
Frau Tans, Ihr Unternehmen gehört zu den größten Reiseseiten im Internet. Aber neue Anbieter machen Ihnen die Kundschaft über soziale Netzwerke streitig und bedienen sie dank künstlicher Intelligenz auch noch besser. Macht Ihnen das Angst?
Nein. Aber wir sehen uns das sehr genau an.
Also fühlen Sie sich also doch unter Druck?
Nein, wir verhalten uns nur so. Der größte Fehler im digitalen Geschäft ist, sich nicht so zu verhalten, als wäre man unter Druck. Das gilt besonders, wenn viele Ideen der neuen Wettbewerber richtig sind. Social Media ist gerade bei einem so emotionalen Produkt wie Reisen wichtig. Jeder berichtet gerne über seinen Urlaub oder fragt Freunde nach ihren Erfahrungen.
Zur Person
Gillian Tans, 47, leitet seit April 2016 das weltgrößte Hotelportal Booking.com. Die gebürtige Niederländerin war 2002 eine der ersten Mitarbeiterinnen zur Tochter der börsennotierten Priceline Group und stieg auf bis zur Vizechefin. Ihre Karriere begann die dreifache Mutter nach der Hotelfachschule in einem Freizeitpark des Schokoladenriesen Hershey und ging dann zu Bettenkonzernen wie Golden Tulip und Intercontinental.
Persönliche Angebote können wir mit Anzeigen bei Google besser platzieren. Wenn sie eine Suchmaschine nutzen, dann haben Kunden klare Vorstellungen und die feste Absicht, eine Reise zu buchen. Soziale Netzwerke hingegen sind besser, wenn Kunden Fragen oder Kritik haben. Oder wenn sie sich inspirieren lassen wollen. Da wollen wir besser werden und arbeiten deshalb mit Facebook zusammen.
Woran denn?
Wie wir Facebook besser nutzen. Für viele Kunden ist das Netzwerk zwar Alltag, wir aber stehen wie alle Unternehmen im Umgang mit Social Media noch am Anfang. Wir arbeiten hart daran, diese Kanäle genauso ausgefeilt zu nutzen wie heute Google.
Könnte Facebook für Sie Google ersetzen?
Ergänzen ja, ersetzen nicht. In einem Markt, der sich so schnell wandelt wie der digitale Teil des Reisegeschäfts, ist es gut mehr als nur einen Kanal wie Google haben.
Haben Sie künstliche Intelligenz, Spracherkennung oder Chat-Bots im Einsatz?
Wir testen im Moment Chatbots in unserem Booking.com-Messenger. Und wir erkunden aktiv die verschiedenen Anwendungen von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen, um das Kundenerlebnis auf unserer Website und in mobilen Apps zu verbessern.
Schneller schlau: So lernen Maschinen das Denken
Mit Kameras, Mikrofonen und Sensoren erkunden die Maschinen ihre Umwelt. Sie speichern Bilder, Töne, Sprache, Lichtverhältnisse, Wetterbedingungen, erkennen Menschen und hören Anweisungen. Alles Voraussetzungen, um etwa ein Auto autonom zu steuern.
Neuronale Netze, eine Art Nachbau des menschlichen Gehirns, analysieren und bewerten die Informationen. Sie greifen dabei auf einen internen Wissensspeicher zurück, der Milliarden Daten enthält, etwa über Personen, Orte, Produkte, und der immer weiter aufgefüllt wird. Die Software ist darauf trainiert, selbstständig Muster und Zusammenhänge bis hin zu subtilsten Merkmalen zu erkennen und so der Welt um sie herum einen Sinn zuzuordnen. Der Autopilot eines selbstfahrenden Autos würde aus dem Auftauchen lauter gelber Streifen und orangefarbener Hütchen zum Beispiel schließen, dass der Wagen sich einer Baustelle nähert.
Ist das System zu einer abschließenden Bewertung gekommen, leitet es daraus Handlungen, Entscheidungen und Empfehlungen ab – es bremst etwa das Auto ab. Beim sogenannten Deep Learning, der fortschrittlichsten Anwendung künstlicher Intelligenz, fließen die Erfahrungen aus den eigenen Reaktionen zurück ins System. Es lernt zum Beispiel, dass es zu abrupt gebremst hat und wird dies beim nächsten Mal anpassen.
Dabei sind Sie doch ein Unternehmen, das mit dem Internet und neuen Technologien groß geworden ist.
Wir schauen nicht auf die Technik und überlegen, wie wir sie nutzen. Als ein Unternehmen, das sich an seinen Kunden orientiert, denken wir anders herum: Mit welcher Technik erfüllen wir die Bedürfnisse der Menschen, und zwar noch bevor sie ihnen bewusst sind? Noch sind da andere Dinge wie etwa Big Data im Moment auch wichtig sind.
Kann sie künstliche Intelligenz ersetzen?
Nein. Aber für uns ist künstliche Intelligenz kein Allheilmittel. Im Gegensatz zu anderen. Die Technologie mag in zehn Jahren die beste sein. Doch was wir heute nutzen, muss heute unsere Kunden überzeugen und nicht uns als technikbegeisterte Manager. Die Erfahrung lehrt: Vorsicht bei Trends. Was heute als der beste Weg erscheint, kann sich bald als teurer Irrweg erweisen.