Blick ins Jahr 2040 Tankstellen mit Ladesäule und Lufttaxi

Aral-Studie: So werden Tankstellen im Jahr 2040 aussehen Quelle: Aral

Elektromobilität und Diesel-Fahrverbote sollten das Geschäftsmodell von Tankstellen eigentlich deutlich verändern. Aber eine Studie zeigt, dass Diesel und Benzin auch 2040 noch die Kassenschlager sein könnten.

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Ein paar Zapfsäulen stehen vor einem in die Jahre gekommenen Tankstellenhäuschen und an der Kasse lockt Brühwurst mit einer Scheibe Toast und Tütensenf. In manchen deutschen Tankstellen scheint die Zukunft noch nicht eingetroffen zu sein. Andere wiederum haben sich bereits zu kleinen Service-Läden samt umfangreichem Supermarkt und Paketannahme entwickelt.

Ein notwendiger Schritt, denn der Wettbewerb auf dem Tankstellenmarkt wird immer intensiver und über den Kraftstoff allein können sich die Tankstellen nur wenig voneinander unterscheiden und so um Kunden buhlen. Da steigt die Bedeutung solcher Service-Angebote. Doch wie wird das in 20 Jahren sein? Dann könnten Tankstellen, wie wir sie heute kennen, ganz anders aussehen und andere Dienstleistungen verkaufen. Wird es überhaupt noch Zapfsäulen für Benzin und Diesel geben?  

Diesen Fragen hat sich nun das Institut für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit Aral, dem größten Tankstellenbetreiber in Deutschland, in einer Studie zur „Tankstelle der Zukunft“ gewidmet. Die Forscher wagen darin einen Blick auf die deutschen Straßen im Jahr 2040, darauf, wie sich der Verkehr in der Großstadt verändern wird und wie die dortigen Tankstellen aussehen werden.   

Logistik sorgt für Mobilitätsanstieg

Die gute Nachricht für Tankstellenbetreiber: Um ihr Geschäftsmodell müssen sie laut der Studie offenbar nicht bangen: Die Deutschen werden 2040 mit Pkw und Nutzfahrzeugen 900 Milliarden Kilometer jährlich zurücklegen – rund ein Viertel mehr als noch 2010. Und das, obwohl die Bevölkerungszahl im gleichen Zeitraum um 4,7 Millionen Menschen zurückgehen wird. Eine mobilere, ältere Gesellschaft sei laut DLR ein Grund für diesen Verkehrsanstieg.

„Solange sich Menschen fortbewegen, wird es eine Rolle und Potenziale für die Tankstelle geben“, sagt Patrick Wendeler, Vorstandsvorsitzender von Aral. 2040 werden laut der Studie deutlich weniger private Pkw auf den deutschen Straßen unterwegs sein, als heutzutage. Die Antwort auf die Frage, woher dieser Verkehrsanstieg in deutschen Großstädten dann kommt, liegt unter anderem in der Logistik.

Nutzfahrzeuge werden in 20 Jahren nämlich die doppelte Kilometerzahl zurücklegen, schätzt das DLR – auch in der Großstadt. Begünstigt werde dieser Anstieg durch das wachsende E-Commerce-Geschäft und eine steigende Fahrleistung des Güterverkehrs. Außerdem werde der gewerbliche Personenverkehr – etwa Carsharing-Angebote oder Taxis – in der Großstadt zunehmen.

Die Zukunft von Benzin und Diesel

All diese verschiedenen Fahrzeuge müssen angetrieben werden. Vor dem Hintergrund des Dieselskandals und dadurch drohenden Fahrverboten, könnte man vermuten, dass deutlich weniger Verbrenner unterwegs sein werden und sich Tankstellen auf deutlich mehr Elektro- oder sogar Wasserstoffautos einrichten müssen.

