Breidenbacher Hof Zurück zu Frau Noll

Wenig Zimmer, viel Service – das einst legendäre Hotel Breidenbacher Hof in Düsseldorf will wieder an die glorreiche Vergangenheit anknüpfen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Breidenbacher Hof Quelle: Dirk Krüll für WirtschaftsWoche

Ob mit Limousine, Taxi, zu Fuß oder mit dem Motorrad – wer künftig als Gast vor dem Breidenbacher Hof vorfährt, soll dort vom Doorman mit Namen begrüßt werden. Den Knopf eines Headsets im Ohr und mit Informationen von der Rezeption versehen, soll der Doorman den ersten Kontakt mit dem Gast so persönlich wie möglich gestalten. Die Koffer verschwinden diskret durch einen Seiteneingang, der Gast geht wenige Schritte durch die Drehtür bis zur Rezeption, unterschreibt und bekommt den Schlüssel. Keine Formulare, keine Details zur Kreditkarte. „Der Gast von heute möchte nicht einchecken“, sagt Horst Schulze, Gründer der Gesellschaft Capella-Hotels, die den Breidenbacher Hof betreibt. „Der Gast will ankommen, da sein und aufs Zimmer gehen.“

Und das zu jeder Zeit an jedem Tag. Einchecken ab spätem Mittag, Auschecken am Vormittag – was auch in der gehobenen Hotellerie noch oft die Regel ist, soll im Breidenbacher Hof Vergangenheit sein. Gäste, die mit der LH 409 aus New York planmäßig um 6.05 Uhr landen, sollen eine knappe Stunde später ihr fertiges Zimmer beziehen können, ohne dafür eine Nacht extra bezahlen zu müssen. Solchen Service hat Schulze, der als Präsident von Ritz-Carlton selber zur Legende wurde, nicht oft in der Welt angetroffen. Deshalb will er ihn nun auf dem geschichtsträchtigen Grundstück des Breidenbacher Hofs bieten. Das Geheimnis des flexiblen Angebots ist, Schulze zufolge: ein ausgefeiltes Reservierungssystem, Personal, das jederzeit reinigt – und Erfahrung.

Den in 200 Jahren aufgebauten Mythos des Hotels möchten Schulze und sein deutscher Hoteldirektor vor Ort, Cyrus Heydarian, vor allem mit dem Service wiederbeleben – alte Bausubstanz gibt es nicht. 1806 ersteigert Wilhelm Breidenbach ein Grundstück, auf dem ihm ein Hotel für die reichen Besucher der Stadt vorschwebt. 1812 ist das Hotel auf dem „Boulevard Napoleon“, der heutigen Heinrich-Heine-Allee fertig. In den kommenden Jahrzehnten gilt es als Maßstab für Luxushotels in Europa. Clara und Robert Schumann, Zar Alexander II. oder die Prinzen von Preußen tragen sich ins Gästebuch eines der wenigen Grandhotels von Weltruf in Deutschland ein. 1943 wird das Haus völlig zerstört und 1950 als Prachthotel wieder eröffnet. 49 Jahre später ist damit schon wieder vorläufig Schluss: Das Haus zwischen Königsallee und historischer Altstadt soll zunächst saniert werden. Über Jahre verrottet das Gebäude als Schandfleck der Stadt. Ein Neubau ist nötig, der Startschuss ungewiss. Das Schuhgeschäft Juppen im noch geöffneten Erdgeschoss wirbt über Monate mit dem Räumungsverkauf. Erst 2004 rückt endgültig das Abrissunternehmen an.

Drei Jahre wurde gebaut, nun ist die Fassade bereits seit einigen Wochen gut zu erkennen, in den Zimmern, in Lobby, Bar und Restaurant wird noch bis zum Eröffnungstag am 19. Mai gewienert, Dekorationen und Blumenschmuck aufgestellt, das Spa soll im Herbst fertig sein. Gediegen, aber nicht protzig möchte der Breidenbacher Hof auftreten. Die Maxime soll Innenarchitekt Peter Silling umsetzen, der unter anderem das Grandhotel Schloss Bensberg und die Häuser in Berlin und Moskau der Hotelgruppe Ritz-Carlton gestaltete.

