BrandIndex
Proteste von Ryanair-Mitarbeitern in Berlin Quelle: imago images

Beeinflusst Ryanairs Image das Buchungsverhalten?

Ryanair hat seit Jahresmitte Ansehen eingebüßt, jedenfalls als Arbeitgeber. Als Airline halten Kunden Ryanair die Treue. Nur dort, wo die Marke besonders kritisch gesehen wird, profitiert die Konkurrenz.

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"Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert", lautet eine alte Volksweisheit. Die Trefflichkeit des Sprichworts ist allerdings nicht allumfassend. Denn kein Ruf ist jemals so schlecht, dass er nicht noch schlechter werden könnte – und umgekehrt kann ein Image nie so schlecht sein, dass es sich nicht aufbessern ließe. Das zeigt sich, wenn wir die in unserem BrandIndex erfassten Verbrauchermeinungen zu Ryanair auswerten und mit den Werten von Easyjet vergleichen.

Ryanair blickt auf eine längere Liste von Ereignissen zurück, die nicht unbedingt imagefördernd waren. Ins Jahr 2018 startete die Billigfluggesellschaft mit -12 Indexpunkten auf unserer von -100 bis +100 reichenden Image-Skala, die einen Mittelwert aus Verbraucherbewertungen in verschiedenen Markendimensionen abbildet. Doch wie eingangs erwähnt, geht es nicht immer nur bergab. Bis Mitte des Jahres besserte sich Ryanairs Image auf -3 Punkte. Dann gab es neuen Ärger mit den Piloten, neue Diskussionen um Betriebsratsgründungen, neue Handgepäck-Gebühren, neue Tarifverhandlungen und vor allem neue Streiks. Aktueller Stand unseres Image-Barometers: -20 Punkte.

Die Geschehnisse rund um die Betriebsratsgründung riefen in Deutschland sogar die Politik auf den Plan. Eine Bundestagsabgeordnete begleitete Ryanair-Angestellte, als diese für ein Gespräch nach Irland zitiert wurden (https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/die-flugbegleiter-begleiterin-was-eine-bundestagsabgeordnete-in-der-ryanair-zentrale-suchte/23629624.html). Eine Gesetzesänderung soll die Gründung eines Betriebsrats erleichtern.

Großer Abstand zwischen Easyjet und Ryanair

Im europäischen Ausland sorgt Ryanair ebenfalls für Negativschlagzeilen. Zuletzt beispielsweise in Frankreich, als eine Maschine der Fluggesellschaft beschlagnahmt wurde, weil Ryanair dem französischen Staat Geld schuldete. Dennoch bewerten in Frankreich Kenner der Marke diese milder als in Deutschland oder im Vereinigten Königreich. Allerdings kommt die Marke auch im Vereinigten Königreich verhältnismäßig schlecht weg, vor allem im Vergleich zum dort heimischen Billigflieger Easyjet. Der Abstand zwischen den beiden Marken beträgt dort 47 Indexpunkte. Aber auch Deutsche und Franzosen bewerten Easyjet positiver als Ryanair. In allen drei Ländern sind sich die Kenner der jeweiligen Marke einig, dass Preis und Leistung bei Easyjet in einem besseren Verhältnis stehen als bei Ryanair.

Um zurück zum eigentlichen Thema zu kommen: Auch das Image als Arbeitgeber schätzen Verbraucher bei Easyjet besser ein als bei Ryanair, sehen dies aber auch bei Easyjet keineswegs als unproblematisch. Überraschenderweise erreicht Easyjet ausgerechnet in Frankreich mit seinen starken Gewerkschaften übers Jahr hinweg eine leicht positive Einschätzung als Arbeitgeber. In Deutschland und im Vereinigten Königreich sind die Werte hingegen durchweg negativ.

Easyjet gewinnt Kunden in UK

Soweit spiegeln Verbraucher wider, was die Presse über die Marken berichtet. Eine andere Frage ist, wie sich das auf das Konsumverhalten auswirkt. Fragen wir, welche Marken für Verbraucher infrage kommen, sehen wir im Laufe dieses Jahres keine großen Veränderungen. Das stark gefallene Image von Ryanair hat das Interesse von Verbrauchern an der Marke also nicht ebenfalls sinken lassen oder Kunden gar zu Easyjet abwandern lassen. Fragen wir, welche Marke Verbraucher am ehesten wählen würden, entscheiden sich unter den deutschen Kennern der Marken mehr für Ryanair als für Easyjet – trotz des besseren Images von Easyjet.

Es geht also nicht nur um das Image. Verbraucher entscheiden sich trotzdem für Ryanair – wohl aus pragmatischen Gründen. Doch während Easyjet mit seinem besseren Image sein Angebot ausweitet, sollte Ryanair sich an die erste Hälfte des Jahres erinnern, als es auf dem besten Weg war, ein positives Image zu erreichen. Sonst dürfte Easyjet langfristig profitieren. Zumindest wenn sich dessen Heimatmarkt als Exempel eignet: Dort, wo Ryanair äußerst kritisch gesehen wird, hat Easyjet im Lauf des Jahres deutlich an Kunden gewonnen. Der bevorstehende Abschluss eines Tarifvertrags in Deutschland wäre für Ryanair ein guter Anlass, mit der Imagepolitur zu beginnen.

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