Börsenfusion Deutsche und Londoner Börse müssen Brüssel überzeugen

Die europäische Kommission hat angesichts der geplanten Fusion von Deutscher Börse und London Stock Exchange Bedenken. Sie fürchtet eine marktdominierende Stellung bei der Abwicklung von Derivatgeschäften.

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Vor einer möglichen Fusion zwischen der Deutschen Börse und der London Stock Exchange müssen noch Bedenken der EU-Kommission ausgeräumt werden. Quelle: AFP

Frankfurt Die Deutsche Börse und die London Stock Exchange (LSE) müssen sich ins Zeug legen, um von der EU-Kommission grünes Licht für ihre geplante Mega-Fusion zu bekommen. Die Behörde hat in einem Schreiben an beide Unternehmen deutlich gemacht, dass sie eine marktdominierende Stellung der fusionierten Börse bei der Abwicklung von Derivategeschäften (Clearing) in Europa fürchtet, wie zwei mit Schreiben vertraute Personen am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Ob die Börsenbetreiber die Bedenken mit dem geplanten Verkauf des französischen Abwicklungshauses Clearnet SA aus der Welt schaffen können oder weitergehende Zugeständnisse machen müssen, bleibe jedoch auch nach der Lektüre des rund 300 Seiten langen Schreibens offen. Vermutlich werde dies erst bei den anstehenden Gesprächen der Unternehmen mit der EU klarwerden, sagte einer der Insider.

Die EU-Kommission und die Deutsche Börse wollten sich dazu nicht äußern. Auch von der LSE war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Beide Unternehmen hatten am Mittwochabend erklärt, dass sie in den vergangenen Monaten zahlreiche Vorbehalte der Wettbewerbshüter gegen den gut 25 Milliarden Euro schweren Zusammenschluss ausgeräumt hätten. Sie wollten nun den Austausch mit der EU-Kommission fortsetzen und "auf vorgebrachte Bedenken eingehen".

Clearinghäuser wie die Deutsche-Börse-Sparte Eurex Clearing und die LSE-Tochter LCH.Clearing springen ein, wenn im Derivategeschäft einer der beiden Handelspartner ausfällt. Dadurch soll die Transparenz und Sicherheit des Finanzsystems erhöht werden. Experten hatten dieses Geschäft von Anfang an als größte Hürde für den Deal in Brüssel angesehen. LSE und Deutsche Börse signalisierten deshalb bereits im September die Bereitschaft, Clearnet SA zu verkaufen, um die Bedenken der EU zu zerstreuen. Die Wettbewerbshüter haben das Angebot in ihrem aktuellen Schreiben Insidern zufolge jedoch noch nicht berücksichtigt, da es noch nicht formell eingereicht wurde. Dies solle nun zeitnah geschehen. Zusätzliche kleinere Zugeständnisse der Unternehmen seien denkbar, betonen mit der Fusion vertraute Personen. Die Konzerne könnten etwa das Clearing bestimmter Produkte einstellen. Ein Verkauf von Eurex Clearing oder LCH.Clearnet sei dagegen nicht möglich – dann würde der Traum von einer großen europäischen Börsen-Hochzeit erneut platzen.

Neben dem Derivate-Clearing hätten die EU-Wettbewerbshüter nur noch in wenigen anderen Bereichen Bauchschmerzen, sagte eine mit dem Schreiben vertraute Person. Dazu zähle die Abwicklung von kurzfristigen Refinanzierungsgeschäften, sogenannten Repos. Deutsche Börse und LSE sind jedoch zuversichtlich, dass die Vorbehalte im Repo-Bereich durch einen Verkauf von Clearnet SA ebenfalls ausgeräumt werden können, wie eine andere mit der Transaktion vertraute Person erklärte.

Nach der EU-Kommission, die spätestens bis 6. März entscheiden will, gibt es für die Fusionspartner noch eine weitere große Hürde: die Zustimmung der hessischen Börsenaufsicht. Die Behörde sieht es Insidern zufolge kritisch, dass die Holdinggesellschaft der Mega-Börse nach derzeitigen Plänen in London angesiedelt werden soll. Viele deutsche Politiker und die Finanzaufsicht BaFin fordern gerade angesichts des Brexit-Votums, dass der Sitz in die EU verlegt wird.

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