Dass sich der Breidenbacher Hof vom Start weg als Grandhotel versteht, sagt nichts über seine Größe aus. Lediglich sechs Doppelzimmer in der Kategorie Standard (350 Euro), 73 im Format Deluxe (650 Euro) und 16 Suiten (zwischen 1120 und 3500 Euro) finden in dem Neubau Platz. Das kleinste Zimmer ist 41 Quadratmeter groß – 15 Quadratmeter mehr, als der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband es für ein Fünf-Sterne-Hotel vorschreibt. Die Präsidentsuite misst gleich 222 Quadratmeter.

Als „historisierende Moderne“ bezeichnet Capella die Fassade des Gebäudes, das der Immobilien-Gruppe Pearl of Kuwait gehört, die in den obersten Etagen 18 Eigentumswohnungen verkauft. Besonders augenfällig: Der Lederfußboden in der Zigarrenlounge mit privaten Humidoren an der Wand, von hinten beleuchteter Marmor in der Decke der Bar und tiefe Lederdrehstühle in den Konferenzräumen, die an amerikanische Gerichtsfilme erinnern. Und Fernsehgeräte, die in Badezimmerspiegel eingelassen sind.

Den Unterschied zu anderen Luxushotels sollen jedoch die rund 140 Mitarbeiter ausmachen, die in täglichen Aufwärmübungen auf ihre wichtigste Aufgabe vorbereitet werden sollen. Die Devise im Breidenbacher Hof: Niemals einen Wunsch ausschlagen, solange er legal und moralisch vertretbar ist. „Ich erinnere mich an meine Lehrzeit in Bad Neuenahr in den Fünfzigerjahren. Wenn die Saison begann, kam ein Brief von Frau Noll, die ihre Wünsche äußerte, die dann erfüllt wurden. Heute machen die Hotels ein Angebot, und die Gäste können sich aussuchen, was sie davon gerne in Anspruch nähmen – wir gehen zurück zu Frau Noll“, sagt Schulze.

Die Mitarbeiter sollen schon vor der Anreise Wünsche – etwa eine härtere Matratze oder Porridge zum Frühstück – in Erfahrung bringen. Erwähnt ein Gast, dass er gerne Rollschuh läuft, steht ein Paar in seiner Größe bei der Anreise im Zimmer. Bestellt ein Gast aus Zürich während des Aufenthalts beispielsweise in der Living-Room genannten, für Hotelgäste reservierten Lobby die Schweizer Limonade Rivella in Rot, kann er sicher sein, diese beim nächsten Besuch in seiner Minibar ungefragt vorzufinden. „Und wenn einer bei uns Pfefferminzblüten in sein Kissen haben möchte“, sagt Schulze, „dann bekommt er sie.“

Der Service hat seinen Preis. Die Zimmerraten gehören zu den höchsten in Düsseldorf, außerhalb von Messen liegen sie über denen des Steigenberger Parkhotels um die Ecke oder denen im Intercontinental einige Hundert Meter die Kö hinunter. Dafür seien beispielsweise die Getränke in der Minibar im Preis ebenso enthalten wie die Kosten für den Zugang zum Internet – egal, ob einer kabellos im Datennetz surft oder via Ethernet-Verbindung.

Und der Reisende soll auch dann noch Gast sein, wenn er das Hotel am frühen Abend schon wieder verlassen hat, um das Flugzeug um 21.30 Uhr nach Paris zu nehmen. Mit einem Anruf erkundigen sich die Hotelangestellten beim auskunftswilligen Gast oder dessen Mitarbeitern, ob ihm der Aufenthalt im Breidenbacher Hof gefallen hat. „Nur, wenn wir erfahren, dass er wiederkommen wird“, sagt Hotelchef Schulze, „waren wir gut genug.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%