Bird, Lime, Voi, Tier Wer gewinnt den Wettkampf der E-Scooter-Verleiher?

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US-Anbieter mit höchster Finanzkraft

Auch die Größe der Flotten schwillt weiter an. Lime beansprucht für sich mit 25.000 Fahrzeugen in Deutschland marktführend zu sein. Tier kommt aktuell auf die Hälfte – verweist aber darauf, seine Flotte in den Wintermonaten deutlich reduziert zu haben. Im Frühjahr dürften es wieder deutlich über 20.000 Fahrzeuge sein. Voi und Bird machen keine Angaben zu einzelnen Ländern.

Das Wachstum sorgt für Aufmerksamkeit und steigert die Erlöse. Nach Einschätzung Brockmeyers treiben die Start-ups mit ihrer ungebrochenen Expansion aktuell aber vor allem ihre Kosten nach oben. Zwar sind die Scooter verglichen mit beispielsweise Carsharing-Autos in der Anschaffung vergleichsweise günstig. Doch der Betrieb ist teuer. „Die Instandhaltung ist extrem personalintensiv“, sagt Brockmeyer. „Die Skaleneffekte sind aber gering.“ Heißt: Mit wachsender Flottengröße sinken die laufenden Kosten kaum. Immer müssen Leute vor Ort sein, die Bremsen reparieren, Fahrzeuge umparken und sie aufladen.

Solange sich die Start-ups ein Rennen um Marktanteile liefern, sind sie dringend auf weitere Kapitalspritzen angewiesen. Anders als Circ konnten Voi und Tier zwar zuletzt Finanzierungsrunden auf die Beine stellen – und kommen auf eine Gesamtfinanzierung von 135 Millionen beziehungsweise 96 Millionen Dollar. Weit abgehängt werden die europäischen Anbieter aber von den US-Konkurrenten: Circ-Käufer Bird hat seit der Gründung im April 2017 satte 350 Millionen Dollar eingesammelt. Und Lime hat alleine in der jüngsten Finanzierungsrunde fast den gleichen Betrag bekommen.

Mit Uber drängt zudem gerade ein weiteres finanzstarkes Unternehmen in den europäischen Verleihmarkt. Über seine Tochter Jump ist der Taxi-Konkurrent bereits in München und Berlin vertreten – und verleiht in beiden Städten seit September neben E-Bikes auch Scooter. Uber sieht seinen Vorteil darin, Kunden je nach Bedarf auch Fahrten im Auto vermitteln zu können.

Den Wettbewerb weiter befeuern könnte zudem das in Barcelona ansässige Start-up Wind Mobility, das unter anderem vom deutschen Wagniskapitalgeber HV Holtzbrinck Ventures unterstützt wird. Bislang konzentriert sich Wind auf Märkte abseits von Deutschland. Doch in Frankfurt ist das Unternehmen bereits mit Miet-Fahrrädern unterwegs – und kündigt an, dass in den kommenden Monaten auch E-Scooter folgen sollen.

Abo-Modelle sollen Kunden bei der Stange halten

Um Kunden enger an sich zu binden, locken die bestehenden Anbieter nun verstärkt mit neuen Preis-Modellen. Bisher verlangen sie in der Regel einen Euro für das Entsperren und dann einen Minutenpreis, den viele seit dem Start bereits nach oben korrigiert haben. Jetzt sollen Vielfahrer mit Paket-Preisen sparen.

Pionier in Deutschland ist dabei das frisch verkaufte Circ: Erst vor einer Woche hatte das Unternehmen Stunden-, Tages-, Wochen- und Monatspässe mit Freiminuten vorgestellt. Lime bietet ähnliches bereits in Wien an. Auf Anfrage der WirtschaftsWoche teilte der US-Anbieter mit, seinen „Lime Pass“ in Kürze auch in Deutschland anzubieten. Tier bietet seit neuestem ebenfalls Monatspakete an, bei denen zumindest die Entsperrgebühr vor jeder Fahrt wegfällt.

Eine weitere Stellschraube, an der die Unternehmen drehen: Sie arbeiten mit Hochdruck daran, ihre Scooter durch Modelle mit wechselbarem Akku zu ersetzten. Tier beispielsweise gibt an, das in der Mehrzahl der Städte bereits erreicht zu haben – ausgemusterte Scooter verkaufen die Berliner seit Oktober zum Fixpreis. Das Ziel der Flottenerneuerung: Die austauschbaren Batterien machen es überflüssig, die Roller ständig einzusammeln. Der bisher größte Kostenblock – das Laden – wird damit deutlich reduziert.

Ein weiterer Trend: Die Anbieter experimentieren mit anderen Fahrzeugtypen abseits von E-Scootern und Fahrrädern. So hat Bird im vergangenen Sommer in den USA eine Art elektrisch angetriebenes Moped vorgestellt. Tier wiederum wird nachgesagt, potenziell auch E-Roller – also solche im Vespa-Format – in die Flotte aufnehmen zu wollen. Medienberichten zufolge verhandelt das Start-up dazu derzeit mit Coup. Die Bosch-Tochter hatte ihr eigenes Verleihgeschäft mit bis dahin 1500 Fahrzeugen Mitte Dezember eingestellt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.gruender.wiwo.de

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