa der Konkurrent Lufthansa in den letzten Jahren keine Entschädigungen für streikbedingte Ausfälle und Verspätungen zahlen müssen.

AirHelp dagegen beruft sich auf ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom April 2018. Danach stelle selbst ein unangekündigter Streik des Airline-Personals keinen außergewöhnlichen Umstand dar, der Fluggesellschaften von der Entschädigungspflicht befreien würde. Die Fronten bei der Aufarbeitung des Flugchaos sind also verhärtet.

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