
"Ich würde es begrüßen, wenn die Lufthansa größere Anteile von Air Berlin übernimmt", sagte die Ministerin der Zeitung "Handelsblatt" (Montagausgabe). "Die Lufthansa ist ein Champion im Luftverkehr - ihre Position kann jetzt aber noch gestärkt werden." Die Ministerin wiederholte aber, das aus wettbewerbs- und kartellrechtlichen Gründen nicht eine einzige Airline Air Berlin kaufen könne.
Zypries, die auch Luft- und Raumfahrtkoordinatorin der Regierung ist, erwartet keine weiteren Pleiten in der deutschen Luftfahrtbranche erwartet. "Davon gehe ich nicht aus", sagte sie. Spekulationen, die rasche Zusage des staatlichen Überbrückungskredits von 150 Millionen Euro für Air Berlin habe auch etwas mit dem Wahlkampf zu tun, wies Zypries als "Unsinn" zurück. Außerdem verwahrte sie sich gegen Vorwürfe, es gebe ein abgekartetes Spiel zwischen Bundesregierung und Lufthansa. "Das stimmt natürlich nicht", unterstrich sie.
Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl, der Air Berlin gemeinsam mit Partnern komplett übernehmen will, wirft der Bundesregierung vor, sie strebe zusammen mit der Lufthansa eine mit Steuergeldern finanzierte Lösung an, die eine Zerschlagung von Air Berlin bedeuten würde. Seiner Ansicht nach ist nicht ausgemacht, dass Air Berlin als Einzelgesellschaft keine Chance hätte.
Das ist Air Berlin
Die 1978 gegründete Fluggesellschaft Air Berlin ist mit dem Boom der Billigflieger groß geworden. Erfolg hatte Deutschlands zweigrößte Airline zunächst mit Flügen von Berlin nach Mallorca. 2002 nahm sie Linienflüge in europäische Städte ins Programm.
Nach einem radikalen Expansionskurs geriet das Unternehmen in eine Krise. Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - rote Zahlen. Im Jahr 2016 betrug der Verlust rund 782 Millionen Euro, der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Jahrelang hielt der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, die Airline mit Finanzspritzen in der Luft.
Im August 2017 zieht Etihad die Reißleine: Der Hauptaktionär erklärt, keine weitere finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Air Berlin stellt daraufhin beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
Den Eindruck, die Lufthansa beim möglichen Kauf von Teilen der insolventen Air Berlin zu bevorzugen, versuchte die Bundesregierung nach der Veröffentlichung des Interviews entgegenzuwirken: "Wir sind weder für noch gegen einen bestimmten Interessenten", sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Montag. Ziel sei eine Lösung, die sowohl wettbewerbsrechtlichen Aspekten Rechnung trage als auch die Zukunft der Beschäftigten von Air Berlin im Blick habe. Bei den Verhandlungen zwischen Air Berlin und anderen Fluggesellschaften sitze die Regierung nicht mit am Tisch.
Indessen tritt der Gläubigerausschuss von Air Berlin Insidern zufolge am Mittwoch zu seiner ersten Sitzung zusammen. Große Weichenstellungen seien dann aber noch nicht zu erwarten, sagten zwei mit dem Zeitplan vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Das fünfköpfige Gremium vertritt die Interessen der Gläubiger und muss einem Verkauf der insolventen Fluggesellschaft oder von Teilen davon zustimmen.
Dem Ausschuss gehört neben der Bundesagentur für Arbeit, einem Vertreter von Air Berlin und der Commerzbank auch ein Geschäftsführer der Lufthansa-Tochter Eurowings an. Sie hat 38 Maschinen mit Besatzungen von Air Berlin gemietet und wäre damit von einer Einstellung des Flugbetriebs stark betroffen. Auch der Berliner Rechtsanwalt Niklas Lütcke ist Mitglied des Gremiums.