
Adventszeit, Zeit der verstopften Packstationen. Die knallgelben Automaten von DHL zum Empfangen und Versenden von Paketen sind so beliebt, dass sie insbesondere vor Weihnachten ständig überlastet sind. So war es jedenfalls in der Vergangenheit, das Nutzen der Packstationen wurde zum Roulettespiel. Der Erfolg der Packstation wird für DHL zum Problem – auch weil Wettbewerber jetzt versuchen ihm nachzueifern.
Wie erfolgreich die Packstation ist und welche Chancen Alternativsysteme wie „ParcelLock“ haben, zeigen Marktanalysen von YouGov. Untersucht wurde die Frage, welche Chancen eine ParcelLock-Packstation als Alternative zur DHL-Packstation hätte.
Ein Drittel der Deutschen gibt an, schon einmal eine DHL-Packstation genutzt zu haben. Gepaart mit einer generell sehr hohen Kundenzufriedenheit bei DHL zeigt sich, dass das Unternehmen vieles richtig zu machen scheint. Nicht überall gibt es Packstationen, sonst würden die Nutzerzahlen sicher noch höher liegen.
Denn auch wenn es hin und wieder Ärger mit Packstationen gibt, eilt ihnen ihr gutes Image voraus. Nur 17 Prozent der Deutschen sagen, sie würden Packstationen selbst dann nicht nutzen, wenn sich eine in der Nähe oder auf dem Arbeitsweg befände (keine Angabe: 8 Prozent). Es gibt also großes Potenzial für mehr Packstationen und mehr zufriedene Kunden. Der Markt ist alles andere als gesättigt.
Jeder Zweite will unabhängige Packstation
Hermes, DPD und GLS nutzen jetzt die Gelegenheit und führen eine eigene Paketbox ein: Parcellock. Das System ähnelt dem Paketkasten von DHL, im Prinzip ein großer Briefkasten, den man sich beispielsweise in den Vorgarten stellt.
Der Clou an Parcellock: Alle Lieferanten, von der Apotheke bis zum Gemüsetüten-Abodienst, können die Box nutzen, wenn sie bereit sind dafür eine Gebühr zu zahlen. Einmal außen vorgelassen, dass bisher unbekannte Anschaffungskosten für eine Parcellock-Lösung anfallen, sagt fast jeder zweite Deutsche in der YouGov-Umfrage, dass er eine solche „unabhängige” Paketstation in Anspruch nehmen würde. Ein weiteres knappes Viertel sagt, sie würden die Nutzung immerhin in Erwägung ziehen.
Die Paketzustellung der Zukunft
Bei der Auslieferung der Paketsendungen legen die Kunden vor allem Wert darauf, dass sie zu ihren Alltagsgewohnheiten passt: 37 Prozent der Befragten haben bereits Erfahrungen, ihre Pakete zum Wunschtermin (auch nach Feierabend) nach Hause liefern zu lassen, weitere 40 Prozent würden diese Option gerne nutzen. Die Lieferung zum Wunschtermin ist damit aktuell die erste Wahl der Verbraucher. Viele Versandhändler haben sich diesem Bedürfnis bereits angepasst.
Quelle: PricewaterhouseCoopers AG (PwC): Die Paketzustellung der Zukunft, November 2014
Laut PwC nutzt jeder vierte Deutsche heute gelegentlich bis häufig Paketstationen oder Paket-Shops verschiedener Logistikdienstleister als Zustellmöglichkeit. Rund die Hälfte der Deutschen steht dieser Lösung jedoch noch kritisch gegenüber und hat sie bisher nicht genutzt.
Als wichtigste Eigenschaften einer Paketstation gab eine klare Mehrheit der der Befragten (87 Prozent) an, dass eine Paketstation möglichst einfach und selbsterklärend zu bedienen sein muss. Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Erreichbarkeit: 72 Prozent legen Wert darauf, dass die Station mit dem Auto gut erreichbar ist, 67 Prozent zu Fuß. Außerdem sollen Pakete in allen Größen und von verschiedenen Paketdienstleistern dort gelagert werden können (83 bzw. 80 Prozent der Befragten).
Die Lieferung an den Arbeitsplatz ist für viele Arbeitnehmer eine attraktive, da zeitsparende und praktische Option, sasgt die Studie: Knapp jeder zweite Berufstätige (49 Prozent) würde diesen Service gerne nutzen. Bislang lässt sich nur eine kleine Minderheit der Berufstätigen (5 Prozent) Pakete direkt ins Büro liefern. Einen Aufpreis für diesen Service würden aber nur 7 Prozent in Kauf nehmen.
Rund ein Drittel der Deutschen wäre unter bestimmten Voraussetzungen bereit, für eine Lieferung am gleichen Tag (Same Day Delivery) einen Aufpreis von bis zu 12 Euro zu zahlen. Die taggleiche Lieferung kommt für die meisten jedoch nur für bestimmte Anlässe und in Ausnahmefällen in Frage, beispielsweise für Weihnachts- und Geburtstaggeschenke in letzter Minute. Rund zwei Drittel geben an, den Service der Lieferung am selben Tag generell nicht nutzen zu wollen; entweder aus grundsätzlichen Überlegungen oder weil sie eine Gebühr von rund 12 Euro als zu hoch empfinden.
Es ist an der Zeit, dass Hermes und Co. den Innovationen von DHL ein erfolgversprechendes Modell entgegensetzen. Denn im YouGov-Markenmonitor BrandIndex, mit dem wir das Image einer Marke messen, liegt DHL weit vor der Konkurrenz. Auf unserer Skala von -100 bis +100 Punkten haben wir DHL kürzlich mit +43 Punkten zur Marke des Jahres 2015 in der Kategorie „Paketdienstleister & Logistik“ gekürt. Hinter der Deutschen Post belegte Hermes mit +24 Punkten Platz 3.
Parcellock könnte helfen, das Image von Hermes und seinen Partnern deutlich aufzubessern. Dass Hermes es mit dem gelben Goliath aufnehmen kann, deutet sich im BrandIndex an: In der Kategorie Preis-Leistungs-Verhältnis lagen Hermes und DHL im Jahr 2014 noch gleichauf. In diesem Jahr lag Hermes jedoch ununterbrochen vorne, aktuell beträgt der Abstand neun Punkte.
Dabei spielt allerdings auch eine Rolle, dass die Verbraucher DHL die Streiks anscheinend noch nicht verziehen haben. Der kräftige Punktverlust vom Sommer ist noch nicht ausgeglichen. Vielleicht kann der Paketdienst ja Punkte gutmachen, wenn in dieser Vorweihnachtszeit die Packstationen weniger überfüllt sind.