So sieht die Aldi-Tankstelle aus
"Clever Tanken", verspricht die Werbung: Seit kurzem sind im baden-württembergischen Ludwigsburg und in Stuttgart-Obertürkheim die ersten "Aldi-Tankstellen" in Betrieb.Die Hintergründe zu den Aldi-Tankstellen finden Sie hier. Quelle: Annette Cardinale für WirtschaftsWoche
Zunächst sind weitere acht Standorte geplant, unter anderem auf Aldi-Süd-Parkplätzen im oberbayrischen Fürstenfeldbruck, Forchheim bei Bamberg und Wasserburg am Inn. Auch im hessischen Hattersheim am Main sollen Kunden von Aldi Süd in Zukunft Sprit an Automatentankstellen zapfen können. Quelle: Annette Cardinale für WirtschaftsWoche
Hintergrund: Man wolle den Kunden den Einkauf "so praktisch wie möglich machen", erklärte eine Unternehmenssprecherin. "Dazu gehört auch, sie in ihrer Mobilität zu unterstützen." Quelle: Annette Cardinale für WirtschaftsWoche
Aldi Süd stellt lediglich die Flächen auf den Parkplätzen zur Verfügung, hält sich aus dem operativen Betrieb der Tankstellen aber heraus. Dafür wurden Pachtverträge mit der FE-Trading Deutschland geschlossen. Die Tochter des Ölkonzerns OMV betreibt bereits in Österreich Automatentankstellen und kooperiert mit dem dortigen Aldi-Süd-Ableger Hofer. In Deutschland tritt FE Trading unter der Marke Avanti an. Quelle: Annette Cardinale für WirtschaftsWoche
Die Preise für Benzin und Diesel liegen teils deutlich unter denen der örtlichen Konkurrenz. Bewähren sich die Standorte, dürfte FE-Trading die Deutschland-Expansion schnell vorantreiben.  Quelle: Annette Cardinale für WirtschaftsWoche

Allerdings hat das DLR berechnet, dass benzin- oder dieselbetriebene Fahrzeuge, auch mit einem hybriden Antrieb, einen Anteil von zwei Dritteln an allen Fahrzeugen ausmachen werden und somit auf der Straße immer noch einen Großteil der Autos antreiben. Der Hybrid-Antrieb werde zusätzlich an Bedeutung gewinnen und auch die Elektrifizierung schreite voran, schreiben die Forscher: Zukünftig sollen 1,3 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein. Von den Nutzfahrzeugen sollen 2040 mehr als jedes achte elektrisch angetrieben werden – und das ohne Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen.

Lade- statt Zapfsäulen

Für die Tankstellen würde das eine Reduzierung der Zapfsäulen zugunsten von Ladesäulen bedeuten – vor allem in Form sogenannter Ultra-Fast-Charging-Säulen. Die sollen die Akkus von Elektroautos in fünf Minuten für bis zu 145 Kilometer Reichweite aufladen können. Das Tanken oder Laden könnten dann auch Tankroboter übernehmen.

Das Ende des Geschäfts mit dem Sprit sehen die Forscher nicht. „Wir werden mit weiterentwickelten hochwertigen Kraftstoffen, die zunehmend Biokomponenten oder synthetische Kraftstoffe enthalten, auch in den nächsten Jahrzehnten punkten und so einen wichtigen Beitrag zur wachsenden Mobilität der Gesellschaft leisten können“, erklärte Aral-Chef Wendeler.

Lufttaxis und mehrstöckige Tankstellen

Das Shop-Geschäft der Tankstellen werde sich ebenfalls weiterentwickeln. Autonome Fahrzeuge könnten Schokolade oder Motoröl aus dem Shop nach Hause liefern. Für Geschäftsleute hält das DLR integrierte Meetingräume oder mobile Büros für denkbar.

Außerdem sollen neue Mobilitätsdienste auf dem Tankstellengelände Platz finden. Womöglich sogar auf dem Dach: Hier könnten Lufttaxis starten und landen. Für die wachsende Zahl an E-Bikes oder E-Scootern könnte es einen Batteriewechselautomaten an den Tankstellen geben. Hier könnten leere Akkus gegen aufgeladene getauscht werden. Fahrzeuge von Flottenbetreibern, wie man sie heute zum Carsharing kennt, könnten auf Abruf an der Tankstelle bereitstehen und hier gewartet und gereinigt werden. Den notwendigen Platz könnte eine mehrstöckige Bauweise der Tankstelle bereitstellen.

Auch wenn sich das Aussehen verändern mag und neue Dienstleistungen hinzukommen werden, würde das ursprüngliche Geschäft der Tankstellen also auch in 20 Jahren dasselbe sein – der Verkauf von Kraftstoff. Und vielleicht sogar von Brühwurst mit Toast und Senf.

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